Schon wieder krümmt sich Marco Reus mit schmerzverzerrtem Gesicht nach einem harten Foul im Spiel beim SC Paderborn auf dem Rasen. Wenig später die Diagnose: Aussenbandriss im rechten Sprunggelenk. Es ist Reus' dritte schwere Verletzung im Jahr 2014. Ein Albtraum für Borussia Dortmund.

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"Eine schreckliche Szene. Das ist schwer zu verkraften", sagte Jürgen Klopp kopfschüttelnd nach dem Spiel. Der Trainer von Borussia Dortmund sprach nicht von dem späten Ausgleich durch den SC Paderborn. Die beiden verlorenen Punkte gegen den Aufsteiger hätte Klopp vielleicht noch verkraftet. Viel schwerer wiegt jedoch die erneute Verletzung von Marco Reus. Der Lichtblick in Dortmunds Krise und Torschütze des 2:0 beim SC Paderborn war von Marvin Bakalorz zwar unglücklich, aber dennoch hart gefoult worden und erlitt einen Aussenbandriss im rechten Sprunggelenk. Das Fussballjahr 2014 ist für Reus gelaufen.

Es ist bereits das dritte Mal im laufenden Jahr, dass sich Reus schwer verletzt. Doch ist er wirklich verletzungsanfälliger als andere Spieler? Die wichtigsten Fragen zur erneuten Reus-Verletzung.

Ist Marco Reus verletzungsanfälliger als andere Spieler?

Marco Reus ist kein Spieler, der sich mit Kraft durchsetzt. Reus' Schnelligkeit ist sein grösster Trumpf. In den meisten Fällen ist er früher am Ball als seine Gegenspieler, die dadurch oft zur Grätsche gezwungen sind. Allerdings treffen sie dabei öfter Reus' Beine als den Ball. Besonders die Knöchel des BVB-Stars werden dabei häufig in Mitleidenschaft gezogen.

Zudem ist Reus mit seinen knapp 70 Kilo ein Leichtgewicht. Er hat seinen Gegnern körperlich nur wenig entgegenzusetzen. Ein hartes Einsteigen holt ihn schneller von den Beinen als andere Spieler, was die Verletzungswahrscheinlichkeit durch Wegknicken natürlich erhöht.

Reus ist also nicht verletzungsanfälliger als andere Spieler. Bei ihm spielen lediglich zwei Faktoren zusammen, die ihn anfälliger dafür machen, das Opfer von harten Fouls zu werden.

Müssen die Schiedsrichter Spieler wie Reus besser schützen?

Diese Diskussion wird schier unermüdlich geführt. Jedes Mal, wenn ein Fussballkünstler wie Reus oder Ribery nach einem Foul vom Feld getragen wird, fordern Trainer und Funktionäre, man müsse diese Spieler besser schützen. Ob dem foulenden Spieler eine böse Absicht nachgewiesen werden kann, darf dabei keine Rolle spielen. Die Härte des Fouls muss entscheidend sein. Das findet auch Jürgen Klopp: "Es war eine Rote Karte. Wenn es die gibt, dann ist der Gegner ein Mann weniger. Dann gibt es zumindest einen Ausgleich für so ein Foul."

Auch Bundestrainer Jogi Löw hatte während der Weltmeisterschaft in Brasilien bereits angemahnt, rustikale Fouls wirksamer zu unterbinden. Sonst bräuchte man irgendwann keine Neymars, Messis, Özils, Götzes oder Reus' mehr, "sondern nur Zerstörer. Und das ist gefährlich."

Dessen ist sich auch der oberste Schiedsrichterverantwortliche der Uefa, Pierluigi Collina, bewusst, der seine Kollegen im Interview mit "uefa.com" ermahnt: "Wir dürfen nicht so lange warten, bis sich einer ein Bein bricht. Für den Fall, dass die Gesundheit eines Spielers gefährdet wird, muss es klare Regeln geben, die auch so weit gehen, dass ein Spieler dann vom Platz gestellt wird."

Ist Reus jetzt für den FC Bayern als Transferziel uninteressant?

Das Rauschen im Gerüchtewald ist besonders laut, wenn es um Marco Reus und den FC Bayern München geht. Für 25 Millionen Euro dürfte Reus offenbar zum Ende der Saison wechseln. "Möglicherweise ist ein junger, deutscher Nationalspieler solcher Qualität für uns interessant", hatte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bekräftigt.

Daran wird auch die erneute Verletzung von Reus kaum etwas ändern. Denn Reus wird bereits als Konkurrent bzw. Nachfolger von Franck Ribery gehandelt.

Zudem wäre Reus im kreativen Offensivverbund der Bayern vermutlich besser vor allzu harten Fouls geschützt. Bei Dortmund ist er derzeit der einzige kreative Kopf. Er sticht heraus - auch für seine Gegner. Beim FCB hätte er Götze, Ribery, Robben und Thiago an seiner Seite. Vielleicht wäre das sogar ein Anreiz für Reus, sich für den Rekordmeister zu entscheiden.

Kann sich der BVB ohne Reus aus der Krise ziehen?

Wenn schon der BVB-Boss zur Generalkritik ausholt, dann liegt wirklich etwas im Argen. "Das Gift, dass es sich schon irgendwie richtet, muss aus euren Ohren raus," nahm Hans-Joachim Watzke die Spieler auf der Hauptversammlung des BVB in die Pflicht. "Es war enttäuschend zu sehen, wie ihr in der ersten Halbzeit souverän gespielt habt, um dann in den Verwaltungsmodus zu schalten. Das können wir uns in unserer derzeitigen Situation nicht leisten."

Mit der Verletzung von Marco Reus wird die Situation von Borussia Dortmund nicht unbedingt einfacher. Oder um es wie Franz Beckenbauer bei "Sky" zu formulieren: "Sie sind jetzt in dieser braunen Sosse drin, da kommt man so leicht nicht raus."

Tatsache ist: Ohne Reus läuft es beim BVB nicht rund. In fünf Spielen, die Reus in der laufenden Saison bereits verpasst hat, holte Dortmund gerade einmal vier Punkte. Fakt ist aber auch: Mit Reus läuft es beim BVB auch nicht viel besser (sieben Spiele, sieben Punkte). Ein fitter Reus kann die Dortmunder also auch nicht im Alleingang aus der Krise befreien.

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