Mit 25 Jahren wurde Kevin Grosskreutz Weltmeister, vier Jahre später kickt der Ex-BVB-Profi in der 3. Liga. Ein Absturz, der einzigartig ist in der jüngeren Geschichte des deutschen Profi-Fussballs. Grosskreutz selbst trägt einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung.

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Das Jahr 2014 ist für Kevin Grosskreutz das schicksalhafteste. Es markiert mit dem WM-Titel gleichwohl den grössten Erfolg seiner Karriere, aber mit mehreren Ausrutschern auch den Anfang vom Abstieg.

Anfang Juli dieses Jahres ist der Ex-BVB-Profi zum KFC Uerdingen gewechselt - ein Weltmeister mit 29 Jahren in die 3. Liga? Es ist der sportliche Tiefpunkt einer Karriere, die lange Zeit nur von Höhen geprägt war.

Mit 20 Jahren kehrte Grosskreutz im Jahr 2009 von Rot Weiss Ahlen zum BVB zurück. Der gebürtige Dortmunder wurde in der Jugend einst aussortiert. In Ahlen reifte er heran und sammelte erste Profi-Erfahrung in der zweiten Liga.

Grosskreutz, schwarz-gelber Publikumsliebling

Doch der BVB ist und war schon immer seine grosse Liebe. Als Jugendlicher stand er selbst in der Kurve. Das und Aussagen zum Revier-Rivalen Schalke ("Die hasse ich wie die Pest") machten ihn schnell zum Publikumsliebling bei Schwarz-Gelb. Mit seiner Nähe zur Fanszene wurde er zudem zu einer Art Sprachrohr der Anhänger.

Anpassungsprobleme in der Bundesliga hatte Grosskreutz keine - im Gegenteil. Er wurde schnell Stammspieler und war massgeblich an der erfolgreichsten Dortmunder Phase der jüngeren Vergangenheit unter Trainer Jürgen Klopp beteiligt.

Meisterschaft 2011, das Double ein Jahr später, dazu der Einzug ins Champions-League-Finale 2013 gegen den FC Bayern - all diese Erfolge erlebte Grosskreutz als Stammspieler.

Dabei galt er nie als das Riesentalent. Seine fussballerische Technik war nicht die Beste, auch besondere Schnelligkeit oder Torgefahr galten nicht als Markenzeichen des 1,86 Meter grossen Flügelspielers.

Ein wichtiges Puzzleteil von Klopp

Er hatte etwas mindestens genauso Wichtiges: Seinen unbändigen Willen, sich auf dem Platz für die Mannschaft und die Fans zu zerreissen. Dadurch wurde er zur Identifikationsfigur.

Auch das Spiel ohne Ball beherrschte Grosskreutz und war dadurch ein wichtiges Puzzleteil im Klopp'schen Gegenpressing.

Grosskreutz spielte überwiegend auf dem linken offensiven Flügel, doch seine Flexibilität war sein Vorteil. Im weiteren Verlauf seiner Zeit in Dortmund sprang er auch als Rechtsverteidiger für den verletzten Piszczek ein.

Mit dem verlorenen CL-Finale im Londoner Wembley-Stadion gegen die Bayern verpasste Grosskreutz die Krönung seiner bis dahin nahezu makellosen Fussballer-Karriere.

2014 als negativer Wendepunkt

Die folgte zwar ein Jahr später mit dem WM-Titel. Doch gleichzeitig bekam Grosskreutz' Image erste Risse. Im Mai 2014 zeigt ihn ein Köln-Fan an, der BVB-Profi habe ihn mit einem Döner beworfen.

Grosskreutz selbst erklärte, er sei beleidigt worden und habe den Döner lediglich auf den Boden geworfen. Das Verfahren gegen ihn wurde schliesslich eingestellt.

Nur wenige Wochen später dann der nächste Aufreger: Nach dem verlorenen Pokal-Finale des BVB gegen den FC Bayern soll Grosskreutz am nächsten Morgen betrunken in eine Hotel-Lobby uriniert haben. Der BVB verdonnerte ihn zu einer saftigen Geldstrafe.

