Vom Sportstudenten zum Chefstrategen bei Red Bull

Eher per Zufall wird der Sportstudent Jürgen Klopp im Sommer 1990 Profi. In der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga versperrt der 1. FSV Mainz 05 Klopp und Rot-Weiss Frankfurt den Weg aus dem Amateurbereich. Doch wenig später folgt ein Angebot ebenjener Mainzer, Klopp steigt doch noch auf und avanciert mit 325 Zweitligaeinsätzen und 52 Toren in der Folge zu einer Ikone des Vereins – und das bereits zu Spielerzeiten.

Endgültig unsterblich macht sich Klopp bei den 05ern ab 2001 als Trainer. Der Übergang vom Spieler zum Coach, der bis dahin lediglich 1987/88 Eintracht Frankfurts D-Jugend nebenher betreut hatte, verläuft ebenso plötzlich wie fliessend. Klopp erweist sich als Glücksgriff und bewahrt Mainz zunächst vor dem Abrutschen in die Drittklassigkeit. 2004 gelingt nach zweimaligem knappen Scheitern dann endlich der Sprung in die Bundesliga.

Dort spielt Mainz auch noch, als Klopp 2008 das Angebot annimmt, Borussia Dortmund zu trainieren. Die Fans in Mainz lassen ihren Helden nur schweren Herzens gehen. Klopp gilt als loyal und volksnah.

Zur Nahbarkeit gesellen sich sein Fachwissen und seine Schlagfertigkeit: Davon profitiert zwischen 2005 und 2008 auch das in Mainz ansässige ZDF. Gemeinsam mit Moderator Johannes B. Kerner (l.) und Fifa-Schiedsrichter Urs Meier (r.) sorgt Klopp für spannende Unterhaltung vor, während und nach den Partien der Heim-WM 2006. Auch bei der EM 2008 ist Klopp noch als TV-Experte im Einsatz.

Ab der Saison 2008/09 gelten Klopps volle Konzentration und Einsatz dann Borussia Dortmund. Bei den Westfalen eröffnen sich Klopp nicht nur sportlich ganz andere Möglichkeiten. Er muss auch mit einer ungleich höheren Erwartungshaltung leben und rückt deutlich stärker ins mediale Rampenlicht. Der gebürtige Stuttgarter aber erobert auch die Herzen der BVB-Fans im Sturm.

Klopp schenkt diesen Fans, dem Verein und sich zwei deutsche Meisterschaften, das Double 2012 und den Einzug ins deutsche Champions-League-Finale 2013. In London aber behält knapp der zuvor als Meister entthronte FC Bayern die Oberhand. Als Klopp den BVB nach der Saison 2014/15 verlässt, hat er dort erstmals Abstiegskampf erlebt, die Saison aber auf Platz sieben doch noch zu einem versöhnlichen Ende gebracht.

Klopp zieht weiter zu einem anderen elektrisierenden Verein: Mit dem FC Liverpool erklimmt er die nächste Stufe auf der Karriereleiter. Und auch die "Reds" und er passen wie massgeschneidert zueinander. Von Beginn an stimmt die Chemie zwischen Klub, Fans und Trainer.

Der sportliche Erfolg stellt sich mit der Zeit auch ein: Zwischen 2019 und 2022 holt Klopp mit Liverpool jeden möglichen nationalen und internationalen Titel. Heraus ragen der Gewinn der Champions League 2019 (im Bild) und der Triumph in der englischen Premier League im Jahr darauf.

Dass Klopp auch in Liverpool zum Fan-Liebling und zur Klub-Legende aufsteigt, versteht sich von selbst. Die Fans verehren den weiterhin authentischen Schwaben, der an der Seitenlinie jede Emotion des Spiels mitlebt und das Vereins-Gen verinnerlicht.

Der Abschied fällt Klopp nach der Saison 2024/25 ebenso schwer wie 2008 in Mainz und 2015 in Dortmund. Nach neun Jahren an der Anfield Road ist Schluss.

Bei Red Bull wartet auf den bisherigen Spieler und Trainer als "Global Head of Soccer" ab 1. Januar 2025 eine ganz neue Aufgabe. Klopp sieht das grosse Ganze, muss Strategien entwickeln und ist aus dem unmittelbaren Tagesgeschäft raus. Was er – wie zuvor – einbringt, sind seine Erfolge, seine ungeheure Expertise, die gesammelte Erfahrung, Leidenschaft und Verbissenheit hinsichtlich angestrebter Ziele. Interessant zu beobachten wird sein, wie sein Schritt in der Fussballwelt und bei den Fans wahrgenommen wird.