Es gibt kaum eine sicherere Variante, um zum Tor des Monats gewählt zu werden, als einen Eckstoss direkt zu verwandeln. Daran hat auch die hundertjährige Historie dieser Torschussvariante nichts geändert. Denn kaum eine Art, einen Treffer zu erzielen, setzt so viel Finesse bei gleichzeitiger Arroganz voraus wie das Eckballtor. Das bewies auch am vergangenen CL-Abend Christian Pulisic für AC Mailand gegen Club Brügge.
In einer perfekten Flugkurve drehte sich der von
Aber was macht diese Art des Tores eigentlich so besonders? Ein Erklärungsversuch, bei dem wir auch in die Vergangenheit schauen müssen.
Für viele Menschen ist
Dabei ist Mario Basler nicht einmal der erfolgreichste Eckballtorschütze der Bundesliga. Diese Ehre gebührt Bernd Nickel, der in seiner Laufbahn bei Eintracht Frankfurt (1968-1983) ganze vier Ecken von allen vier Ecken des Frankfurter Waldstadions direkt verwandelte.
Dass noch kein Spieler Nickels Rekord knacken konnte, zeigt, welchen Seltenheitswert Eckballtore immer noch haben.
Arroganz, Können, Glück
Kein Wunder, schliesslich müssen für eine direkt verwandelte Ecke gleich drei Faktoren perfekt zusammenspielen:
- Die Arroganz des Eckballschützen, dieses Kunststück doch tatsächlich für sich beanspruchen zu wollen und sich sicher zu sein, den Ball nicht peinlicherweise hinters Tor zu zirkeln und damit zum Ziel von unbarmherzigem Gespött zu werden.
- Die technische Versiertheit des Schützen, dem Ball tatsächlich die gewünschte Flugkurve mitgeben zu können.
- Verdammtes Glück. Schliesslich tummeln sich bei Ecken vor dem Tor allerlei Köpfe und dann auch noch zwei Torhüterhände, die die Flugbahn des Balles unverschämterweise stören könnten.
Um diese drei Faktoren zu verbinden, braucht es einen besonderen Spielertyp. Einen Basler zum Beispiel. Spieler, die Genies sind, aber manchmal auch verkannt. Spieler, die "anecken" (höhö). Die in solchen Momenten, die Möglichkeit haben, ihre Dreistigkeit und ihr Können zu einer unvergleichlichen Mischung zu vereinen. Fussballfans schreien gerne nach Typen. Im Moment einer direkt verwandelten Ecken offenbaren sich diese Typen.
Das erste offiziell anerkannte Eckballtor fiel übrigens am 2. Oktober 1924, vor ziemlich genau hundert Jahren. Der Argentinier Cesáreo Onzari traf derart kunstvoll in einem Freundschaftsspiel zwischen Argentinien – Uruguay (2:1).
Seither hat die direkt verwandelte Ecke nichts von ihrem Zauber eingebüsst. Wenn sich der Ball in einer perfekten Flugkurve über die Köpfe aller Spieler und die Hände des Torwarts hinweg in das Tor senkt, dann ist im Fussball einfach noch alles gut. Schade nur, dass es so selten vorkommt.
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