Als die Geschichte öffentlich wurde, befand sich Grosskreutz bereits bei der Nationalmannschaft und bereitete sich auf die WM in Brasilien vor. Viele Fussball-Fans in Deutschland forderten das WM-Aus des BVB-Profis. Doch Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff blieben gnädig: Grosskeutz entschuldigte sich und durfte bleiben. Zu einem Einsatz bei der WM kam es jedoch nicht. Seine Nationalmannschaftskarriere war nach der WM vorbei, lediglich ein Testspiel absolvierte Grosskreutz noch im September 2014.

Tuchel sortiert Grosskreutz aus

Ein Jahr später wurde Thomas Tuchel neuer Dortmund-Trainer. Der hatte für Grosskreutz keine Verwendung mehr. Schweren Herzens entschied sich der Ur-Dortmunder für einen Wechsel zu Galatasaray Istanbul - dort wollte er mit seinem Kumpel Lukas Podolski zusammenspielen.

Der Wechsel wurde zwar noch vor Ende der Transferperiode am 31. August 2015 vollzogen, allerdings passierte dabei ein Formfehler. Dadurch war Grosskreutz erst ab Januar 2016 für Galatasaray spielberechtigt, durfte ein halbes Jahr nur trainieren.

Das Türkei-Abenteuer war ein kurzes. Grosskreutz hatte Heimweh nach Deutschland. Im Januar 2016 bat er Galatasaray um seine Freigabe und wechselte in die Bundesliga zurück. Allerdings nicht zu seinem Herzensverein BVB, sondern zum VfB Stuttgart.

Am Ende der Saison folgte der nächste Tiefpunkt - der Abstieg mit dem VfB in die zweite Liga. Weltmeister Grosskreutz ging mit den Schwaben in die Zweitklassigkeit.

Folgenschwerer Skandal mit Stuttgarter U17-Spielern

Anfang des vergangenen Jahres folgte der nächste Skandal - und der war folgenschwer. Grosskreutz war mit U17-Spielern des VfB nachts betrunken in eine Schlägerei verwickelt. Der Profi musste sich im Krankenhaus behandeln lassen. Die "Bild"-Zeitung berichtete sogar von einem Besuch im Rotlicht-Milieu.

Die Stuttgarter zogen die Reissleine und trennten sich vom Skandal-Profi. Der nahm im Sommer 2017 einen neuen Anlauf in Liga zwei - beim Bundesliga-Absteiger SV Darmstadt.

Bei den "Lilien" blieb Grosskreutz nur eine Saison, im Schlussspurt der Spielzeit spielte der Ex-Dortmunder keine Rolle mehr im Team von Dirk Schuster.

Neustart beim KFC Uerdingen

Nun also der KFC Uerdingen. Der DFB-Pokalsieger von 1985 stieg zuletzt mit Hilfe eines Investors zweimal in Folge auf, von der Oberliga in die 3. Liga.

Die Gründe für Grosskreutz' freiwilligen Abstieg sind nicht nur sportlicher Natur. Er sei zwar überzeugt vom Konzept der Krefelder, wie er gegenüber "rp-online" erzählt. Doch auch die Familie spielte eine grosse Rolle bei der Entscheidung des Ex-Dortmunders, der am 19. Juli 30 Jahre alt wird. "Nach den zwischenzeitlichen Stationen Istanbul, Stuttgart und Darmstadt kann ich jetzt wieder in Dortmund wohnen. Ich bin verheiratet, habe eine zweijährige Tochter", erklärt Grosskreutz.

Mit seinem Alter hat Grosskreutz noch einige Karrierejahre vor sich. Und er hat durchaus noch sportliche Ziele. "Ich habe in Uerdingen für drei Jahre unterschrieben, und ein Aufstieg sollte es schon sein", erklärt er.

Gelingt dieser, wäre das sein grösster Erfolg seit dem WM-Titel vor vier Jahren. Und dieser Erfolg würde seiner Karriere zum Abschluss noch einmal ein kleines Highlight bescheren.

Einer erfolgreichen Karriere, an deren negativen Entwicklung er eine erhebliche Mitschuld trägt.

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