In Manuel Neuer hat Deutschland den wahrscheinlich besten Torhüter der Welt. Die Suche nach der perfekten Nummer 2 gestaltet sich allerdings schwierig. Marc-André ter Stegen und Bernd Leno entwickeln sich im DFB-Team zu einem Sicherheitsrisiko.

Mehr News zum Thema Fussball

Es ist offenbar sein Schicksal, im Trikot der deutschen Nationalmannschaft immer wieder eine schlechte Figur abzugeben.

Marc-André ter Stegen flutschte beim Gegentreffer gegen Kamerun der Ball durch die Hände. Wütend schlug der 25-Jährige daraufhin gegen den Pfosten. Auch wenn der Ball minimal abgefälscht und somit schwer zu halten war, passte die unglückliche Szene in die Länderspiel-Karriere von ter Stegen.

Bereits sein Debüt für die DFB-Auswahl hätte nicht unglücklicher verlaufen können. Fünf Gegentreffer kassierte er im Mai 2012 gegen die Schweiz. Zwei davon gingen grösstenteils auf sein Konto. Die Misere setzte sich über die insgesamt zwölf Länderspiele fort. Im Jahre 2013 unterlief ihm im Spiel gegen die USA ein kurioses Eigentor. Im vergangenen Jahr rutschte ihm gegen die Slowakei der Ball durch die Hände.

Joachim Löw schützt seinen Torhüter

"So etwas kann schon einmal passieren", sagt der Bundestrainer Joachim Löw meist, um seinen Schlussmann zu schützen. Dass es auch in einigen anderen Spielen manche Unsicherheiten bei ter Stegen gab, vergisst er dabei gerne. Löw schenkt seinem Torwart beim Confed Cup das Vertrauen. "Wir haben uns für dieses Turnier entschieden, mit Marc die anderen beiden Spiele zu machen", sagte er beim ZDF.

Für diese Entscheidung gibt es nachvollziehbare Gründe. Ter Stegen zählt grundsätzlich zu den besten Torhütern der Welt. Er glänzt mit starken Reflexen auf der Linie, pflegt ein aggressives Spiel bei hohen Bällen und ist auch fussballerisch gut. Er postiert sich weit vor dem Tor, um als Anspielstation zu dienen. Seine Passsicherheit ist überragend.

Doch was nützen all diese Stärken, wenn ihm regelmässige kapitale Böcke unterlaufen? Auch beim FC Barcelona gab es bereits Kritik. Im Oktober verschuldete er gegen Celta Vigo das entscheidende Gegentor, als er seinen Gegenspieler anschoss und der Ball im Tor landete. "Ter Stegen ist nicht halb so gut, wie die Leute glauben", sagte der spanische TV-Experte Michael Robinson.

Der FC Barcelona setzte dennoch weiter auf den Deutschen, weil er grundsätzlich eben ein starker Torwart ist.

Gut möglich, dass Löw auch über den Confed Cup hinaus ter Stegen vertraut. Die Alternativen drängen sich nicht gerade auf. Bernd Leno bekam beim Auftaktspiel gegen Australien seine Gelegenheit und gab dabei eine ganz schlechte Figur ab. Vor dem zweiten Gegentreffer schien er den Ball bereits sicher zu haben, liess ihn dann aber fallen und leitete somit das 2:3 ein. Auch das erste Gegentor wäre vermeidbar gewesen. "Trotz allem ist er ein sehr guter Torwart", sagte Löw.

Könnte Timo Horn das Problem lösen?

Der Bundestrainer lässt keine Kritik gegen seine Torhüter aufkommen. Allzu viele Kandidaten gibt es nämlich nicht. Kevin Trapp hielt bei seinem Länderspiel-Debüt gegen Dänemark zwar ordentlich, soll beim Confed Cup aber keinen Einsatz erhalten. Allzu gross scheint das Vertrauen in den Torhüter von Paris Saint-Germain also nicht zu sein.

Ron-Robert Zieler, der bei der Weltmeisterschaft 2014 noch als dritter Torhüter dabei war, ist beim englischen Erstligisten Leicester City lediglich Torwart Nummer 2 und somit kaum ein Thema für die Nationalmannschaft.

Möglicherweise stösst Köln-Torhüter Timo Horn noch in den Kreis der Nationalmannschafts-Kandidaten vor. Mit seinen starken Paraden hat er grossen Anteil daran, dass der 1. FC Köln kommende Saison international spielt. Bei einer Umfrage unter den Bundesligaprofis, durchgeführt vom "Kicker", wurde Horn zum zweitbesten Torhüter hinter Manuel Neuer gewählt.

Neben ihm wären Oliver Baumann von der TSG Hoffenheim und Ralf Fährmann vom FC Schalke 04 mögliche Anwärter auf ein Länderspiel-Debüt.

Die WM kommt näher - Löw mag Rotationen nicht

Allzu viele Rotationen dürfte Löw im Jahr vor der Weltmeisterschaft allerdings nicht mehr vornehmen. Der Bundestrainer setzte gerne auf etablierte Kräfte – ob nun bei den Feldspielern oder im Tor. Somit dürften ter Stegen und Leno trotz ihrer durchwachsenen Performance beste Chancen haben, bei der WM 2018 die Stellvertreter von Neuer zu sein.

Umso wichtiger, dass sich die Leistungen der beiden Torhüter stabilisiert. Ansonsten droht ihnen (wenn nicht bereits vorhanden) ein echtes Kopfproblem. Die Angst davor, schon wieder einen Fehler zu machen, ist für Torhüter wahrscheinlich die Fehlerquelle Nummer 1.

Übrigens: Auch Manuel Neuer war in den Anfangsjahren seiner Karriere für einige Patzer gut. Seine Fehleranfälligkeit war einer der Gründe dafür, dass er zu Beginn seiner Länderspielkarriere die Nummer 2 hinter Rene Adler war. Heute ist er vierfacher Welttorhüter.

Diese Geschichte könnte ter Stegen und Leno Mut machen.


JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.