Die DFB-Frauen tun sich gegen Wales in der Nations League schwer und verspielen mit dem 0:0 beinahe den Traum von Olympia. Für den Verband steht jetzt komplizierte Planungsarbeit an.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Justin Kraft sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Schluss. Aus. Deutschland gewinnt seine Gruppe in der Nations League und hält damit den Traum von der Olympia-Teilnahme im Sommer 2024 am Leben. Grosse Jubelstürme gab es jedoch nicht. Zu sehr mussten die DFB-Frauen zittern, zu enttäuschend kam der Auftritt daher. Zumal die Qualifikation für das Final Four in der Nations League nur deshalb gelang, weil Dänemark ebenfalls patzte und mit 0:1 gegen Island verlor.

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So reichte den DFB-Frauen ein mageres 0:0 in Wales. Es ist der ernüchternde Abschied aus einem Jahr, das es nun im Detail aufzuarbeiten gilt. Immerhin mit der positiven Nachricht, dass es grosse Ziele für 2024 gibt.

Schon nach 16 Minuten hätte die Geschichte des Abends aber einen anderen Verlauf nehmen können: Ein Distanzschuss von Rachel Rowe klatschte vom Pfosten an den Rücken von Merle Frohms und von dort ins Aus statt in das deutsche Tor. Deutschland im Glück.

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DFB-Frauen: Kontrastprogramm zum Dänemark-Spiel

Das DFB-Team hatte hier und da mal eine Chance, doch wirklich zwingend wurde es selten. Viele Einzelaktionen, viel mit dem Kopf durch die Wand, aber wenig von dem, was gegen Dänemark überzeugt hatte: Geschlossenheit und Teamspirit.

"Ich habe nicht das Gefühl, dass sie unbedingt gewinnen wollen", zog Co-Kommentatorin Almuth Schult in der "Sportschau" ein passendes Zwischenfazit nach rund 75 Minuten. Und tatsächlich war es eher Wales, die einen Gang hochschalteten. Grosse Chancen gab es auf beiden Seiten nicht mehr, doch es hätte nicht verwundert, hätten die Waliserinnen den biederen Auftritt der DFB-Frauen noch bestraft.

Geändert hätte es dank der dänischen Niederlage eh nichts mehr. Aber ist das jetzt das Glück der Tüchtigen? Oder ein schmeichelhafter Einzug ins Final Four?

DFB-Frauen: Dänemark war der leichtere Gegner

Vermutlich stimmt beides. Nicht alles, was gegen Dänemark noch zu Recht gelobt wurde, ist nach einem komplizierten Spiel in Wales schlecht. Und nicht alles, was an Hoffnung auf bessere Zeiten geäussert wurde, ist mit dem 0:0 Geschichte.

Es war von vornherein klar, dass die Partie gegen Dänemark die tendenziell einfachere sein würde. Zwar sind die Däninnen das auf dem Papier deutlich stärkere Team, doch genau das liegt dem deutschen Team. Immer wieder ergaben sich Räume, weil Dänemark selbst den Anspruch hat, Ballbesitzphasen zu haben.

55 Prozent Ballbesitz hatte das DFB-Team am Freitag, 66 Prozent waren es gegen Wales. Die Waliserinnen standen tief, kompakt und überliessen den Deutschen weitestgehend die Spielgestaltung. Es ist das grosse Problem der letzten Jahre – und das längst nicht nur im Fussball der Frauen, sondern im deutschen Fussball generell: Wie bespielt man tiefe Defensivblöcke? Wie entstehen hochkarätige Chancen aus statischen Spielsituationen?

DFB-Frauen: Wie geht es jetzt weiter?

Auch Horst Hrubesch konnte dieses Problem während seiner noch kurzen Amtszeit nicht beheben. Dafür ist er aber auch nicht angetreten. In einer schwierigen Situation ging es darum, an kleineren Stellschrauben zu drehen, um die so wichtige Qualifikation für das Final Four der Nations League zu schaffen.

