Mit seinem Tor begann das Sommermärchen: Oliver Neuville traf kurz vor Schluss gegen Polen in der WM-Gruppenphase zum 1:0 und ebnete den Weg für ein umjubeltes Turnier im eigenen Land. Anlässlich des EM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft erinnert sich Neuville im Interview mit unserem Portal zurück an die damalige Euphorie und erklärt die Unterschiede zwischen der Mannschaft 2006 und dem Weltmeisterteam von 2014.
Herr Neuville, welche Erinnerungen haben Sie noch an das Polen-Spiel damals, Ihren Treffer und das Turnier?
Oliver Neuville: Es war einfach unbeschreiblich schön. Ich erinnere mich immer wieder gerne zurück. Wir hatten in der Mannschaft eine super Stimmung - auf und neben dem Platz haben wir einfach super harmoniert. Das Spiel gegen Polen in Dortmund werde ich nie vergessen. Die Atmosphäre war sensationell, es waren auch 20.000 polnische Fans im Stadion. Wir hatten im gesamten Spiel so viele Chancen, doch der Ball wollte einfach nicht ins Tor. Mit der letzten Aktion vor dem Abpfiff habe ich schliesslich das Tor gemacht.
War es das wichtigste Tor in Ihrer Karriere?
Das wichtigste nicht, aber mit Sicherheit das emotionalste. Was danach im Stadion abging, war einfach unfassbar. Ich hätte die ganze Welt umarmen können. Viele sagen immer, dass mit diesem Tor das Sommermärchen begann. (lacht)
Sie waren fast zehn Jahre Nationalspieler. Überkommt Sie Wehmut beim Gedanken an diese Zeit?
Nein. Ich denke gerne zurück. Ich hatte tolle Momente in der Nationalelf, war auch 2008 im EM-Finale dabei. Es waren zwar nur acht Minuten, aber ich war dabei. Und ich war da immerhin schon 35 Jahre alt. Für Deutschland zu spielen ist immer das Grösste, was es gibt. Das war so und bleibt immer so.
Warum hat es 2006 nicht gereicht für den WM-Titel?
Das ist schwer zu sagen. Natürlich brauchst du bei so einem Turnier auch das Quäntchen Glück. Das hat uns vielleicht gefehlt, ausserdem war der Druck, im eigenen Land die WM zu gewinnen, damals grösser. Das hat man im Sommer an Brasilien gesehen. Es war 2006 so bitter im Halbfinale in der 118. Minute das Gegentor zu kriegen. In diesem Sommer hatte die deutsche Mannschaft dieses Quäntchen Glück. In den letzten zehn Jahren war Deutschland aber die konstanteste Mannschaft, von daher war der Titel in Brasilien absolut verdient.
Wo liegen die Unterschiede zwischen der Mannschaft von 2006 und der von 2014?
Das System hat sich etwas geändert. Die meisten spielen heute 4-2-3-1 und mit einer falschen Neun. Wir haben damals mit zwei echten Stürmern gespielt und es wurde mehr geflankt. In diesem Sommer gab es zudem einen breiteren Kader. Ein Mario Götze sass im Finale auf der Bank, kommt rein und macht das entscheidende Tor. Und Marco Reus war sogar zu Hause. Verletzungen konnten viel leichter kompensiert werden.
Gibt es einen Tipp von Ihnen für Samstag?
Deutschland wird schon gewinnen, aber es wird alles andere als leicht. Polen hat auch klasse Spieler wie Bayerns Robert Lewandowski. Auf ihn muss man immer aufpassen. Auch wird die Atmosphäre in Warschau bestimmt grossartig sein. Das kann auch eine Rolle spielen. Natürlich will jetzt jeder den Weltmeister schlagen, aber mit der Qualität muss Deutschland das eigentlich schaffen.
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