Der Nationalmannschaftskader von Hansi Flick ist reich an Überraschungen. Eine der grössten davon ist Kevin Schade. Wer ist der 21-jährige Neuling im DFB-Team, der wegen fehlender Spielzeiten beim SC Freiburg erst im Winter zum FC Brentford in die Premier League wechselte?
25 Millionen Euro sind in der Premier League eben doch noch eine hohe Summe. Zumindest für den FC Brentford aus dem Westen Londons, der mit diesem Betrag im Sommer höchstwahrscheinlich seine Rekordablösesumme brechen wird - für den frisch nominierten Nationalspieler
Schade ist eine der grössten Überraschungen im Kader von Bundestrainer
Schade konnte sich in Freiburg nicht durchsetzen
Während sich noch jüngere Nationalspieler wie Moukoko, Wirtz oder Musiala im internationalen Fussball längst einen Namen gemacht haben, lief Schade auch nach seiner ersten Bundesligasaison 2021/22 noch eher unter dem Radar. Nur 29 Spiele absolvierte der 21-Jährige in eineinhalb Saisons für die erste Mannschaft des SC Freiburg. In der Startelf der Breisgauer etablierte er sich dabei aber nie. Auch deshalb zog es Schade schon im Januar nach Brentford.
Es ist nicht der erste Neustart, den Schade damit in seiner Karriere wagt: Zwar gelang ihm der Durchbruch in der Bundesliga beim SCF, seine fussballerische Ausbildung erhielt er aber zum Grossteil im Osten Deutschlands. Die ersten Jahre seiner Karriere spielte er beim Potsdamer Stadtteilklub SV Babelsberg, danach vier Jahre in der Jugend von Energie Cottbus. Erst in der U19 wechselte Schade schliesslich zum SC Freiburg und spielte sich dort über die zweite Mannschaft in den Kader von Trainer
Dass er dort viele Erfolge feierte, mit dem SCF ins DFB-Pokalfinale einzog und nach der Qualifikation für die Europa League 2021/22 auch die Gruppenphase im Europapokal souverän überstand, ordnet Schade mittlerweile sogar als Nachteil ein. "Für mich persönlich war es nicht gut, auch nach der Verletzung, weil wir in den englischen Wochen wenig trainiert haben. Ich habe weniger gespielt, manchmal gar nicht. Die erste Elf hat sehr gut funktioniert, da war es schwer für mich. Ich bin aber jung, ich brauche Spiel- und Trainingszeit. Das war der ausschlaggebende Punkt", erklärte er dem "Kicker".
Fester Wechsel nach Brentford soll bereits feststehen
Besser passte Kevin Schade deshalb der frühzeitige Wechsel in die Premier League. "Es geht alles schneller, es wird direkter in die Spitze gespielt, weniger Fokus auf Ballbesitz gelegt, Power und Wucht spielen eine grosse Rolle. Bei Freiburg ist es kontrollierter", erklärte er seinen Wechsel. Auch wenn es bis zum Sommer offiziell nur eine Leihe ist, soll der feste Transfer schon sicher sein.
Allein schon, dass der Premier-League-Klub dann seine Rekordablösesumme für ihn brechen möchte, darf Schade dabei durchaus als Auszeichnung sehen. Bekannt ist der Verein, der 2021 in die höchste englische Liga aufstieg, nämlich für seine ungewöhnliche Transferstrategie, die auf unentdeckte, günstige Talente und die Macht der Zahlen setzt. Nach dem sogenannten "Moneyball"-Prinzip verpflichtet Brentford bevorzugt Spieler, die in kleineren Ligen spielen oder keine Stammspieler sind, aber auf der Basis von Daten und Statistiken überdurchschnittlich gut abschneiden. Auch Schades deutscher Teamkollege Vitaly Janelt, der 2020 für nur 600.000 Euro vom damaligen Zweitligisten VfL Bochum nach Brentford wechselte und mittlerweile zu den Schlüsselspielern des Vereins gehört, steht für diese Transferpolitik.
Schade war 2021/22 drittschnellster Spieler der Bundesliga
Besonders eine Statistik von Schade dürfte bei den Verantwortlichen des Londoner Klubs besonders Eindruck hinterlassen haben: Sein Antritt und seine Schnelligkeit gehörten schon in seiner Debütsaison 2021/22 zum Besten, was die Bundesliga zu bieten hatte. Nur der Mainzer Jeremiah St. Juste und Union Berlins Sheraldo Becker erreichten in der vergangenen Spielzeit höhere Spitzengeschwindigkeiten als Schade.
Darüber hinaus zeichnet den Flügelspieler aus, dass er flexibel einsetzbar ist und sowohl über den rechten als auch über den linken Flügel für Torgefahr sorgen kann. Wenn er im Verein oder in der U21-Nationalmannschaft dort gebraucht wurde, half der 1,84 Meter grosse Offensivspieler sogar in der Sturmspitze aus. "Er ist schnell, kopfballstark und hat eine enorme Sprungkraft", schwärmte auch sein Ex-Trainer Streich über Schade.
Auch bei Brentford bislang nur ein Startelfeinsatz
Bei Brentford hat Schade die Erwartungen seit seinem Wechsel durchaus erfüllt. "Wir sind sehr froh, dass wir Kevin verpflichten konnten. Er ist ein sehr interessantes Talent", lobte ihn sein neuer Trainer Thomas Frank erst kürzlich. Und trotzdem: Bisher konnte er auch hier in acht Spielen bislang nur einen Einsatz von Anfang an für sich verbuchen. Auch das zeigt: Bevor sich Schade langfristig im Kreis der Nationalspieler etablieren kann, hat er noch einen langen Weg vor sich.
Viel mehr stehen er und andere Neulinge in der DFB-Elf für die Strategie, die U21-Nationalmannschaft enger mit dem A-Nationalteam zu verzahnen und den Weg von den Nachwuchsteams in die erste Elf zu erleichtern. "Wir wollen den Kader in der Breite aufstellen, wir haben den Weg gewählt, zu schauen, wer das Potenzial hat, nächstes Jahr bei der Europameisterschaft dabei zu sein", so Bundestrainer Flick, der die U21 und die Nationalmannschaft sogar schon zusammen trainieren liess. Schade und seine Debütantenkollegen sind deshalb vor allem ein Versprechen für die Zukunft - ob für die Heim-EM im nächsten Jahr oder doch nur für die U21-Europameisterschaft im Sommer, bleibt abzuwarten.
Verwendete Quellen:
- DPA
- SID
- Kicker: Schade: Ein Debüt mit Perspektive
- Kicker: Schade einer von Flicks Kandidaten
- Kicker: Frank lobt Schade: "Der Überlick war Top-Klasse"
- Sky Sport: Die schnellsten Spieler der Saison 2021/22
- Ran: So wichtig ist die U21 für die deutsche Nationalmannschaft
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