• Eintracht Frankfurt scheint in der Spitze des deutschen Fussballs der Frauen angekommen zu sein. Der SGE-Block in der DFB-Startelf gegen die USA unterstreicht das.
  • Alexandra Popp wurde von der Bundestrainerin in ungewohnter Rolle aufgestellt. Ein Experiment, das nur teilweise funktionierte.
  • Defensiv und im Ballbesitzspiel zeigt Deutschland Probleme, doch die Reaktion in der zweiten Halbzeit macht Lust auf mehr.

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Deutschland schlägt die USA mit 2:1 und blickt dabei auf zwei sehr unterschiedliche Halbzeiten zurück. Vor allem defensiv gibt es Probleme, die im zweiten Durchgang aber teils korrigiert werden konnten. Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg sah zwei unterschiedliche Hälften. Fünf Erkenntnisse zum Testspiel-Sieg der DFB-Auswahl.

1. Eintracht Frankfurt ist endgültig beim DFB angekommen – oder?

Okay, zugegeben: Es gibt viele Gründe, die dazu geführt haben, dass Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg im ersten Spiel gegen die USA auf immerhin vier Frankfurterinnen setzte. Sophia Kleinherne, Sara Doorsoun, Sjoeke Nüsken und Laura Freigang begannen für Deutschland in der Nacht zum Freitag (MEZ). Vier Wolfsburgerinnen und drei Spielerinnen des FC Bayern komplettierten die Startelf.

Ein Grund für diese Aufstellung ohne ganz grosse Blöcke ist die Belastung bei den beiden Top-Klubs. Gerade beim FC Bayern sind zudem einige Spielerinnen verletzt, darunter auch Giulia Gwinn und Sydney Lohmann. Trotzdem ist Frankfurt längst beim DFB und damit in der Spitze des deutschen Fussballs angekommen, das Spiel gegen die USA ist der nächste Beweis – falls überhaupt noch einer nötig gewesen ist.

Auf der Kehrseite dieser Medaille steht dann aber auch, dass nicht alle Werbung für sich machen konnten. Nüsken lud die USA mehrfach mit leichtfertigen Fehlpässen ein und auch Kleinherne wirkte rechts nicht immer sattelfest. Lediglich Doorsoun konnte über weite Strecken überzeugen, bügelte viele Fehler der Mitspielerinnen durch starke Verteidigungsaktionen wieder aus, machte dann aber den entscheidenden Fehler vor dem Ausgleich zum 1:1. Auch für Freigang war es ein undankbares Spiel, weil es Deutschland zu selten gelang, ihre guten Läufe zu belohnen.

Und so ist Frankfurt zwar auch abseits der Bundesliga-Tabelle in der deutschen Spitze angekommen, gleichzeitig sind aber noch einige Entwicklungsschritte zu gehen.

2. Alexandra Popp in ungewohnter Rolle

Sie hat es zuletzt auch schon beim VfL Wolfsburg gespielt, sie hat es nun auch beim DFB gespielt: Weltklasse-Stürmerin Alexandra Popp auf der Acht. Dass sie das solide spielen kann, hat sie in dieser Partie auf sehr hohem Niveau abermals unter Beweis gestellt.
Im 4-3-3 agierte sie neben Lina Magull und vor Lena Lattwein meist in einer der beiden Halbpositionen im Mittelfeld. In einigen Offensivsituationen macht sie diese Rolle noch unberechenbarer. Die Wolfsburgerin war für die US-Amerikanerinnen nur schwer zu greifen, wenn sie zu ihren Offensivläufen ansetzte.

Gleichzeitig war sie defensiv nicht immer so stabil, wie man sich das von der defensiveren Acht erhoffen würde. Und genau das war Popp. Nicht Magull, die in ihrer Karriere schon oft auf der Sechs gespielt hat, sondern die Torjägerin musste gegen den Ball vor der eigenen Abwehr verteidigen, statt vorn anlaufen zu können. Das wirkte bisweilen etwas befremdlich.

Und auch wenn Popp nahezu jede Position spielen kann, so fehlte der DFB-Auswahl ihre Aggressivität in vorderster Linie. Es war ein nettes Experiment. Mehr dann aber auch nicht.

3. Jetlag oder alte Probleme?

Bei den Deutschen dürften die Beine etwas schwerer gewesen sein als bei den Gegnerinnen. Immerhin sind sie erst seit wenigen Tagen in den USA und womöglich machten sich der lange Flug und die Anpassung an die neue Zeitzone noch bemerkbar. Jet-Legs also? Gleichzeitig zeigten sich im Spiel des DFB-Teams Probleme, die vor der erfolgreichen Europameisterschaft im Sommer schon ein Thema waren.

