Am Ende regnete es Rote Karten

Der altehrwürdige Goodison Park in Liverpool, in dem der FC Everton jahrzehntelang seine Heimspiele ausgetragen hat. Am Mittwochabend war er ein letztes Mal Schauplatz des legendären Merseyside-Derbys zwischen Everton und dem FC Liverpool. Die "Toffees" ziehen in ein anderes Stadion um, der Goodison Park wird abgerissen.

Das Derby hätte eigentlich schon Anfang Dezember stattfinden sollen. Wegen heftiger Schneefälle wurde es allerdings verschoben. Schnee hätte diesmal keine Chance gehabt, dafür ging es auf dem Platz zu hitzig zu – doch dazu später mehr.

Sticheleien gehören zu einem Derby dazu – vor allem, wenn Everton auf Liverpool trifft. Die Zahl 30 war am Mittwochabend besonders häufig auf den Tribünen des Goodison Parks zu sehen. Die Liverpool-Fans spielten damit auf die 30 Jahre an, die Everton mittlerweile titellos ist.

Doch trotz aller Titellos-Seitenhiebe konnten zunächst die Anhänger des FC Everton jubeln. Beto (2.v.r.) brachte die Heimmannschaft bereits in der elften Minute in Führung.

Nach dem blamablen Pokal-Aus gegen Zweitligist Plymouth Argyle wollten die "Reds" vom FC Liverpool Wiedergutmachung betreiben. Dies gelang auch zunächst: Nur fünf Minuten nach dem Führungstreffer köpfte Alexis Mac Allister zum 1:1 ein.

In der Nachspielzeit der ersten Hälfte sah Evertons Abdoulaye Doucouré dann die Gelbe Karte. Eine Verwarnung, die später nochmal wichtig werden sollte.

Nach der Halbzeit ging es im Goodison Park munter weiter – und Liverpool drehte das Spiel. Offensiv-Star Mohamed Salah brachte die "Reds" in der 73. Minute in Führung.

Bis kurz vor Schluss sah es nach einem Liverpool-Sieg im letzten Merseyside-Derby im Goodison Park aus. Doch dann kam James Tarkowski: In der achten Minute der Nachspielzeit hämmerte der Innenverteidiger einen Schuss per Volley ins gegnerische Tor und brachte das Stadion damit zum Beben.

Doch zunächst währte die Freude im Stadion nur kurz, der Treffer wurde mehrere Minuten lang vom Schiedsrichter überprüft. Es ging um eine mögliche Abseitsstellung. Die in Gelb gekleideten Ordner brachten sich schonmal in Stellung.

Denn kurz darauf wurde der Treffer gegeben, die Everton-Spieler feierten mit ihren Fans – und die Ordner hatten grosse Mühe, einen Platzsturm zu verhindern.

Anschliessend eskalierte die Situation komplett, es kam zur Rudelbildung zwischen den Spielern von Everton und Liverpool. Neben den Stadionordnern musste sogar die Polizei auf dem Feld einschreiten.

Die Spieler, hier Evertons Carlos Alcaraz, schreckten selbst nicht davor zurück, sich mit Polizisten und Polizistinnen anzulegen.

Die Emotionen kochten über, wirklich beruhigen lassen wollte sich keiner der Spieler.

Besonders hitzig ging es zwischen dem vorhin schon erwähnten Doucouré von Everton (r.) und Liverpools Curtis Jones (2.v.r.) zu. Es kam zu Handgreiflichkeiten zwischen beiden Spielern. Einige Everton-Spieler versuchten, die Streithähne auseinanderzubekommen, zunächst jedoch vergebens.

Sowohl Doucouré als auch der zuvor bereits verwarnte Jones sahen von Schiedsrichter Michael Oliver im Anschluss die Gelb-Rote Karte. Es sollte nicht der einzige Platzverweis bleiben.

Kritik an der Spielleitung gab es im Anschluss von Liverpool-Kapitän Virgil van Dijk (r.). "Der Schiedsrichter hatte die Partie nicht unter Kontrolle. Ich denke, er hatte heute einen grossen Anteil am Spiel", sagte van Dijk bei TNT Sports.

Im Anschluss kam es auch noch zu einem Wortgefecht zwischen Doucouré und van Dijk. "Ich glaube, er wollte unsere Fans provozieren und Curtis hielt das nicht für richtig. Und Sie wissen ja, was passiert, wenn es ein kleines Gerangel gibt", sagte van Dijk zur Situation zwischen dem Everton-Spieler und seinem Teamkollegen Jones.

Auch Liverpool-Trainer Arne Slot flog nach dem Abpfiff noch vom Platz. Er reichte dem Unparteiischen recht aggressiv die Hand, sagte dabei aber etwas und sah wie sein Assistent Sipke Hulshoff die Rote Karte. Im nächsten Spiel gegen die Wolverhampton Wanderers muss Slot nun also zuschauen. In Plauderlaune war der "Reds"-Coach anschliessend nicht. Weder erschien der Niederländer zur obligatorischen Pressekonferenz, noch stand er Journalisten Rede und Antwort.

Und so ging ein äusserst emotionales, hitziges und definitiv denkwürdiges letztes Merseyside-Derby im Goodison Park zu Ende. Ein Spiel, das den Fans beider Mannschaften wohl noch länger in Erinnerung bleiben wird.