Die Uefa hat offenbar ein unabhängiges Gremium zum Schutz der Integrität des Fussballs gegründet. Zahlreiche Legenden des Sports sollen in Zukunft über diverse Entwicklungen im Fussball diskutieren und ihre Einschätzungen dazu abgeben.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Daniel Kugler sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Nach Informationen der spanischen Zeitung "Marca" hat der europäische Fussballdachverband ein neuartiges Gremium gegründet, das als "Rat der Weisen" bzw. als "Parlament des Fussballs" bezeichnet wird. Mit der Schaffung des Expertenstabs wolle die Uefa eine respektierte und unabhängige Institution schaffen, die dem Schutz und der Entwicklung des Fussballs dienen soll.

Mehr News zum Thema Fussball

Dem Bericht zufolge hat das Uefa-Exekutivkomitee auf einer Tagung am 4. April in Lissabon bereits seine Genehmigung erteilt. Das erste Treffen des jährlich tagenden Beratungsausschusses soll schon am 24. April in Nyon stattfinden. Bestätigt wurde die Meldung von offizieller Seite aber noch nicht.

Uefa nimmt zahlreiche Legenden in "Parlament des Fussballs" auf

Eine Auswahl von Legenden des Fussballs würde demnach ein offenes Forum bilden, das über das Spiel in all seinen Facetten diskutieren und seine Einschätzung zu neuen Entwicklungen geben soll. Auf der Tagesordnung stehen dabei offenbar Themen wie das Regelwerk, das Schiedsrichterwesen sowie die Leistungen der Unparteiischen, der Spielkalender und die Uefa-Wettbewerbe stehen. Aber auch die Nachwuchsförderung, die Spielentwicklung und das Wohlbefinden der Spieler sollen zu den Aufgabenbereichen des Rates zählen.

Den Vorsitz des Beirats übernimmt offenbar der ehemalige Star des AC Mailand, Zvonimir Boban. Die Schiedsrichter werden wohl von Roberto Rosetti in der Vereinigung vertreten. Als Voraussetzung für den Beitritt in den Rat nannte das Blatt den höchsten Erfolg im Fussball. Dabei sollen sowohl der Gewinn von wichtigen Titeln als auch über 100 Länderspiele als Bedingung für eine Nominierung verlangt werden. Darüber hinaus seien auch tadellose Leistungen, grosses Ansehen und internationaler Respekt weitere Aufnahmebedingungen.

Bestätigt sind bisher wohl folgende Ratsmitglieder: José Mourinho, Carlo Ancelotti, Zinédine Zidane, Paolo Maldini, Fabio Capello, Javier Zanetti, Luis Figo, Philipp Lahm, Ronald Koeman, Gareth Southgate, Rio Ferdinand, Michael Laudrup, Rafa Benítez, Roberto Martínez, Predrag Mijatović, Jürgen Klinsmann, Rudi Völler, Petr Cech, Juan Mata und Robbie Keane.

Rat der Weisen: Fehlende Diversität bei Mitgliedern bemängelt

Nach Bekanntwerden der Meldung über die Gründung der neuen Uefa-Institution kritisierte der "Mirror" die fehlende Diversität bei der Auswahl der Ratsmitglieder. Die Tatsache, dass keine einzige Frau Mitglied im Rat ist, werfe zahlreiche Fragen auf. Die Entscheidung hängt vermutlich jedoch damit zusammen, dass in naher Zukunft ein ähnliches Gremium gebildet werden soll, das sich ausschliesslich mit Fragen rund um den Fussball der Frauen befasst. Die Sinnhaftigkeit hinter der strikten Trennung des Frauen- und Männerbereichs darf jedoch arg bezweifelt werden.

Darüber hinaus wird in der Stellungnahme kritisiert, dass schwarze Fussball-Ikonen im Rat unterrepräsentiert seien. Patrick Vieira und Didier Drogba wurden demnach zwar in den Ausschuss eingeladen, haben ihre Teilnahme aber wohl noch nicht bestätigt. Unabhängig von der Entscheidung der beiden weiteren Kandidaten wird hinterfragt, ob die Zusammensetzung des Gremiums in dieser Ausgestaltung die Vielfalt des Fussballs überhaupt angemessen widerspiegeln kann.

Rat der Weisen als Gegenmassnahme für Super League-Pläne

Die "Daily Mail" sieht in der Gründung des Rates eine weitere Massnahme des frisch wiedergewählten Uefa-Präsidenten Aleksander Čeferin zum Schutz der Integrität des Fussballs im anhaltenden Kampf gegen die Pläne zur Gründung einer Super League.

A22, die Sportmanagement-Agentur hinter dem Projekt, hatte im Februar bei der Vorstellung eines überarbeiteten Formats des Wettbewerbs mit 80 Mannschaften angedeutet, dass der europäische Fussball am "Rande des Abgrunds" stehe.

Čeferin griff diese Einschätzung auf dem Uefa-Kongress in Lissabon auf und behauptete, die Macher hinter der Super League würden sich als Retter des Fussballs ausgeben, seien aber stattdessen "egoistisch" und "gierig". "Diejenigen, die dieses Projekt vorantreiben, behaupten jetzt, dass sie den Fussball retten wollen", wird der 55-Jährige von der "Marca" zitiert.

Das falsche Spiel der treibenden Kräfte hinter dem geplanten Wettbewerb erzürnt den Slowenen: "Innerhalb weniger Monate hat sich die Super League in eine Figur aus Rotkäppchen verwandelt: ein Wolf, der sich als Grossmutter verkleidet und bereit ist, dich zu fressen", so Čeferin.

Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin stehen demnach weiter an der Spitze einer Gruppierung von europäischen Top-Klubs, die weiterhin auf die Einführung einer Super League pocht. Ursprünglich soll diese "Rebellen-Allianz" aus zwölf gleichgesinnten Vereinen bestanden haben. Die Bestrebungen wurden im April 2021 nach massiven Fanprotesten allerdings zumindest vorläufig wiedereingestellt.

Verwendte Quellen:

  • marca.com: Uefa creates first Council of Wise Men to improve and care for soccer
  • mirror.co.uk: Uefa 'council of wise men' is Aleksander Ceferin's version of Gianni Infantino's FIFA
  • dailymail.co.uk: Meet the 20 big names on Uefa's new 'Council of Wise Men': From Jose Mourinho and Carlo Ancelotti... to Juan Mata and Robbie Keane!
  • marca.com: Ceferin: "La Superliga es como el cuento de Caperucita Roja; está acabada"
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.