Wenn Eintracht Frankfurt in der Europa League auf Tottenham Hotspur trifft, wird Timo Werner nicht im Kader der Londoner stehen. Denn der 29-Jährige befindet sich in einer ausgewachsenen Krise.

Eine Analyse
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Die Fakten sind hart: Timo Werner wird Tottenham Hotspur im Sommer wieder verlassen, der Premier-League-Klub zieht die Kaufoption nicht. Der 29-Jährige kehrt zu RB Leipzig zurück, wo er aber auch keine Zukunft hat. Wie konnte es zu diesem Absturz kommen?

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So lange ist es gar nicht her, dass Timo Werner zuletzt für die deutsche Nationalmannschaft auflief. Vor rund zwei Jahren war das – und doch ist es eine gefühlte Ewigkeit her, dass der inzwischen 29-Jährige im Mittelpunkt stand und als Torjäger brillierte. Stattdessen befindet sich der Stürmer in einer Dauerkrise.

Ein Ende ist erst einmal nicht in Sicht. Werner wird am Donnerstag im Viertelfinal-Hinspiel in der Europa League gegen Eintracht Frankfurt gar nicht erst im Kader von Premier-League-Klub Tottenham Hotspur stehen. Denn Trainer Ange Postecoglou hatte ihn im Februar für Neuzugang Mathys Tel als Option für den Wettbewerb gestrichen.

Alarmierende Zahlen des Absturzes

Im Kader stand Werner bei den Spurs sowieso schon länger nicht mehr – zuletzt spielte er am 26. Februar für acht Minuten gegen Manchester City. Es war einer von zwei Einsätzen in diesem Jahr für Tottenham und ist der traurige Tiefpunkt in einer Saison, die für ihn 27 Pflichtspiel-Einsätze, davon aber nur zehn von Beginn an sowie ein Tor und drei Vorlagen bereithielt. Ein Absturz, der Gründe hat.

"Das Vertrauen in ihn ist verloren gegangen", sagt DAZN-Experte Joachim Hebel im Gespräch mit unserer Redaktion. Werner habe ein unbändiges Tempo, dazu eine gewisse Geschmeidigkeit, so Hebel, der Werners Situation intensiv beobachtet. Sein Profil passe im Moment bei Tottenham aber nicht: "Dazu ist sein Spielverständnis nicht so ausgeprägt. Er ist nicht der Spieler, der mit dem Ball am Fuss etwas kreieren kann." Hinzu kommt, dass Werner ein sensibler Typ ist, der sich negative Dinge sehr zu Herzen nimmt. Ende vergangenen Jahres wurde er von Trainer Postecoglou nach einem schlechten Spiel öffentlich abgewatscht. Zudem warf ihn auch eine Verletzung zwischenzeitlich zurück.

Eine negative Dynamik

Was Werner in solch einer Situation bräuchte, wären Vertrauen und Selbstbewusstsein, dazu ein anderes System, eine andere Freiheit, dass Bälle in die Tiefe kommen, dass das Spiel auf ihn zugeschnitten ist. Genau das ist bei Tottenham nicht der Fall.

"Dazu ist der Fussball von Postecoglou sehr anspruchsvoll. Und da muss man auch sagen: Tottenham ist in dieser Saison als Team komplett abgefallen, was zusätzlich Werner als individuellen Spieler belastet", sagt Hebel. Die Spurs belegen nach 31 Spielen nur Platz 14. Die Folge: "Das alles zusammen ergibt eine negative Dynamik, die für ihn momentan nicht gut ist."

Die gute Nachricht: Es ist ein Ende in Sicht, Werner wird den Klub, an den er seit immerhin Anfang 2024 von RB Leipzig ausgeliehen war, verlassen, da die Spurs die zwölf Millionen Euro teure Kaufoption nicht ziehen werden, wie Transfer-Experte Fabrizio Romano berichtete.

Er kehrt daher zu RB Leipzig zurück, wo er noch einen Vertrag bis 2026, aber keine Zukunft hat. Das bestätigte Leipzigs Sportchef Marcel Schäfer nicht einmal mehr zwischen den Zeilen.

Nachdem Ex-Trainer Marco Rose den Angreifer 2023/24 nicht mehr so oft von Beginn an gebracht hatte, gab es angeblich Differenzen zwischen Spieler und Trainer, denn Rose gefiel es offenbar nicht, wie Werner damals mit der Situation umging und sie annahm. Die Folge war die Leihe zu den Spurs.

Keine Zukunft in Leipzig

Doch auch die kürzliche Trennung von Rose wird Werner nichts bringen. "Wir brauchen ein Stück weit einen frischen Wind, einen neuen Geist, um diese Haltung, um dieses Leben, diese brutale Energie, die diesen Klub ausgezeichnet hat, wieder zu leben", sagte Schäfer laut "RB Live". Es wird also eher nach einem neuen Timo Werner gesucht, als dass es nochmal mit jemandem versucht wird, mit dem es schon mehrmals nicht geklappt hat.

Was bedeutet das für den 57-maligen Nationalspieler? "Er muss für sich den Weg finden, was er eigentlich machen will. Heisst: Muss er unbedingt bei Tottenham spielen und muss er unbedingt Champions League spielen? Oder geht er zu einem kleineren Klub, aber spielt dafür jede Woche?", sagt Hebel, der findet, dass Werner ein neuer Anlauf guttun würde. "Ich glaube nämlich nicht, dass seine Karriere vorbei ist, es müsste jetzt aber der richtige Verein sein. Aktuell besteht die Gefahr, dass er in Vergessenheit gerät."

Comeback im DFB-Team?

Da Werners Stärken in seiner Schnelligkeit, seinem Abschluss und in seiner Wucht liegen, die ihn immer noch zu einem gefährlichen Konterstürmer machen, "müsste er einen Verein finden, der ihn wieder ins Spiel bekommt, damit er hinter die Kette laufen kann", sagt Hebel. Dann könne es auf jeden Fall nochmal funktionieren, meint der Experte: "Und dass er über so einen zweiten Weg nochmal die Nationalmannschaft zurückfindet, kann ich mir bei ihm auch vorstellen."

Und welche Klubs kämen infrage? In der Premier League wären das zum Beispiel Brighton, Bournemouth oder Brentford, wie Hebel erklärt. In der Bundesliga könnte Werner in Hoffenheim gut passen.

"Ich weiss, dass die gerade sehr, sehr viel Dynamik und Tempo suchen, dass die genau das wollen, was Werner bietet", so Hebel, der daneben aber auch Werder Bremen oder eine "romantische Rückkehr" zum Jugendklub VfB Stuttgart als mögliche Optionen nennt. "Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sogar Borussia Dortmund noch etwas in ihm sieht." Denn so lange ist es ja noch gar nicht her, dass Timo Werner zuletzt für die deutsche Nationalmannschaft auflief.

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