Die Anfälligkeit auf den Aussenpositionen beispielsweise. Hier haben bei der EM die Offensivspielerinnen viel nach hinten gearbeitet und so die Positionierungsprobleme von Felicitas Rauch aufgefangen. Die Wolfsburgerin stand auch diesmal nicht immer optimal. Manchmal liess sie sich zu leicht aus der Kette ziehen, in anderen Situationen stand sie zu zentral und hatte anschliessend weite Wege nach den gefährlichen Verlagerungen der USA.

Auch Kleinherne hatte auf der rechten Seite Probleme mit den schnellen Angreiferinnen des Heimteams, lief oft hinterher. Und so hatten die Innenverteidigerinnen viel Arbeit, mit der vor allem die junge Nüsken hin und wieder überfordert war. Der defensiv wacklige Auftritt des deutschen Teams zeigt abermals, wie stark die Leistung von Marina Hegering und Kathrin Hendrich bei der EM war. Beide konnten damals viel Raum sehr klug verteidigen.

In der zweiten Halbzeit gelang es den Deutschen wieder besser, die Flügel zuzumachen. "Wir haben taktisch etwas angepasst", erklärte Voss-Tecklenburg anschliessend auf der Pressekonferenz die Unterschiede: "Wir haben unsere Positionierung defensiv angepasst, standen dann etwas tiefer und haben es gerade auf der Aussenbahn besser gelöst, indem wir die Referenzspielerinnen besser aufgenommen haben." Deutschland war tatsächlich näher an den Gegenspielerinnen dran, konnte Verlagerungen besser verteidigen und liess so weniger zu. Eine klare Steigerung zur ersten Halbzeit. Gerade die Flügelpositionen bleiben aber eine Baustelle für die Zukunft.

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4. Einwechselspielerin korrigiert nervösen Start

Auch in Ballbesitzphasen war der Auftritt wechselhaft. Das DFB-Team spielte zunächst unruhig, nervös und bisweilen auch etwas kopflos. Nach Ballgewinnen suchte die Elf von Voss-Tecklenburg den direkten Weg nach vorn.

Gerade weil die Bundestrainerin aber auf einigen Positionen tauschte, passten die Abläufe noch nicht. Und so führte das direkte und risikoreiche Spiel in die Spitze diesmal zu vielen Ballverlusten. Lange Ballbesitzphasen des deutschen Teams waren eher selten und es gelang ihnen dementsprechend auch kaum, die USA mal in die eigene Hälfte zu drücken oder das hohe Pressing zu umspielen.
Stattdessen bekamen die Amerikanerinnen viele Geschenke, die sie lange ungenutzt liessen. Und so wurden sie von sehr effizienten Gästen bestraft, als Klara Bühls Abschluss zum 1:0 führte.

Anschliessend war Deutschland selbstbewusster, kombinationssicherer und auch ein wenig ruhiger mit dem Ball. Voss-Tecklenburg nutzte dabei auch die Kaderbreite. In der Halbzeit habe sie den Spielerinnen gesagt, dass sie mutig sein, aber auch mit "mehr Geduld und mehr Spielruhe" agieren sollen.

Vor allem Paulina Krumbiegel brachte ordentlich Schwung rein. Mit ihrem abgewehrten Schuss war sie am Führungstreffer ebenso beteiligt wie an vielen weiteren Angriffen der DFB-Auswahl. Dass sie den 2:1-Siegtreffer nach toller Vorarbeit der ebenfalls eingewechselten Jule Brand erzielte, war da schon fast folgerichtig. Auch defensiv unterstützte sie Kleinherne besser als Vorgängerin Maximiliane Rall und gewann viele Bälle. In der zweiten Halbzeit verdiente sich Deutschland diesen Sieg nachträglich. Schon im ersten Durchgang hätte die USA das Spiel aber klar auf ihre Seite ziehen können.

5. Starke Reaktion! DFB-Team kann sich "immer wieder anpassen"

Insofern war der Sieg am Ende trotz der stärkeren zweiten 45 Minuten etwas glücklich. Die USA verpassten es, die eigenen Angriffe konsequent zu Ende zu spielen. Im Normalfall werden die Fehler, die das deutsche Team gemacht hat, auf diesem Niveau härter bestraft.

Die Argumente für den langen Anlauf der Deutschen liegen auf der Hand: Reisestrapazen, Ausfälle, Müdigkeit, Rotation – es war damit zu rechnen, dass das erste Aufeinandertreffen der beiden Top-Teams nicht reibungslos ablaufen würde. Dass Deutschland am Ende trotz aller Umstände mit 2:1 gewinnen konnte, unterstreicht die Qualität der Vize-Europameisterinnen.

"Wir können auf Dinge, die wir nicht so gut machen, reagieren. Die Mannschaft hat oft gezeigt, dass sie sich taktisch immer wieder anpassen kann", analysierte die Bundestrainerin anschliessend zufrieden die Reaktion des Teams auf den schwachen Start. Gerade die zweite Partie wird aber wohl nochmal richtungsweisender sein. Dann wird das DFB-Team von Beginn an das Gesicht der zweiten Halbzeit zeigen wollen.

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