Heute Abend startet der FC Bayern München gegen Guangzhou Evergrande in die Fifa-Klub-WM (live ab 20:30 in der ARD). Obwohl das sportliche Niveau des Turniers überschaubar ist, birgt es eine riesige Chance: Für den FC Bayern München könnte die Klub-WM der Startschuss einer weltweiten Imagekampagne werden. Mit frischer Strategie zu neuen Vermarktungsufern also - ausserhalb Europas.

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Ägypten, Brasilien, China, Marokko, Mexiko, Neuseeland - abgesehen vom WM-Gastgeberland Brasilien haben nicht eben die Schwergewichte des globalen Fussballs ihre erfolgreichsten Teams zur Klub-WM entsandt. Die Namen der meisten Mannschaften sind in Deutschland völlige Unbekannte, am ehesten kann der durchschnittliche Fan wohl noch etwas mit Atletico Mineiro verbinden. Immerhin spielen da in Ronaldinho ein mittlerweile alternder, ehemaliger Welt-Star und in den beiden Ex-Wolfsburgern Rever und Josue zwei mehr oder weniger gute Bekannte.

Der Rest befindet sich, in europäischen Kategorien gedacht, vielleicht auf Europa-League-Niveau. Daran krankt seit jeher das Prinzip dieser Klub-WM: Sie muss auch Teams aufnehmen, die nicht annähernd das Niveau des europäischen Spitzen-Vereinsfussballs erreichen.

FC Bayern München der beste Klub der Welt - wirklich?

Das liegt auch daran, dass in der Alten Welt das ganz grosse Geld verdient wird, dort sportliche mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen auf einem sehr hohen Niveau Hand in Hand gehen. Der FC Bayern München war in der abgelaufenen Saison die beste Mannschaft Europas, dokumentiert durch den ersten Gewinn der Champions League seit zwölf Jahren. Die Diskussionen, ob die Münchner damit automatisch auch die beste Mannschaft der Welt sind - immerhin definiert der europäische Klub-Fussball ähnlich wie die nordamerikanische Basketball-Profiliga NBA ihren Champion in der Art – ist müssig. Abhilfe könnte ein Triumph in Marokko schaffen.

Sportlich gesehen mag die Klub-WM ein lauer Abklatsch der Champions League sein. Die Gegner verbreiten nicht Angst und Schrecken. Man könnte also meinen, die Bayern würden der Wichtigkeit des Wettbewerbs nichts abgewinnen können. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.

DFL hinkt international hinterher

Die Deutsche Fussball Liga (DFL) und ihre Protagonisten haben vor rund zwei Jahrzehnten einen Trend verschlafen, dem sie auch heute noch hinterherhecheln. Als englische oder italienische Klubs längst in Fernost auf Testspielreisen gingen und Werbung in eigener Sache machten, bespielten die Klubs der Bundesliga lieber die Bezirkssportanlagen der Umgebung. Das schaffte zwar Nähe zum Stammklientel, half aber nicht bei der Erschliessung neuer Märkte.

Also ergriffen die Engländer nach der Gründung der Premier League auch hier die Initiative und bedienten die Fussballmärkte in China, Indonesien, Indien oder den finanzstarken Raum in Katar oder Saudi-Arabien. Den Markt, auf dem der Fussball geliebt, aber von heimischen Klubs nicht repräsentiert wird. Oder aber ein karges Dasein fristet hinter anderen Sportarten wie Cricket, Basketball oder Hockey.

Ihren diesbezüglichen Vorsprung haben die Engländer bis heute nicht hergegeben. In Asien sind die Spiele der Klubs aus Manchester, London oder Liverpool echte Strassenfeger, die Premier League verkauft ihre Live-Rechte bis in die entlegensten Winkel des Kontinents. "Die Premier League ist mit Abstand das umsatzstärkste Produkt in der internationalen Vermarktung", sagt Stefan Ludwig, Leiter Sport Business der Prüfungs- und Beratungsagentur Deloitte. 72 Millionen Euro spielten die Bundesligaklubs aus der Auslandsvermarktung zuletzt ein. Die italienische Serie A (117 Mio. Euro) und die spanische Primera Division (150 Mio. Euro) liegen da vergleichsweise schon weit vorne, uneinholbar enteilt scheint die Premier League mit sagenhaften 562 Millionen Euro - das ist ein Plus von 800 Prozent im Vergleich zur Bundesliga.