Das ist ihm gelungen. Die grosse Frage, die sich der DFB jetzt aber stellen muss, ist jene nach der Zukunft. Für Hrubesch spricht, dass er eine positive Stimmung entfachen konnte. Die Spielerinnen schwärmen nahezu von ihm und auch medial hat der 72-Jährige ein gutes Standing. Insofern überrascht es nicht, dass die HSV-Ikone mindestens noch das Final-Four-Turnier betreuen wird.

So fragil das Jahr für die DFB-Frauen auch war, so wichtig könnte jetzt Stabilität sein. Hrubesch hat in seiner Karriere alles erlebt. Davon können die Spielerinnen profitieren. Wie wichtig es zudem gerade bei diesem Team ist, dass die Atmosphäre passt, zeigte der Erfolg bei der Europameisterschaft 2022.

Doch Hrubesch wirkt andererseits auch etwas aus der Zeit gefallen. Selbst wenn aus dem kurzfristigen Engagement ein mittelfristiges wird, ist es höchst fraglich, ob er die grossen fussballerischen Probleme des Teams wird lösen können – und ob er sie überhaupt adressieren wird.

Hrubesch ist kein Trainer, der sich in taktischen Details verliert. Solange das Team erfolgreich ist, wird ihm das positiv ausgelegt. Fussball wird auch nicht an der Taktiktafel gespielt. Dennoch sind es solche Details, die das Team gegen Wales hat vermissen lassen. Es schien, als gebe es keine Muster, keine Lösungen, als hätte man den Gegner nicht analysiert.

DFB: Langfristige Planung oder kurzfristiger Erfolg?

Der DFB befindet sich jetzt in einer schwierigen Ausgangslage. Einerseits geht es darum, eine mittel- bis langfristige Entwicklung anzustossen, um dem Team wieder eine klare Spielidee zu vermitteln, die sowohl in einer klaren Favoritenrolle als auch gegen stärkere Gegner funktioniert. Ein Prozess, der mehr als ein paar Wochen in Anspruch nehmen würde, eher sogar mehrere Jahre.

Da geht es um Ausbildung in allen Bereichen, aber auch um die enge Zusammenarbeit zwischen Klubs und Verband. Eine Spielidentität bei einem Nationalteam zu etablieren, ist ein langwieriger und komplexer Prozess.

Auf der anderen Seite will man unbedingt das Olympia-Ticket buchen. Schon Ende Februar geht es im Final Four um alles. Zwei Tickets werden dort noch vergeben. Weil Frankreich dabei ist, könnte unter Umständen schon der dritte Platz für die Teilnahme an Olympia reichen. Wie es danach auf der Trainerbank weitergeht, ist unklar. Bei einer erfolgreichen Qualifikation würde ein Trainerwechsel allerdings erneut wenig Sinn ergeben.

Schon allein aus Gründen des Alters ist bei Hrubesch klar, dass er diesen Job nicht ewig übernehmen wird. Es braucht also bereits Planungen für die Zeit danach.

Olympia: Gelingt die Qualifikation?

Die Notwendigkeit des kurzfristigen Erfolgs beisst sich mit der Notwendigkeit einer langfristigen Entwicklung. Auch 2024 wird es keine Zeit für Experimente oder grosse Veränderungen geben.

Immerhin: Die Gegner im Final Four sollten der deutschen Elf liegen. Bei der Europameisterschaft war man auch deshalb so erfolgreich, weil man die Verantwortung der Spielgestaltung häufig abgeben konnte. Bei der Weltmeisterschaft ging das nicht.

Aktuell sind mit Spanien und eben Frankreich zwei Teams dabei, die den Ball selbst haben wollen. So ernüchternd der Ausklang eines biederen Fussballjahres auch war, so wichtig ist es, die positiven Aspekte aus der kurzen Amtszeit von Hrubesch mitzunehmen.

Das erste Zwischenziel ist erreicht. Jetzt hat man fast drei Monate Zeit, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen, die dafür sorgen sollen, dass der in Wales ausgebliebene Jubelsturm beim Final Four nachgeholt wird.

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