• Zwölf Top-Vereine Europas wollen eine Super League gründen, doch machen die Rechnung ohne UEFA, Funktionäre, Ex-Fussballer und Fans.
  • Diese verurteilen die Pläne zur Gründung des Elite-Wettbewerbs scharf.
  • Es werden Konsequenzen gefordert.

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Zwölf Top-Klubs aus England, Spanien und Italien haben in der Nacht zu Montag erstmals Pläne für die sogenannte Super League öffentlich gemacht. Und damit ein Erdbeben im europäischen Fussball ausgelöst.

Die Gründung der Elite-Liga wird von Funktionären, Verbänden, Ex-Fussballern und Fans scharf verurteilt.

"Ich bin Manchester-United-Fan, ich bin das seit 40 Jahren - aber ich bin empört, total empört", sagte etwa der ehemalige englische Fussballprofi und heutige Experte Gary Neville am Sonntag bei "Sky" nach Durchsickern der Pläne zur Gründung des Wettbewerbs. "Das ist kriminell. Das ist ein krimineller Akt gegen die Fans! Das ist eine Schande."

Neville: "Das ist reine Geldgier. Das sind Hochstapler"

Die an dem Projekt beteiligten englischen Klubs - neben Manchester United auch der FC Liverpool, Manchester City, FC Arsenal, FC Chelsea und Tottenham Hotspur - würden ihre eigene Geschichte und ihre Fans verraten, sagte der ehemalige Weltklasse-Aussenverteidiger weiter.

"Das ist reine Geldgier. Das sind Hochstapler", meinte Neville und forderte als einzige Reaktion auf den Vorstoss: "Das sollte verdammt werden!"

Er sei nicht gegen die Modernisierung des Fussballs, aber dieser Plan mitten in der Corona-Pandemie sei wie ein Schlag - und der Zeitpunkt "schrecklich", kritisierte Neville. "In welcher Welt leben diese Leute eigentlich, wenn sie denken, sie können dies zu diesem Zeitpunkt durchziehen?" Er sei keineswegs gegen Geld im Fussball, "aber die Prinzipien und die Ethik sind die eines fairen Wettbewerbs".

UEFA kritisiert "zynisches Projekt" Super League

Neben den englischen Top-Klubs treten der AC Mailand, Inter Mailand, Juventus Turin, Real Madrid, Atlético Madrid und der FC Barcelona als Gründungsmitglieder und Veranstalter des neuen Wettbewerbs auf. Dieser soll unter der Woche stattfinden und eine neue, eigne Version der UEFA-Champions-League darstellen.

"Die Vereine freuen sich darauf, Gespräche mit der UEFA und der FIFA zu führen, um gemeinsam und partnerschaftlich die besten Ergebnisse für die neue Liga und den Fussball als Ganzes zu erzielen", heisst es in der von den zwölf Klubs veröffentlichen Pressemitteilung. Die UEFA reagierte jedoch überhaupt nicht freudig auf die Mitteilung der Vereine.

"Dieses zynische Projekt basiert auf dem Eigeninteresse einiger Klubs in einer Zeit, in der die Gesellschaft mehr denn je Solidarität braucht. Wir werden alle Massnahmen prüfen, die uns auf allen Ebenen zur Verfügung stehen, sowohl in der Justiz als auch im Sport, um dies zu verhindern", teilte die UEFA in einer ersten Reaktion und in Abstimmung mit dem englischen Verband, der englischen Premier League, dem spanischen Verband, der spanischen Primera Division, dem italienischen Verband und der italienischen Serie A mit.

Weiter heisst es: "Wie bereits von der FIFA und den sechs Konföderationen angekündigt, ist es den betroffenen Vereinen untersagt, an anderen Wettbewerben auf nationaler, europäischer oder weltweiter Ebene teilzunehmen, und ihren Spielern könnte die Möglichkeit verweigert werden, ihre Nationalmannschaften zu vertreten. Wir danken den Klubs in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Klubs, die sich geweigert haben, sich dem anzuschliessen."

BVB-Boss Watzke meldet sich zu Wort

Der FC Bayern und auch Borussia Dortmund gehören der Super League bislang nicht an, ebenso der französische Top-Klub Paris Saint-Germain. Jedoch teilten die Super-League-Gründer mit, dass der Beitritt dreier weiterer Vereine vor der ersten Saison, die so bald wie möglich beginnen soll, erwartet wird.

Der BVB schaltete sich am Montagmorgen in die Diskussion um die Einführung der Super League ein. "Die Mitglieder des Boards der European Club Association (ECA) haben sich am Sonntagabend zu einer virtuellen Konferenz zusammengeschlossen und bekräftigt, dass der Board-Beschluss vom vergangenen Freitag nach wie vor Gültigkeit hat", wird BVB-Boss Hans-Joachim Watzke in einer Mitteilung des Vereins zitiert.

Er fügt hinzu: "Dieser Beschluss besagt, dass die Klubs die geplante Reform der UEFA Champions League umsetzen wollen. Es war die klare Meinung der Mitglieder des ECA-Boards, dass man die Pläne zur Gründung einer Super League ablehnt." Watzke betont zudem, dass die beiden deutschen Klubs, "die im ECA-Board vertreten sind, der FC Bayern und Borussia Dortmund, in allen Gesprächen zu 100 Prozent deckungsgleiche Auffassungen vertreten haben".

