Den Sieg hat Deutschland beim Nations-League-Duell mit der Schweiz zwar verpasst, aber für ein Torfestival gesorgt. Die Schweizer lagen dabei sogar zweimal in Führung.

Mehr Fussballthemen finden Sie hier

Mit einem Handkuss für seine Familie auf der Tribüne trabte Toni Kroos enttäuscht vom Rasen. Sein Jubiläum hatte sich der 30-Jährige sicher anders vorgestellt - mit dem 3:3 (1:2) in Köln gegen die Schweiz erlitt die deutsche Nationalmannschaft am Dienstag den nächsten Rückschlag in der Nations League. Die personellen und taktischen Umstellungen von Joachim Löw griffen in Kroos' 100. Länderspiel nicht. Kai Havertz und Serge Gnabry retteten dem Löw-Team im Geisterspiel nach einem 0:2-Fehlstart zumindest noch das Remis. Der Bundestrainer wird in den drei ausstehenden Spielen des Jahres unter noch grösserer öffentlicher Beobachtung stehen.

Kroos: Es müsse der Anspruch sein, solche Spiele zu gewinnen

"Es war wahnsinnig intensiv, beide Mannschaften haben viel riskiert im Spiel nach vorne", sagte Löw in der ARD. "Wir haben aber auch viele Fehler gemacht." Er habe eine "sehr, sehr gute Moral" gesehen, "dass wir immer wieder Rückstände egalisiert haben". Kroos sagte, er sei mit dem Punkt "nicht zufrieden". Es müsse der Anspruch sein, solche Spiele zu gewinnen.

Durch die 0:1-Niederlage der Spanier parallel in der Ukraine hat Deutschland als Tabellenzweiter allerdings weiter alle Chancen auf den Gruppensieg. "Wir geben natürlich nicht auf", sagte Kapitän Manuel Neuer. Die DFB-Auswahl tritt am 17. November in Spanien an.

Mario Gavranovic (5. und 57. Minute) und Remo Freuler (26.) trafen, nach einem fatalen Fehlpass von Kroos, für die robusten Schweizer. Fabian Schär sah Gelb-Rot (90.+3). Timo Werner verkürzte noch vor der Pause (28.), dann trafen Havertz (55.) und Gnabry (60.), der Bayern-Profi frech mit der Hacke. Wie vor knapp einer Woche gegen die Türkei reichten aber drei Tore nicht zum Sieg. "Wir haben gute Moral bewiesen, das war ein schweres Spiel für uns", sagte Havertz. Das Team müsse aber "erwachsener verteidigen".

"Nicht für die Kritiker", sondern für sich selbst sollte die DFB-Auswahl überzeugen, hatte Löw vor dem Anpfiff gesagt. Nach den wenig gelungen Auftritten zuletzt spielte statt einer Dreier- wieder eine Viererkette. Infolge der wieder folgenschweren Fehler in der Abwehr schaute der Bundestrainer zwischenzeitlich aber konsterniert ins fast leere Kölner Stadion. Nach nur knapp vier Minuten tauchte der frühere Bayern-Profi Xherdan Shaqiri erstmals frei vor Manuel Neuer auf. Der Triple-Torhüter konnte zunächst stark klären, im Anschluss an die folgende Ecke stand die DFB-Abwehr aber wieder so unsortiert, dass Gavranovic ohne Mühe zur Schweizer Führung köpfte.

Schwerer Patzer von Neuer

Löw hatte im Vergleich zum 2:1 in der Ukraine am Samstag Robin Gosens, Werner und Havertz in die Startformation beordert. Die Offensivspieler rochierten viel, vor allem Torschütze Havertz sorgte mit gelungenen Aktionen für Bewegung. In der Abwehr hatte das Löw-Team früh Riesenglück, dass ein schwerer Patzer von Neuer nicht sofort zum zweiten Gegentor führte. Der Kapitän spielte einen Pass genau auf Haris Seferovic, der den Ball aber nicht perfekt weiterleiten konnte (15.).

Löws Taktik mit einem zusätzlichen Offensivspieler ging in der ersten Halbzeit gegen extrem aggressiv anlaufende Schweizer kaum auf. Kimmich, der sein 50. Länderspiel absolvierte, versuchte es aus der Distanz (22.), Werner scheiterte zunächst am Schweizer Torhüter Yann Sommer (25.). Der Fehlpass von Kroos leitete den nächsten Schweizer Konter ein, den Freuler mit einem überlegten Lupfer über Neuer zum 2:0 der Gäste abschloss.

Die DFB-Elf hatte zwar Mühe, die wenigen Räume in der dichten, Bundesliga-erprobten Abwehr der Schweizer zu finden. Dann aber eroberte der starke Havertz den Ball und leitete direkt an Werner weiter, der die deutsche Mannschaft mit einem präzisen Schuss ins lange Eck im Spiel hielt. Es war das 13. DFB-Tor des Chelsea-Stürmers, das elfte in Pflichtspielen. "Das war jetzt ganz wichtig", kommentierte Ex-Weltmeister Bastian Schweinsteiger am ARD-Mikrofon.

Im Anschluss kam die DFB-Elf zu weiteren Möglichkeiten. Der Gladbacher Sommer im Schweizer Tor war beim Fernschuss von Robin Gosens (35.) und beim Abschluss von Leon Goretzka (42.) zur Stelle. Kroos traf mit einem satten Linksschuss nur das Aussennetz (44.), der auffällige Havertz zunächst den Pfosten (49.) - und dann nach starker Einzelleistung ins Tor.

In der zweiten Halbzeit konnte die DFB-Elf vermehrt von der individuellen Klasse der Offensivspieler profitieren. Die fast unmittelbare Antwort der Schweizer gegen die wieder unsortierte DFB-Abwehr durch Gavranovic konterte Gnabry sehenswert. Der eingewechselte Julian Draxler verfehlte das Tor knapp (81.). (Jens Mende/Klaus Bergmann/Jan Mies/dpa/ash)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.