In Uli Hoeness brodelt es noch. Bayern Münchens Ehrenpräsident entwirft anscheinend innerlich seine Attacke auf Bundestrainer Joachim Löw noch. Dafür haben sich nach Bayerns 6:0-Coup über Wolfsburg Mitspieler von Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller zum Thema Nationalmannschaft geäussert - und auch der Kaiser, Franz Beckenbauer.

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Auch Franz Beckenbauer hat Bundestrainer Joachim Löw für die Ausbootung des Weltmeister-Trios Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng aus der Nationalmannschaft kritisiert.

Franz Beckenbauer: "Hätte es menschlicher gemacht"

"Das sind drei äusserst verdiente Spieler, vielleicht hätte man da einen anderen Weg finden können", sagte der Weltmeister-Teamchef von 1990 in der "Bild am Sonntag": "Ich hätte es wohl anders gemacht, menschlicher!"

Für Beckenbauer wäre "ein Abschiedsspiel der richtige Rahmen" gewesen.
"Aber ihnen einfach zu sagen, sie kommen nicht mehr dran, das ist ein bisschen fragwürdig", sagte der 73-Jährige: "Diese Endgültigkeit ist es, warum die Spieler wahrscheinlich enttäuscht sind."

Bayern-Trio dankt Niko Kovac dessen Treue

Gegen den VfL Wolfsburg durften alle drei beginnen: Bayern-Trainer Niko Kovac gab Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller in einem wegweisenden Spiel die Gelegenheit, ihren Frust in Energie umzuwandeln. Das gelang.
"Die Art und Weise, wie sie es umgesetzt haben in positive Energie, das spricht für sie als Spieler, Menschen und Charaktere", lobte Kovac.

Sportdirektor Hasan Salihamidzic stimmte in den Lobgesang ein: "Sie haben eine gute, richtige Antwort auf dem Platz gegeben. Das sind Profis, die damit umgehen können, aber denen das schon weh tut, klar."
Umso wichtiger ist nunmehr die Konzentration auf die Saisonziele mit dem FC Bayern: "Wir haben mehrere Gespräche geführt, das sind gute Jungs. Wir wissen, was sie können und das haben sie heute eindrucksvoll gezeigt", schloss "Brazzo".

Thomas Müller glänzt mit Tor und Assist

Thomas Müller, WM-Torschützenkönig von 2010, glückte neben dem sehenswerten Tor zum zwischenzeitlichen 4:0 ein überlegter Assist für Nationalspieler Serge Gnabry beim ersten Bayern-Treffer.

Den fünften steuerte per Kopf Joshua Kimmich bei, mit 24 Jahren schon eine der Stützen im DFB-Team, die Joachim Löw seit 2016 aufgebaut hat.

Nichtdestotrotz stört auch den früheren Leipziger, wie der Bundestrainer seine Kollegen aus den Reihen des viermaligen Weltmeisters verabschiedet hat: "Keiner von ihnen ist zu alt, um Nationalmannschaft zu spielen. Sie hätten einen anderen Abgang verdient gehabt."

Kimmich: "Kenne Nationalelf nur mit Hummels, Boateng und Müller"

"Ich kenne die Nationalmannschaft aus meiner Jugend nur mit den drei, sie haben das Team die letzten zehn Jahre geprägt, uns zum Weltmeister gemacht. Ich verstehe absolut, dass die Jungs enttäuscht sind", fuhr Kimmich fort.

Leon Goretzka, genau zwei Tage älter als Kimmich und ebenfalls eine der Zukunftshoffnungen beim FC Bayern und im DFB-Team, ergänzte: "Man kann mit Sicherheit über die Art und Weise streiten. Ich verspüre als Deutscher, nicht nur als Fussballer, unheimliche Dankbarkeit den drei gegenüber. Sie haben uns unheimlich schöne Stunden beschert. Wenn ich an den WM-Titel denke, bekomme ich heute noch Gänsehaut. Das sind drei grosse Persönlichkeiten, es entsteht eine Lücke, die gestopft werden möchte."

Manuel Neuer stützt Jogi Löws Autorität als Bundestrainer

Über eine möglicherweise bevorstehende Ablösung Manuel Neuers im Tor der Nationalmannschaft durch den jüngeren und formstärkeren Marc-André ter Stegen wurde in Kreisen von Fans und Journalisten schon vor dem Hummels-Boateng-Müller-"Beben" diskutiert.

Nationalmannschafts-Kapitän Neuer aber äusserte sich nach dem lockeren Heimsieg über Wolfsburg nur zur Verabschiedung seiner drei Mitspieler: "Ein Trainer ist dazu da, Entscheidungen zu treffen. Das muss man so hinnehmen. Der Trainer ist dafür verantwortlich, welche Spieler zur Nationalmannschaft berufen werden."

Löw, der Neuer wiederholt eine Einsatzgarantie einschliesslich der EM-Endrunde 2020 gab, ist jedoch - siehe Hummels, Boateng und Müller, für Überraschungen gut.
"In der Woche hat nicht unbedingt jemand damit gerechnet, dass es passiert, dementsprechend waren die Spieler enttäuscht, das kann ich verstehen", sagte Neuer.

Uli Hoeness bereitet seine Attacke auf Löw noch vor

Auch Bayern-Boss Uli Hoeness vollzieht die Enttäuschung der Betroffenen nach, erlegte sich aber selbst noch einen Maulkorb auf.

Zu wichtig ist es, vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen den FC Liverpool am kommenden Mittwoch keine zusätzliche Unruhe zu stiften. Aber dann ende seitens der personifizierten "Abteilung Attacke" des Rekordmeisters die Schonfrist für Löw.

"Ich werde mich nach dem Liverpool-Spiel mal äussern", kündigte Hoeness für diesen Zeitpunkt Klartext an. "Ich möchte die Ruhe, die wir uns erarbeitet haben, bis nach dem Spiel erhalten. Und dann sehen wir weiter." (mit Material von AFP)

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