• Erik Meijer ist Fussball-Fans vor allem wegen seiner Champions-League-Analysen bei Sky bekannt.
  • Doch seit dieser Saison überträgt der Pay-TV-Sender die "Königsklasse" nicht mehr.
  • Was der Ex-Fussballer nun macht, warum der BVB den FC Bayern nicht ärgern kann und warum Fussballer viel zu viel Geld verdienen, darüber hat er mit unserer Redaktion gesprochen.
Ein Interview

Herr Meijer, Sky besitzt seit dieser Saison keine Übertragungsrechte mehr für die Champions League. Unter der Woche sind Sie nun nicht mehr im TV zu sehen.

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Erik Meijer: Ich habe eine kleine Wanderung gemacht: Ich bin zwar immer noch für Sky aktiv, allerdings nicht am Dienstag und Mittwoch, sondern am Wochenende. Meine "100 Prozent Meijer"-Analysen laufen nun am Sonntag und beschäftigen sich mit den Bundesligaspielen.

Wie ist das für Sie – nicht mehr über die "Königsklasse" zu berichten, sondern über die Bundesliga?

Ich mache es mit der gleichen Energie, aber es tut schon weh, dass ich jetzt unter der Woche in den Niederlanden sitze und mir niederländisches Fernsehen angucke. Das ist zwar nicht verkehrt, aber ich wäre lieber in München geblieben und hätte über die Champions League bei Sky berichtet. Wir hatten ein Top-Produkt hingelegt mit super Gästen.

Gibt es einen Moment, an den Sie sich gerne zurückerinnern?

Die erste Saison, in der wir berichtet haben, ist mir gut in Erinnerung geblieben, weil es das deutsche Champions-League-Finale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund in Wembley gab. Das war ein grosser Einstieg in das neue Format. Aber wir hatten auch viele tolle Gäste bei uns. Wenn du Boris Becker und Michael Ballack gleichzeitig in der Sendung hast, ist das pure Power.

Erik Meijer: "Im Moment sehe ich vier starke englische Mannschaften"

Bleiben wir in der "Königsklasse". Wer gewinnt die Champions League diese Saison, glauben Sie?

Im Moment sehe ich vier starke englische Mannschaften: Manchester City, Titelverteidiger Chelsea, den FC Liverpool und Manchester United mit Cristiano Ronaldo, denn der gewinnt überall Titel. Aus deutscher Sicht bleibt nur der FC Bayern als potenzieller Sieger übrig, weil die Bayern den breitesten und besten Kader der deutschen Teams haben. Wenn bei Borussia Dortmund Marco Reus und Erling Haaland ausfallen, fehlt auch ein Stück weit die Qualität.

Was trauen Sie den deutschen Mannschaften denn insgesamt zu?

Über den FC Bayern müssen wir uns keine Gedanken machen. Der BVB muss seine Stars schonen. Der VfL Wolfsburg wird ein bisschen Glück brauchen – für viele Spieler ist die Champions League eine neue Erfahrung, auch die Doppelbelastung zusammen mit der Bundesliga. Und bei RB Leipzig hoffe ich, dass sie wieder an Selbstvertrauen gewinnen und das mit in die restliche Gruppenphase nehmen.

RB Leipzig ist am Dienstag (21:00 Uhr, LIVE bei uns im Ticker) bei Paris Saint-Germain gefordert. Beim französischen Star-Ensemble um Kylian Mbappé, Lionel Messi und Neymar läuft’s aber auch noch nicht rund.

Nein, überhaupt nicht. Ein Übermass an Superstars und enormen Egos auf dem Platz und in der Kabine kann zu Chaos führen. Bislang sehe ich noch kein gutes Paris Saint-Germain.

Meijer: "Ich bin erschrocken, dass solche grossen Beträge investiert werden"

Neben Messi, der zu PSG gewechselt ist, gab es im vergangenen Sommer zahlreiche weitere spektakuläre Transfers (z.B. Cristiano Ronaldo, Romelu Lukaku, Jadon Sancho). Wie bewerten Sie diesen Transfer-Wahnsinn und den übermässigen Geldfluss – gerade in Zeiten der Coronakrise?

Es ist zwar schön, dass Leben in der Bude ist, aber ich bin erschrocken, dass solche grossen Beträge investiert werden – und das in einer Zeit, in der es vielen Menschen nicht gut geht und Firmen irgendwie ihren Kopf über Wasser halten müssen.

Es ist teils pures Entertainment, es wird herumgeschmissen mit Geld. Ich bin manchmal überrascht, wie viel Kohle fliesst. Da ich im selben Geschäft sitze, lässt es mich auch nachdenken: "Muss das sein? Muss ein Fussballer 40 Millionen Euro im Jahr verdienen, wenn er schon etliche Millionen auf dem Konto hat, Herr Messi?" Da sage ich mit meinem Metzgermeister-Verstand: nein.

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Europas Top-Teams um etwa Real Madrid und Juventus Turin wollen eine Super League gründen. Dies soll den Rubel noch mehr rollen lassen. Ist es irgendwann nicht auch zu viel?

Ja, absolut. Das ist nicht von dieser Welt. Wir sehen es abseits des Fussballplatzes: Es gibt ein paar Firmen in der Wirtschaft, die wahrscheinlich in den nächsten Jahren unser Leben beherrschen werden. Und ich glaube, es gibt ein paar Fussball-Vereine, die genau das Gleiche wollen, doch ich hoffe, dass wir das verhindern können.

Sprechen wir über die Bundesliga: Es deutet sich an, dass der FC Bayern erneut Deutscher Meister wird. Wird es allmählich nicht langweilig?

Nein, in keinem Moment. Ich gucke mir die Bundesliga gerne an. Denn hinter dem FC Bayern sind die Mannschaften immer näher zusammengerückt, wodurch es viele interessante Spiele gibt.

Meijer: BVB und Leipig brauchen drei, vier Jahre für Top-Kader

Was fehlt RB Leipzig oder Borussia Dortmund, um über eine ganze Saison hinweg in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Bayern um die Meisterschaft zu kämpfen?

Die Teams bräuchten drei, vier Jahre Zeit, um einen Top-Kader zusammenzustellen. Der BVB z.B. scoutet enorm gut, verpflichtet super Talente, aber die werden früher oder später wieder verkauft, weil der Verein sie nicht halten kann. Wenn du einen Sancho und einen Erling Haaland zusammen länger halten kannst, dann kannst du die Bayern vielleicht mal ärgern. Ansonsten wird es schwer, denn die Bayern haben ein dickes Festgeldkonto.

Aber warum können der BVB und Leipzig ihre Topspieler nicht länger halten?

Da fehlen 200 Millionen Euro. Am Ende sind wir immer beim Geld - und beim Mut zu sagen: Ein Haaland steht nicht zum Verkauf. Aber das ist immens schwierig, denn Borussia Dortmund ist auch ein Wirtschaftsunternehmen.

Zur Person: Erik Meijer, gelernter Metzgermeister, ist ein ehemaliger niederländischer Fussball-Profi und Co-Trainer. Der 52-Jährige spielte unter anderem in der 1. Bundesliga für den Hamburger SV und Bayer 04 Leverkusen. Er beendete seine Karriere 2006 im Trikot des damaligen Zweitligisten Alemannia Aachen. Aktuell arbeitet Meijer als Experte für Sky.

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