Borussia Dortmund will in Zukunft keine Verträge mehr mit Ausstiegsklauseln anbieten - was den Abgang ihres besten Spielers wohl beschleunigt. Marco Reus steht vor einer Grundsatzentscheidung. Im Sinne seiner Karriereplanung stehen die Zeichen aber klar auf Abschied.

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Anschauungsunterricht hat Borussia Dortmund unter anderem vom FC Bayern München bekommen. Die hatten sich im Sommer einen Physiotherapeuten geleistet, der ihrem Star Franck Ribery während dessen Ibiza-Urlaub die nötige Fitness für die Hinrunde verliehen hat.

Das Modell "Schuften im Urlaub" galt bis vor wenigen Tagen auch noch für Marco Reus. Der hatte sich über die Feiertage nach Florida verzogen. Tabellenplatz 17, seine Führerscheinaffäre und die Debatten um seine Zukunft waren weit weg. Dafür war der Fitmacher vor Ort, um den Hoffnungsträger entsprechend auf die Rückrunde vorzubereiten.

Mit der Rückkehr nach Dortmund gehen die Diskussionen um Reus‘ Zukunft schon wieder von vorne los. Der "Sportbild" sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Hinblick auf ein neues Arbeitspapier seines wichtigsten Spielers: "Wir wollen beim BVB keine Ausstiegsklauseln mehr!"

Soll Marco Reus gehen oder bleiben?

Reus' Vertrag in Dortmund ist noch bis zum Sommer 2017 datiert und enthält eine entsprechende Vereinbarung, nach der der Nationalspieler den Verein für festgeschriebene 25 Millionen Euro verlassen könnte. Mit Vertragsende wäre Reus im besten Fussballeralter von 28 Jahren, der nächste Schritt in seiner Karriere will auch deshalb wohl überlegt sein.

Im Moment deutet sehr vieles auf einen Wechsel 2017 oder sogar früher hin. Dafür haben sich der Spieler und der Klub im vergangenen Jahr zu unterschiedlich entwickelt. Reus ist zum begehrtesten deutschen Offensivspieler geworden, der früher oder später für Klubs der Grössenordnung FC Barcelona, Manchester United oder Real Madrid spielen dürfte.

Borussia Dortmund hat den Anschluss an die Bayern sportlich komplett abreissen lassen, wirtschaftlich spielen beide Vereine ohnehin schon länger in unterschiedlichen Ligen. Marco Reus ist ganz sicher ein herausragender Spieler in Europa - aber er gehört noch nicht der absoluten Top-Spitze an. In Dortmund dürfte der endgültige Durchbruch ziemlich schwerfallen, die grosse Chance dazu hat er und der BVB beim Champions-League-Finale gegen die Bayern verspielt.

Borussia Dortmund hat schlechte Karten

Einen wichtigen Titel hat Reus in seiner Karriere noch nicht gewonnen. Beim BVB besteht natürlich in jeder Saison die Gelegenheit dazu - die Chancen bei den ganz grossen Klubs in Europa sind aber sicherlich um einiges besser.

Dazu kann Reus beobachten, wie andere grosse Talente in seinem Alter bei den europäischen Grossmächten nochmal einen grossen Schritt nach vorne gemacht und sich zu Weltklassespielern entwickelt haben. Cristiano Ronaldo in Madrid, Franck Ribery und Jerome Boateng bei den Bayern. Engen Kontakt hält er nach wie vor zu seinem Kumpel Mario Götze. Und der weiss, welche Risiken und vor allen Dingen aber Chancen ein Wechsel zu einem noch grösseren Klub mit sich bringt.

Borussia Dortmund hat die Zeichen der Zeit auch erkannt. Wohl auch deshalb spielen die Verantwortlichen mittlerweile sehr gerne mit dem Faktor Emotionalität. Reus ist im Dortmunder Stadtteil Körne aufgewachsen und schon immer BVB-Fan. BVB-Boss Watzke skizziert auch deshalb den märchenhaften Aufstieg von der Kurve in den schwarz-gelben Olymp.

Wird Reus zur Legende?

"Marco weiss, dass er von einem Moment auf den anderen Legendenstatus genösse", stellt Watzke bei einem dauerhaften Verbleib in Dortmund in Aussicht und untermauert im Gespräch mit der "Sportbild" seine Ansicht. "Uwe Seeler hat das mal gemacht, als Inter Mailand ihn wollte, und ist seitdem eine Legende beim HSV. Bei Marco wäre es ähnlich." Was Watzke nicht sagt: Die Seeler-Episode ist über 50 Jahre her und wirkt wie ein Relikt aus einer fernen Zeit.

Wenn der BVB in Zukunft auf Ausstiegsklauseln in seinen Verträgen verzichtet, ist das zwar nur konsequent. Im Umkehrschluss steht aber auch zu befürchten, dass sich der Klub noch nicht in der Position befindet, die ein solch rigoroses Vorgehen auch ohne Risiken möglich macht. Dafür gibt es zu viele lukrative und zahlungskräftige Konkurrenz. Und dafür spielt die Borussia noch nicht in der ersten Riege Europas mit.

Marco Reus kann in den kommenden Tagen immerhin ein wenig durchpusten: Am Donnerstag macht sich der BVB-Tross auf in Richtung Trainingslager. La Manga, eine Hafenstadt im Südosten Spaniens. Weit weg von allen Diskussionen. Die Borussia hat ihren Aufenthalt für acht Tage angekündigt.

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