Melanie Behringer musste 2019 ihre Karriere beim FC Bayern München verletzungsbedingt beenden, nun lief die Olympia-Siegerin, Welt- und Europameisterin bei der DAZN Infinity League wieder im roten Trikot auf. Im Interview spricht Behringer über die Aussichten des DFB-Teams bei den Olympischen Spielen und die Lage des deutschen Frauenfussballs.

Ein Interview

Frau Behringer, vor fünf Jahren mussten Sie Ihre Karriere wegen einer Knieverletzung beenden. Jetzt haben Sie bei der DAZN Infinity League als Torschützin und Vorlagengeberin geglänzt. Geht es Ihrem Knie wieder gut?

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Melanie Behringer: Richtig gut geht es dem Knie nicht. Ich muss schon aufpassen, ich könnte nicht jeden Tag Fussball spielen. Zu intensiv darf es nicht werden. Aber bis jetzt hält es sehr gut.

Wie ist es für Sie, bei dem Turnier viele Bekannte und Stars wiederzutreffen?

Es ist schön, vor allem ehemalige Mitspielerinnen wie Leonie Maier, Gina Lewandowski oder Nicole Rolser wiederzusehen. Dazu hatte ich zuletzt eher weniger Gelegenheit. Das war schön, mit ihnen wieder zusammenzuspielen.

Sie sind aktuell die Cheftrainerin der deutschen U16-Nationalmannschaft. Wie ist es bestellt um den Nachwuchs im deutschen Frauenfussball?

Ich glaube ganz gut. Wir haben einen guten Jahrgang, die Spielerinnen sind sehr motiviert. Es ist das Schöne bei den Mädels, dass sie nahezu alles umsetzen, was man ihnen sagt. Mir macht das riesigen Spass.

Sie haben bei den Olympischen Spielen 2016 mit dem DFB-Team die Goldmedaille gewonnen und das Turnier als Highlight Ihrer Karriere bezeichnet. Wie sind die Erinnerungen daran?

Die Erinnerungen sind durchweg positiv, es war für mich mit das schönste Turnier. Ich habe jedes Spiel auf meiner Lieblingsposition im Mittelfeld gemacht und bin Torschützenkönigin geworden. Danach habe ich meine Karriere in der Nationalmannschaft als Olympiasiegerin beendet. Einen schöneren Abschluss hätte ich nicht bekommen können. Das werde ich nie vergessen.

Sie haben zuvor schon bei den Olympischen Spielen 2008 eine Bronzemedaille gewonnen. Wo bewahren Sie die Medaillen auf?

Die beiden Medaillen habe ich mir eingerahmt.

"Man darf die Mannschaft nicht unterschätzen. Ich traue ihr zu, dass sie weit kommen wird."

Melanie Behringer

In diesem Sommer tritt das DFB-Team bei den Olympischen Spielen in Paris an. Was ist bei dem Turnier für die Mannschaft von Trainer Horst Hrubesch möglich?

Man darf die Mannschaft nicht unterschätzen. Ich traue ihr zu, dass sie weit kommen wird. Olympische Spiele sind nur alle vier Jahre, das ist für viele Spielerinnen und Spieler eine einmalige Sache. Man muss sich für das Turnier auch erstmal qualifizieren. Deshalb glaube ich, dass die Mädels bei dem Turnier über sich hinauswachsen und vorne mitspielen können.

Haben Sie als U16-Trainerin Kontakt mit Hrubesch?

Wir kennen uns von Trainertagungen. Aber wir haben ja noch die wirklich jungen Mädels, der Austausch mit dem Bundestrainer findet eher im U19 oder U20-Bereich statt. Und er hat im Moment sicherlich auch genug zu tun.

Nach den Olympischen Spielen wird Christian Wück die Nachfolge von Horst Hrubesch antreten. Wück hat zuletzt ebenfalls sehr erfolgreich im männlichen Junioren-Bereich des DFB gearbeitet. Wie schätzen Sie ihn ein?

Ich glaube, dass er eine gute Wahl ist. Er war sehr erfolgreich mit der U17 der Jungs, ist Europa- und Weltmeister geworden. Ich kann mir gut vorstellen, dass er bei den Mädels viel herausholen kann.

Das Jahr 2023 war kein gutes für den deutschen Frauenfussball. Die Nationalmannschaft ist bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland nach der Vorrunde ausgeschieden, in der Champions League hat es kein Team aus der Bundesliga über die Gruppenphase geschafft. Wo steht der deutsche Frauenfussball derzeit?

Ich denke, dass das teilweise zu negativ dargestellt wird. Der FC Bayern München und der VfL Wolfsburg haben wirklich gute Mannschaften. Für beide Vereine ist es in den Spielen, in denen es ums Weiterkommen ging, nicht optimal gelaufen. Aber ich bin überzeugt, dass sie in der Champions League richtig weit kommen können. Allerdings muss ich auch sagen, dass der FC Barcelona derzeit wirklich das Nonplusultra im Frauenfussball ist. Das muss man Barcelona klar zugestehen.

Sehen Sie Ihren alten Verein FC Bayern auf dem Weg dahin?

So wie Sie sich derzeit verstärken, kann ich mir vorstellen, dass es in diese Richtung geht. Aber das braucht natürlich Zeit, das geht nicht von jetzt auf gleich. Wolfsburg wird ein harter Konkurrent in der Bundesliga bleiben. Auch Eintracht Frankfurt wird oben angreifen. Dazu kommt Hoffenheim, vielleicht wird zusätzlich die eine oder andere Mannschaft mal oben anklopfen. Ich glaube aber nicht, dass Bayern in der nächsten Saison wieder so viel Vorsprung haben wird wie diesmal, aber ich lasse mich gerne überraschen.

Tom Wörle, Ihr langjähriger Trainer bei den Bayern-Frauen, arbeitet mittlerweile sehr erfolgreich im Männer-Bereich und ist mit dem SSV Ulm von der Regionalliga in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Sind Sie noch in Kontakt?

Ja, wir schreiben uns immer mal wieder. Ich habe mich riesig gefreut, dass er das so gepackt hat.

Ist es auch Ihr Ziel, irgendwann im Erwachsenenbereich als Trainerin anzukommen?

Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Frauen-Bundesliga oder Nationalmannschaft, da wäre ich für beides offen. Ich sehe mich im Frauen-Bereich, da gibt es noch viel Bedarf. Aber man soll niemals nie sagen.

Über die Gesprächspartnerin

  • Melanie Behringer spielte zwischen 2003 in der Bundesliga für den SC Freiburg, den 1. FFC Frankfurt und den FC Bayern München. Mit den Bayern-Frauen wurde sie zweimal Deutscher Meister, mit Frankfurt gewann die heute 38-Jährige zweimal den DFB-Pokal. Im Nationaltrikot wurde die Cheftrainerin der U16-Nationalmannschaft Olympiasiegerin, Weltmeisterin und zweimal Europameisterin.
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