Bayern-Trainer Hansi Flick untermauerte die Mitteilung des BVB. Auf die Super Liga angesprochen, sagte er am Montag auf der Pressekonferenz vor dem Bundesligaspiel gegen Bayer Leverkusen am Dienstag: "Ich stehe voll hinter der Aussage des Vereins oder der von Dortmund. Es wäre nicht gut für den europäischen Fussball."

Am Montagabend teilte dann auch der deutsche Rekordmeister in Person des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge mit: "Der FC Bayern hat sich an den Planungen einer Super League nicht beteiligt. Wir sind davon überzeugt, dass die aktuelle Statik im Fussball eine seriöse Basis garantiert."

Ex-Nationalspieler Podolski und Özil kritisieren Super-League-Pläne

Auch die beiden ehemaligen deutschen Nationalspieler Lukas Podolski und Mesut Özil haben die Pläne für die Super League scharf kritisiert. "Dieses Projekt ist ekelhaft, unfair, und ich bin enttäuscht, dass Klubs dabei sind, die ich repräsentiert habe", schrieb Podolks bei Twitter.

Der Stürmer, der derzeit bei Antalyaspor in der Türkei unter Vertrag steht, spielte für den FC Arsenal und Inter Mailand. Die Initiative sei eine "Beleidigung für das, woran ich glaube: Fussball ist Glück, Freiheit, Leidenschaft, Fans und für Jedermann", schrieb der 35-Jährige weiter.

Özil befürchtet unterdessen eine Verwässerung beim Wert von wichtigen Fussballspielen. "Kinder wachsen mit dem Traum auf, die Weltmeisterschaft und die Champions League zu gewinnen - nicht irgendeine Super League. Die Freude an grossen Spielen besteht darin, dass sie nur ein- oder zweimal im Jahr stattfinden, nicht jede Woche", schrieb der 32-Jährige, der Anfang des Jahres vom FC Arsenal zu Fenerbahce Istanbul gewechselt war.

Neben Podolski und Özil machten auch Rudi Völler, Sportchef bei Bayer Leverkusen, und Ralph Hasenhüttl, Trainer vom englischen Erstligisten FC Southampton und ehemals RB Leipzig, ihre Kritik an der Super Liga deutlich. "Eine geschlossene Gesellschaft ist ein Verbrechen am Fussball", sagte Völler am Montag gegenüber der "Bild". Hasenhüttl meinte auf einer Pressekonferenz: "Es ist eine grosse Bedrohung, die ich aufziehen sehe. Ein Krieg der grossen Klubs."

DFL und DFB kontra Super League

Neben den Spielern und Vereinen bezogen auch Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fussball Liga (DFL), und der Deutsche Fussball-Bund (DFB) Stellung.

"Wirtschaftliche Interessen einiger weniger Topklubs in England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fussball zur Folge haben. Es wäre insbesondere unverantwortlich, die nationalen Ligen als Basis des europäischen Profifussballs auf diese Weise irreparabel zu beschädigen. Ich unterstütze daher die gemeinsame Erklärung der UEFA mit den Ligen und Nationalverbänden aus England, Italien und Spanien", sagte Seifert.

Seitens des DFB hiess es: "Der Deutsche Fussball-Bund positioniert sich klar gegen das Konzept einer europäischen Super League. Im Fussball muss es immer um die sportliche Leistung gehen. Sie bestimmt über Auf- und Abstieg sowie die Qualifikation für die jeweiligen Wettbewerbe. Die wirtschaftlichen Interessen einiger weniger Klubs dürfen nicht das praktizierte solidarische Miteinander des Fussballs aufkündigen."

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"Football Supporters Europe": "Der letzte Nagel im Sarg"

Den Worten der deutsche Vertreter schloss sich die europäische Fanvereinigung "Football Supporters Europe" (FSE) an und kritisierte die Pläne zur Schaffung der Elite-Liga scharf. "Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fussballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat: Belohnung sportlicher Leistungen, Auf- und Abstieg, Qualifikation zu UEFA-Wettbewerben über nationale Erfolge und finanzielle Solidarität", teilte die FSE am Sonntag mit.

"Die einzigen, die davon profitieren, sind Hedge-Fonds, Oligarchen und eine Handvoll bereits reicher Klubs, von denen viele in ihren heimischen Ligen trotz ohnehin vorhandenen Wettbewerbsvorteils schlecht abschneiden. Genug ist genug", so die FSE, die von den Verbänden Sanktionen gegen abtrünnige Klubs und die Rücknahme der Reform der UEFA-Klubwettbewerbe forderte.

Neville ging sogar noch einen Schritt weiter. Mit den sechs beteiligten englischen Top-Klubs kannte er keine Gnade. "Zieht ihnen morgen alle Punkte ab! Verbannt sie an das Ende der Liga und nehmt ihnen das Geld weg", forderte der achtmalige englische Meister mit Manchester United.

Er fragte: "Haben sie denn das gottgegebene Recht, dabei zu sein? Ganz ehrlich, die Zeit ist jetzt reif für einen unabhängigen Regulator und diese Klubs" an ihrer Machtbasis zu stoppen. "Genug ist genug!"

(msc)

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • afp
  • bvb.de: Stellungnahme zur Diskussion um die Einführung einer Super League
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