Jogi Löw musste sich nach dem EM-Aus einige Kritik gefallen lassen. "Löw hat's verbockt", war da zum Beispiel in der "Bild" zu lesen. Die Euphorie, die seit der Heim-WM 2006 rund um die Nationalmannschaft herrschte, ist jäh verpufft, das Sommermärchen schien endgültig vorbei. Heute im Spiel gegen die Färöer machte Löw einen ersten Schritt in Richtung "neue Nationalelf".

Mehr News zum Thema Fussball

Der Bundestrainer krempelt die Mannschaft um. Auf einmal haben Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski oder Thomas Müller ihren Platz in der Startelf nicht mehr sicher. Zurücklehen ist nicht mehr, denn Löw hat erkannt: Stammplatzgarantien für Spieler können ein Team schwächen. Das haben einige Bundesligavereine schon erfahren müssen, auch der FC Bayern. Das alte Sprichwort "Never change a winning team" gilt schon lange nicht mehr. So fehlte es der deutschen Nationalelf zuletzt an der Flexibilität, sich auf unterschiedliche Gegner einstellen zu können. Das will der Bundestrainer ändern. Das Team brauche "fussball-intelligente und flexible Spieler, die auf engstem Raum eine Vielfalt an Lösungen parat haben".

Ein flexibleres System, das eventuell sogar ohne Stürmer auskommt - so gesehen bei den Spaniern - könnte die Antwort sein. Schliesslich fehlt es Löw an Nachwuchsstürmern: Miroslav Klose ist 34 Jahre alt, Mario Gomez derzeit verletzt. Eine neue Taktik würde Spielertypen wie Marco Reus in die Karten spielen. Er wird im Spiel gegen die Färöer Podolski auf der linken Aussenbahn ablösen, könnte aber auch als hängende Spitze spielen. "Marco hat unglaubliches Potential", hat auch der Bundestrainer erkannt.

Das WM-Qualifikationsspiel gegen die Färöer ist ein erster Schritt in Richtung "neue Nationalmannschaft". Die Ausrichtung wird mit einem 4-1-4-1-System offensiver: Mit Sami Khedira steht nur noch ein Sechser auf dem Platz. Der Bundestrainer fordert "über 90 Minuten hohes Pressing". In der Abwehr, die sich vor allem im EM-Halbfinale gegen Italien einige kapitale Schnitzer erlaubt hatte, verteidigt Kapitän Philipp Lahm nun auf der rechten Seite - wie beim FC Bayern. Diese Umstellung soll zusätzlich Stabilität bringen und das Umschalten von Defensive auf Offensive erleichtern.

Bis zur WM 2014 bleiben Bundestrainer Löw noch knapp zwei Jahre Zeit. In dieser Zeit werden sich die Spieler und vor allem auch die "alten Helden" wie Podolski, Schweinsteiger und Müller vermehrt beweisen müssen - auch gegen vermeintlich leichte Gegner wie die Färöer. Denn einen Stammplatz haben derzeit wohl nur Manuel Neuer und Kapitän Philipp Lahm sicher.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.