Das Debüt von Julian Nagelsmann mit der DFB-Auswahl steht unter keinem guten Stern. An der USA-Reise gibt es massive Kritik.

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Seinen "skeptischen" Chef Rudi Völler hat Julian Nagelsmann vor der umstrittenen Reise über den grossen Teich längst auf Linie gebracht. "Bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Käsekuchen" in München "hat er mir seine Pläne erläutert", sagte der DFB-Sportdirektor vor dem Start des anstrengenden USA-Abenteuers der deutschen Nationalmannschaft. Und? "Wir sind ja alle ein bisschen Bundestrainer", meinte Ex-Teamchef Völler - der echte, also Nagelsmann, habe ihn aber von seinen Ideen für das knifflige Debüt überzeugt, "der Kader ist gut". Und die Reise auch.

Doch während Völler von Rückkehrer Mats Hummels schwärmte ("absoluter Führungsspieler") und Nagelsmann im noblen Frankfurter Flughafenhotel ungeduldig auf seinen Einstand hinfieberte, hagelte es aus der Bundesliga massive Kritik am Testspieltrip. "Ich weiss nicht, ob mir das jemand erklären kann", schimpfte Bayern-Trainer Thomas Tuchel, Uli Hoeness meinte: "So versteht das doch keiner."

"Können sie auch auf Google Maps schauen"

Um sich beim Co-Gastgeber der WM 2026 umzusehen, ätzte er, "können sie auch auf Google Maps schauen". Und Lothar Matthäus fragte: "Was wollen wir denn in den USA zu diesem Zeitpunkt?" Acht Monate vor der Heim-EM gelte es doch, zu Hause für Euphorie zu sorgen. "Mit Blick auf die Gesundheit der Spieler" sei der Trip "ebenso fraglich".

Zwei Langstreckenflüge, sechs Stunden Zeitunterschied - und die Rückkehr teilweise keine 40 Stunden vor dem nächsten Bundesliga-Spiel wie für Hummels' Dortmunder: Das könne "keinem Trainer und keinem Verantwortlichen" gefallen, polterte Tuchel. Immerhin: Die Kritik aus Dortmund ist weitgehend verstummt.

Als BVB-Boss habe er eigentlich "den grössten Grund dafür", die Reise abzulehnen, sagte Hans-Joachim Watzke. Doch es gebe nunmal höhere Zwänge. Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) will sich auf dem finanziell lukrativen US-Markt zeigen. Ausserdem ist eine vergleichbare Reise zu einem späteren Zeitpunkt wegen der Verpflichtungen in Nations League und WM-Qualifikation unmöglich.

Und die Spieler, meinte Watzke, hätten "Bock drauf". Wobei: Niklas Süle, angestellt bei Watzkes Borussia, nannte den Ausflug mit den Länderspielen gegen den Gastgeber in Hartford am 14. Oktober (21.00 Uhr MESZ/RTL) und Mexiko in Philadelphia am 18. (2.00 Uhr MESZ) "nicht ganz so gut gewählt". Nagelsmanns Debüt steht unter keinem guten Stern, obwohl Völler versicherte: "Die Jungs können das ab!"

Nagelsmanns USA-Reise: Training auf Gelände der New England Patriots

Ab Dienstag wird in Foxborough auf dem Gelände der New England Patriots und New England Revolution trainiert, insgesamt hat Nagelsmann nur fünf Einheiten, um den Stars seine Spielidee zu vermitteln. Einfachheit sei "ein wichtiger Punkt. Es geht darum, den Spielern Halt zu geben an Dinge, die leicht umzusetzen sind".

Trotz der Widrigkeiten forderte der neue Bundestrainer vor dem Abflug am Montag nach Boston "Spass, Lust und Gier" - auch und gerade von den Neulingen Kevin Behrens, Robert Andrich und Chris Führich. Um die Belastung zu steuern, hat er einen grösseren Kader mit 26 Spielern berufen, zu denen erstmals seit der EM 2021 auch Hummels wieder gehört.

Der 34-Jährige brennt auf sein Comeback. "Ich liebe es, für mein Land zu spielen, das ist die grösste Ehre im Fussball", sagte er. Das DFB-Team, bei den jüngsten drei Turnieren schmählich früh gescheitert, habe "das Potenzial", wieder zu den Besten zu gehören. Das hat Kuchenfreund Nagelsmann auch Völler versichert. (SID/pak)


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