Joachim Löw plant die Zukunft der deutschen Nationalmannschaft mit einem jüngeren Kader und mehr Tempo-Fussball. Ist das der Schlüssel zu einer erfolgreichen Europameisterschaft 2020?

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Erst das WM-Desaster von 2018, dann der Abstieg in der Nations League: Die deutsche Nationalmannschaft steckt in der Krise. Bundestrainer Joachim Löw plant Veränderungen - sowohl personell wie auch taktisch. Es soll zwar weiterhin Ballbesitzfussball gespielt werden, aber mit mehr Tempo.

"Der Ballbesitzfussball ist nicht tot. Vereine wie Barcelona und Manchester City treten auch dominant auf. Aber wir müssen die Dynamik, die Zielstrebigkeit und die Schnelligkeit verbessern", sagt der Bundestrainer.

Was er damit meint: Statt den Ball wie bei der Weltmeisterschaft 2018 monoton zwischen den eigenen Reihen laufen zu lassen, wünscht er sich schnelle Spielverlagerungen und zügige Ballpassagen. So lassen sich Lücken in eine gegnerische Abwehr reissen. Voraussetzung dafür sind die richtigen Spieler.

Vergangene Woche hatte Löw mit der Ausbootung von Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng für Schlagzeilen gesorgt. Der Grund: Der Bundestrainer möchte der Nationalmannschaft ein neues Gesicht und den jungen Nationalspielern Raum zur Entfaltung geben.

Löw öffnete den Betroffenen für die Zukunft aber ein Hintertürchen. "Wir haben sie nicht aus der Nationalmannschaft verbannt", sagte er und fügt hinzu. "Ich weiss nicht, was in einem Jahr sein wird. Fakt ist, dass ich ihnen gesagt habe, für die Qualifikation und die EM ohne sie zu planen."

Stattdessen plant er mit Spielern, die dem neuen Tempo-Anspruch genügen.

Werner, Gnabry, Sané – das neue Offensiv-Trio?

Im Sturm könnte sich ein neues Trio abzeichnen, das aus den Flügelspielern Leroy Sané und Serge Gnabry sowie Mittelstürmer Timo Werner besteht. Alle drei sind extrem schnell, dribbelstark, ballsicher und stark im Abschluss.

Dass sie auf den Positionen rotieren könnten, dürfte der Philosophie von Löw, der früher gerne mit einer falschen Neun spielen liess, ebenfalls entgegenkommen.

Doch wer sind nach der Ära von Müller, Boateng und Hummels die neuen Führungsspieler?

Kapitän Manuel Neuer ist zwar weiterhin die Nummer 1 im Tor, muss sich laut Löw aber dem Konkurrenzkampf mit Marc-André ter Stegen stellen. Toni Kroos steckt bei Real Madrid im Formtief. Und Marco Reus hat aufgrund seiner Verletzungshistorie kaum Turniererfahrung.

Die neuen Führungsspieler: Goretzka und Kimmich

Löw setzt auch hier auf junge und entwicklungsfähige Spieler. "Als Führungsspieler muss du erst in diese Rolle hineinwachsen. Ich sehe da Potenzial bei Leon Goretzka und Joshua Kimmich beispielweise."

Die beiden könnten gemeinsam auf der Doppel-Sechs agieren – somit vielleicht auch Kroos von seiner Stammposition verdrängen.

Zudem sollen weitere junge Spieler an die Nationalmannschaft herangeführt werden. In Niklas Stark von Hertha BSC, Lukas Klostermann von RB Leipzig und Maximilian Eggestein vom SV Werder Bremen berief er gleich drei Spieler in das Aufgebot für die bevorstehenden Länderspiele, die noch kein Einsatz bei der A-Nationalmannschaft hatten.

Dem 22-jährigen Eggestein ist eine steile Karriere in der Nationalelf zuzutrauen. Der Mittelfeldspieler ist nicht nur extrem laufstark, sondern vor allem technisch exzellent, im Dribbling kaum vom Ball zu trennen und hat einen starken Abschluss.

Der Mut zur jungen Abwehr

Die grössten Neuerungen sind nach dem Verzicht auf das Innenverteidiger-Duo Boateng und Hummels zwangsweise in der Verteidigung vorzunehmen. Daher sind der 23-jährige Innenverteidiger Stark und der 22-jährige Rechtsverteidiger Lukas Klostermann erstmals nominiert.

Zudem kehrt Marcel Halstenberg von RB Leipzig zurück in den Kreis der Nationalelf. Der Linksverteidiger hatte bereits im November 2017 sein Debüt gegeben, war danach aber aufgrund eines Kreuzbandrisses ausser Gefecht gesetzt. Löw setzt auf den 27-Jährigen: "Er hat bei uns ein sehr gutes Spiel gemacht."

Allerdings dürften Spieler wie Niklas Süle, Matthias Ginter, Jonathan Tah, Thilo Kehrer oder Nico Schulz zunächst noch ein höheres Standing geniessen. Keiner von ihnen ist älter als 25 Jahre. Auch sie stehen also für die Zukunft.

Das Testspiel gegen Serbien am 20. März bietet der neuformierten Mannschaft die Möglichkeit, sich noch einmal einzuspielen. Vier Tage später muss sie funktionieren: Dann steht das wichtige Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft 2020 gegen die Niederlande an.

Gute Ergebnisse sind erforderlich, damit die personellen Entscheidungen für Löw nicht zu einem Bumerang werden.

Bereits jetzt ist die Kritik an seiner Person gewachsen. Der frühere Profi und heutige sky-Experte Erik Meijer sagt: "Ich als Nicht-Deutscher denke, der Umbruch wäre ohne diesen Bundestrainer besser gewesen."

Es liegt nun an Löw, das Gegenteil zu beweisen.

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