Mit der DFB-Elf wurde Leupolz Europameisterin und Olympiasiegerin. Für Chelsea stand sie nur wenige Monate nach der Geburt ihres Sohnes wieder auf dem Platz. Die Mittelfeldspielerin trat nach der WM 2023 aus der Nationalmannschaft zurück. Am 14. April wird Melanie Leupolz 30 Jahre jung.

Ein Porträt
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Die Weltmeisterschaft in Australien im vergangenen Jahr war etwas ganz Besonderes für Melanie Leupolz. Jetzt kann man natürlich sagen, dass Weltmeisterschaften für Spitzensportler grundsätzlich eine Besonderheit sind – für die Mittelfeldspielerin aus Wangen im Allgäu war die Teilnahme aber nicht ganz selbstverständlich. Denn Leupolz war gerade einmal zehn Monate zuvor Mutter geworden. Ihren kleinen Sohn nahm sie ans andere Ende der Welt mit. "Wir sind hier 23 Babysitter plus Oma Martina", scherzte die damalige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Inzwischen ist Voss-Tecklenburg nicht mehr Bundestrainerin und Melanie Leupolz aus der Nationalmannschaft zurückgetreten.

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Was aber bleibt: Die 30-Jährige ist Vorbild für Mütter und Frauen, die beides vereinbaren wollen – die Spitzensport-Karriere und das Familienleben. "Ich hoffe, dass ich da eine Vorbildrolle einnehmen kann, weil bei mir alles super funktioniert hat", sagte sie vergangenes Jahr im Gespräch mit der "Deutschen Welle". Sie wolle, dass Frauen die "Angst beiseitelegen können, dass sie dann fallengelassen werden von ihren Verbänden und Vereinen".

Von Null auf Hundert: Leupolz' Märchen-Karriere

Die Allgäuerin Leupolz wechselte 2010 aus Tettnang am Bodensee nach Freiburg, die damals noch in der zweiten Liga spielten. Am Ende ihrer ersten Saison im Breisgau stieg die Mannschaft auf, gleich im ersten Bundesliga-Spiel gegen den SC Bad Neuenahr schoss sie ein Tor. Wie gut die Mittelfeldspielerin ist, erkannte der DFB früh, lud sie seit der U15 in die Nationalmannschaft ein. Auch in der A-Nationalmannschaft war sie von Beginn an erfolgreich: In ihrem ersten Jahr, 2013, wurden die DFB-Frauen Europameisterinnen. Da war Leupolz gerade einmal 19. Es folgte Olympia-Gold 2016 in Rio.

Im Titelsammeln war Leupolz auch auf Vereinsebene gut. Denn nach ihrem Wechsel 2014 nach München zum FC Bayern gewann der Klub zweimal die Meisterschaft. Damals ein grosser Erfolg – nach all den erfolgreichen Jahren des 1. FFC Frankfurt, von Turbine Potsdam und vom VfL Wolfsburg war der Münchner Erfolg 2015 der erste Meistertitel seit 1976.

Nach sechs Jahren beim FC Bayern sei für sie Zeit für etwas Neues gekommen, sagte sie unter anderem dem "Kicker". "Nach neun Jahren in der Bundesliga kannte ich alles." Die Bayern-Kapitänin und von Mitspielerinnen geschätzte Leistungsträgerin werde "definitiv eine Lücke hinterlassen", sagte der damalige Trainer Jens Scheuer über sie, als sie zum FC Chelsea wechselte.

Leupolz ist eine Trendsetterin

Leupolz lernte in der Metropole London eine komplett neue Welt kennen, sie zahlte für ihre Wohnung im Stadtteil Kingston doppelt so viel Miete wie in München, und musste sich auch an den Linksverkehr erst gewöhnen, erzählte sie dem "Kicker" 2020. Doch sie liess sich darauf ein – und war schon bald angekommen in London.

Sie war schon dort, bevor mit der EM 2022 der ganz grosse Frauenfussball-Hype auf der Insel begann. Und sie gewann noch mehr, als sie es bisher getan hat: In allen Spielzeiten wurde sie mit Chelsea Meister. Aktuell stehen die "Blues" auf Rang zwei hinter Manchester City. Inzwischen spielt die zentrale und defensive Mittelfeldspielerin nicht mehr in jedem Spiel. In dieser Saison stand sie etwa in der Hälfte der Spiele auf dem Platz.

Sie wollte eine neue Sprache lernen – oder zumindest eine vertiefen. In England konnte sie beides: ihr Englisch aufpolieren und Spanisch lernen, zusammen mit ein paar Mitspielerinnen. Denn dort würde sie auch gern einmal leben, erzählte sie dem DFB während der WM in Australien.

Als Mutter im Profisport ist sie vorangegangen

Auch mit ihrer Entscheidung, früh Mutter zu werden – was sie immer sein wollte, wie sie im ZDF erzählte – war die Allgäuerin ihrer Zeit voraus. Meist widersprachen sich in der Vergangenheit beide Welten, wie selbst der Fall Sara Björk Gunnarsdóttir zeigt. Ihr Verein Olympique Lyon reduzierte ihr Gehalt und stellte es dann bald selbst ein. Als Mutter habe sie keine Zukunft im Verein, machte man ihr klar. Auch DFB-Torhüterin Almuth Schult tat sich nach ihren Schwangerschaften schwer, wieder im Profifussball Fuss zu fassen. Erst am vergangenen Freitag gab der Hamburger SV bekannt, die 33-Jährige zu verpflichten.

Bei Melanie Leupolz hätten Schwangerschaft und Karriere nicht besser in Einklang gebracht werden können. "Ich habe während der gesamten Phase die beste Unterstützung und das Verständnis meiner Trainerin bekommen", sagte Leupolz im Interview mit der "Deutschen Welle".

Ihre Trainerin Emma Hayes hat selbst einen Sohn, den sie manchmal zum Training mitbringt. Sie habe deshalb Leupolz' Situation gut nachvollziehen können. Bei Chelsea hat sie perfekte Bedingungen erhalten, mit einem Beckenbodentrainer gearbeitet, und konnte schon drei Monate nach der Geburt ihres Sohnes wieder trainieren. In dieser Phase verlängerte Chelsea den Vertrag bis 2026.

Natürlich sei eine Schwangerschaft immer ein Risiko, aber die 30-Jährige will anderen Mut machen, sich trotzdem für diesen Schritt zu entscheiden, vielleicht auch anderen Nationalspielerinnen. "Wenn sich eine Frau dazu entscheidet, ein Kind während ihrer Karriere zu bekommen, dann hoffe ich, dass ich dieser Frau auch Mut mache und zeige, dass es möglich ist."

Und wie: Leupolz verwirklichte ihren Traum, spielte bei der Weltmeisterschaft und beendete dann ihre DFB-Karriere nach 79 Länderspielen. Etwas beweisen muss sie niemandem mehr. Nun konzentriert sie sich voll auf die Vereinskarriere – und auf das Muttersein.

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