Mario Götze ist zurück in der Nationalmannschaft. Nach fast genau einem Jahr Abstinenz gehört der Dortmunder in den Testspielen gegen England und Frankreich wieder zum Team. Das DFB-Comeback ist ein weiterer Schritt der Rehabilitation - mehr aber nicht. Götze bleibt nicht viel Zeit, um sich wieder als Dauerlösung zu empfehlen.

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Dass Joachim Löw ein Trainer ist, der verdiente Spieler in Krisenzeiten nicht fallen lässt, hat er am Beispiel Lukas Podolski häufig genug bewiesen.

Durch die Wiederberufung von WM-Held Mario Götze zeigt er nun erneut, dass er grosse Taten seiner Spieler nicht vergisst.

"Mario kann den Unterschied ausmachen. Er hat die Gabe, auf allerhöchstem Niveau zu treffen. Das kann nicht jeder. Deshalb halte ich zu ihm." Mit dieser Aussage, die auf das Siegtor gegen Argentinien im WM-Finale anspielt, begründet Löw die Rückholaktion des Dortmunders.

Ein Jahr Pause

Gut ein Jahr war Götze nicht mehr im DFB-Team zugegen. Erst das sportliche Formtief, dann setzte ihn eine Stoffwechselerkrankung mehr als ein halbes Jahr ausser Gefecht. In welchem Zustand er zurückkommen würde, war nicht klar.

Mit Beginn der aktuellen Spielzeit kämpfte sich der gebürtige Memminger aber zurück.

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Beim BVB ist er wieder Stammspieler und Leistungsträger. Bald auch wieder im Nationalteam?

Sein Trainer, Peter Bosz, gehörte zu den ersten Gratulanten zum Comeback, auch wenn es bedeutet, dass Götze ihm in der aktuellen Länderspielpause im Training fehlt: "Mario hat es verdient, er hat hart gearbeitet. Ich freue mich für ihn."

Argumente sammeln

Götze selbst ist ebenfalls überglücklich. Er spüre "eine grosse Freude", fühle sich "sehr, sehr gut und bei hundert Prozent". Allerdings hat der Mittelfeldstar nicht viel Zeit, sich zu freuen.

Im Hinblick auf das anstehende WM-Turnier in Russland muss er mit Leistung überzeugen. Ab sofort.

Während seiner Abwesenheit haben sich neue, junge Spieler aufgedrängt. Der Gewinn des Confed Cups im Sommer mit einer sogenannten "B-Elf" zeigt: Der Konkurrenzkampf in der Nationalmannschaft ist so gross wie nie - und Götze hat im vergangenen Jahr keine Argumente sammeln können.

Die sich bietenden Chancen bei den zwei letzten Länderspielen des Jahres muss er daher dringend nutzen. Auf welcher Position auch immer.

Keine "falsche Neun" mehr

Im Verein bekleidet Götze eine der beiden Achterpositionen im Dreiermittelfeld. Anders als in früheren Jahren, als er in seiner ersten Dortmunder Zeit vor allem über die Flügel wirbelte, ist er nun Mittelfeldchef, glänzt durch Spielübersicht und sicheres Passspiel. Eigenschaften, die ihn auch in der Nationalmannschaft wieder Fuss fassen lassen könnten.

Dort setzt Löw auf Altbewährtes. Im 4-2-3-1-System des Bundestrainers besetzte Götze in der Vergangenheit oftmals den Part der "falschen Neun" - also den des Stürmers. Eine Art Projekt des Bundestrainers, von dem er mittlerweile abgesehen hat.

Timo Werner, Sandro Wagner und auch Mario Gomez haben sich in der Sturmspitze bewehrt, Götze wird sich seinen Platz, wie auch im Verein, im Mittelfeld suchen müssen. Und dort ist die Konkurrenzsituation besonders gross.

Noch lange nicht in Russland

"Ich habe schon einige Positionen gespielt. Meine Lieblingsposition ist im Zentrum. Egal ob auf der Acht oder der Zehn. Da fühle ich mich wohl", sagt Götze im Wissen, dass er mit einer ganzen Armada an Top-Spielern um Einsatzzeit wird kämpfen müssen.

Aufgrund seiner unbestrittenen fussballerischen Fähigkeiten, die er auch in dieser Saison schon gezeigt hat, ist ihm das zuzutrauen.

Im Mittelfeld dürfte derzeit lediglich Toni Kroos von Real Madrid gesetzt sein. Zusammen mit Götze kämpfen Sami Khedira, Sebastian Rudy, Emre Can, Julian Weigl, Leon Goretzka und der ebenfalls nach langer Pause zurückgekehrte Ilkay Gündogan um die Gunst des Trainers.

Eine Reihe weiter vorne müsste sich Götze mit Thomas Müller, Julian Draxler, Mesut Özil, Lars Stindl, Julian Brandt und Shootingstar Leroy Sané sowie dem derzeit verletzten Marco Reus auseinandersetzen.

Das Ticket für Russland hat er angesichts dieser Namen noch lange nicht sicher.

Hohes Standing beim DFB

Für Götze spricht neben seiner sportlichen Auferstehung vor allem seine Vergangenheit.

Trotz seines noch relativ jungen Alters (25) gehört er mit 62 Länderspielen (17 Tore) zu den erfahreneren Spielern beim Weltmeister.

Zwar blieb er mit dem Adler auf der Brust auch oft unter seinen Möglichkeiten, seine Erfahrung verschafft ihm dennoch einen direkten Vorteil gegenüber der jungen Konkurrenz.

Er habe eben "schon bewiesen, welcher Gewinn er für jede Mannschaft sein kann, wenn er fit ist", versichert Löw. Und auch Teammanager Oliver Bierhoff freut sich über das Comeback des 25-Jährigen: "Wie bei vielen Spielern, die längere Zeit verletzt waren, kommt er mit grosser Liebe zum Fussball zurück. Er wirkt befreit, ich spüre eine grosse Lust bei ihm, einfach zu spielen."

Dass der WM-Held von 2014 gegen England und/oder Frankreich Spielminuten bekommen wird, gilt als wahrscheinlich.

Ob er diese auch nutzen kann, um Löw davon zu überzeugen, wieder dauerhaft auf ihn zu setzen, liegt allein an den Leistungen auf dem Platz.

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