"Wir müssen es schaffen, in absehbarerer Zeit mindestens auf das Niveau der italienischen Serie A zu kommen", sagt Jörg Daubitzer, Chef der zuständigen Vermarktungsgesellschaft der Deutschen Fussball Liga. "Die Premier League ist im Vergleich zur Bundesliga auf absehbare Zeit so weit entrückt, es wäre vermessen, sie als Massstab zu nehmen", sagt Deloitte-Chef Ludwig.

FC Bayern München blickt über europäischen Tellerrand hinaus

Wie die Vermarktung in naher Zukunft auch in Asien, Afrika und Amerika vorangetrieben werden kann, darüber hat die DFL klare Pläne im Kopf. 20 Prozent des Auslandsumsatzes werden in Asien generiert, der Markt dort soll als erster gestärkt werden. Viele asiatische Nationen erleben ein wirtschaftliches Dauerhoch, die Bevölkerungszahlen lassen auf jede Menge potenzieller Kunden schliessen.

Prominentestes Zugpferd aus der Bundesliga ist mal wieder der FC Bayern München. Abseits der Aktivitäten der DFL haben sich die Münchner schon längst auch eigene Gedanken gemacht. Aber erst in diesem Sommer machte der FCB richtig Ernst. In Jörg Wacker hoben die Granden des Klubs einen Mann von extern auf Anhieb in den Vorstand. Wacker war bis dato Deutschland-Chef des grössten europäischen Wettanbieters bwin und leitet seit dem 1. Juli das neu gegründete Ressort Internationalisierung und Strategie.

Ein erster konkreter Schritt ist die Errichtung eines Büros in New York. Die Bayern haben den amerikanischen Markt fest im Blick, in den USA mit seinen zig Millionen Einwanderern aus fussballaffinen Ländern ist der Soccer drauf und dran, Eishockey als Sportart Nummer vier abzulösen.

"Wir sehen in den USA einen wichtigen Markt"

Neben den USA sollen die Kontakte zu den Märkten in China, Japan, Indien sowie Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten weiter ausgebaut werden. Die erste fest eingeplante Reise - abgesehen vom jährlichen Trainingslager im Januar in Doha/Katar - führt die Bayern aber ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Im Rahmen der Vorbereitung auf die kommende Saison wird der Rekordmeister im traditionellen Allstar-Spiel gegen eine Auswahl der Major League Soccer antreten. Davor sind zusätzliche Testspiele geplant, die Dauer des Aufenthalts wurde von wenigen Tagen auf über eine Woche verlängert.

"Die Teilnahme am MLS Allstar-Spiel ist für uns ein weiterer wichtiger Schritt in unserer internationalen Strategie. Wir sehen in den USA einen wichtigen Markt und wollen unseren Fans und Sympathisanten sowie allen Fussball-Interessierten dort unsere Marke, unser Team und unsere Philosophie näherbringen", sagt Wacker.

Einen ersten grossen Schritt abseits der Verhandlungstische kann der FC Bayern nun schon bei der Klub-WM unternehmen. "Der Titelgewinn bei der Klub-WM wäre für das Image und die internationale Wahrnehmung des Klubs sehr gut. Wir müssen die Marke FC Bayern jetzt internationalisieren. Da wäre das natürlich eine wunderbare Sache. Der Titel wird in Deutschland vielleicht nicht so hoch bewertet, aber in Asien, Afrika und Südamerika ist er sehr wichtig", weiss Karl-Heinz Rummenigge und fügt an: "In Marokko wollen wir unseren Fans den fünften grossen Pokal des Jahres unter den Christbaum stellen."

Europa ist nicht genug

Die Chancen auf das "Quintuple" stehen gut, die Bayern gehen als grosser Favorit in das Turnier in Nordafrika. Der ehemalige Spieler Rummenigge weiss das wohl. Als Vorstandsvorsitzender der FC Bayern AG hat Rummenigge aber längst auch die andere Seite fest im Blick.

"Unsere Jungs sind die besten Botschafter, die sich der FC Bayern nur wünschen kann", schrieb er vor dem Heimspiel gegen den Hamburger SV im Stadionheft der Bayern. "Sie sorgen dafür, dass wir nicht nur in der Bundesliga Tabellenführer sind. Ich glaube, sie liegen auch in der Deutschen Meisterschaft in Sachen Sympathie und Beliebtheit ganz vorne."

Deutschland als Spielwiese ist den Bayern aber längst zu klein geworden. Europa vielleicht auch.

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