Julian Draxler findet mit dem FC Schalke 04 einfach nicht richtig in die Saison. Ein Grund: Der Weltmeister setzt sich zu sehr selbst unter Druck. Sein besonderer Ehrgeiz erweist sich dabei als ebenso störend wie die Quervergleiche mit Mario Götze oder Marco Reus.

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Am Ende gab es Pfiffe von den Fans. Nur drei Tage nach dem Höhenflug beim Derbysieg gegen Borussia Dortmund. Das 1:1 des FC Schalke 04 gegen NK Maribor war ein Rückschritt, daran konnte auch die Rückkehr des zuletzt in der Liga gesperrten Julian Draxler nichts ändern. Der Bonuspunkt aus dem Chelsea-Spiel (1:1) ist gewissermassen schon wieder verspielt.

"Die Punkte hatten wir heute fest eingeplant, aber es sind noch genügend Spiele, und da werden wir die nötigen Punkte holen", versuchte es Draxler mit ein wenig Zweckoptimismus. Der Weltmeister hatte sich vor der Partie selbst unter Druck gesetzt. Er sei jetzt in der "Bringschuld", hatte er gesagt. Und so dann auch gespielt: Wie ein Getriebener.

Julian Draxler sucht die überragende Aktion

Draxler ist stets auf der Suche nach der einen überragenden Aktion, die das Spiel entscheidet. Das zähe Schalker Kombinationsspiel verleitete Draxler gewiss auch oft dazu, es selbst gegen zwei oder drei Gegenspieler auf eigene Faust zu versuchen. Nach einer Stunde hatte er sogar die Chance die Partie zu drehen, scheiterte aber am gegnerischen Keeper.
Was hängen bleibt, ist erneut eine Leistung, die seinem eigentlichen Können nicht gerecht wird. Julian Draxler ist zweifelsfrei eins der grössten Talente des deutschen Fussballs. Und er ist durchaus selbstbewusst. "Ich will Führungsspieler sein", sagte der vor wenigen Tagen erst 21 Jahre jung gewordene Draxler vor der Saison.

"Ich habe den Titel verdient"

Sein Status als Weltmeister drängt ihn dabei in eine Rolle, für die er womöglich noch gar nicht gemacht ist oder die ihn derzeit noch überfordert. "Ich weiss, dass ich nicht den grössten Anteil am WM-Titel habe. Deswegen brenne ich umso mehr darauf, den Leuten zu beweisen, dass ich den Titel Weltmeister verdient habe", sagt er.
Das spiegelt auch seinen Charakter wider: Draxler will weder etwas geschenkt haben noch will er aussen vor sein. Er will dazugehören. In der Nationalmannschaft zum inneren Kern der Belegschaft, auf Schalke zu den wichtigen Spielern im Kader, an denen sich der Rest orientieren kann.

Das mündet dann oft in den verkehrten Ansatz, ganz Schalke im Alleingang retten zu wollen. Auf dem Feld will er mit dem Kopf durch die Wand - dabei entspricht diese Vorgehensweise so gar nicht seinem Potenzial und seiner Spielintelligenz.

Geht es nur um Zahlen?

Und vielleicht liegt es ja auch daran, dass er noch immer bei "seinem" Klub spielt. Im Profizirkus geht es ja immer auch um protzige Zahlen: Marco Reus hat den BVB einst 18 Millionen Euro gekostet, Mario Götze die Bayern sogar fast das Doppelte. Draxler spielt immer noch zu Hause, auch wenn der FC Arsenal bereit gewesen sein soll, knapp 40 Millionen Euro auf den Tisch zu legen.
Draxler aber hat noch kein WM-Finale entschieden und war nicht Fussballer des Jahres. Er durfte auch noch keine deutsche Meisterschaft feiern. Sein Ehrgeiz treibt ihn an, aber er leitet ihn auch über die Grenzen hinaus. Vielleicht ist es auch ein wenig verletzte Eitelkeit. Julian Draxler braucht wieder mehr Ruhe in seinem Spiel. Der Rest kommt bei einem Spieler seiner Qualität von ganz alleine.

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