Die Modedroge in der Sportwelt: Das aus Skandinavien stammende Snus erlebt derzeit einen Boom unter jungen Menschen und Leistungssportlern. Der Konsum des Oraltabaks ist in Deutschland nicht verboten. Experten, darunter die Welt-Dopingagentur WADA, warnen: Die Wirkung ist viel heftiger als bei einer Zigarette.

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Einige Fussballer stehen offen dazu und auch im Eishockey, im Handball und in der NFL ist Snus verbreitet. Eine Modedroge, die bei Athleten beliebt ist.

Während Oraltabak in den skandinavischen Ländern, in denen strengere Rauchergesetzte gelten als hierzulande, seit vielen Jahren Tradition ist, erlebt Snus seit einiger Zeit auch in Deutschland und anderen Teilen Europas einen Boom. Genaue Zahlen gibt es nicht, nur die wenigsten Leistungssportler sprechen offen über Snus.

Der Snus-Hype in Bundesliga und Premier League

BVB-Star Marco Reus postete vor einiger Zeit ein Selfie mit einer Dose Snus im Hintergrund, Real Madrids Karim Benzema nahm es vor laufender Kamera auf der Auswechselbank und Hoffenheims Innenverteidiger Havard Nordtveit gab kürzlich in der "Bild"-Zeitung zu, dass er "mal mehr, mal weniger" konsumiere.

Ein Spieler des SC Freiburg, der nicht genannt werden möchte, offenbarte dem NDR vergangenes Jahr, dass seiner Wahrnehmung nach rund ein Viertel aller Bundesliga-Spieler "snusen".

"In meiner Mannschaft nehmen viele Snus", wird er zitiert. Englands Fussballprofi Jamie Vardy gibt in seiner Biografie offen zu, Snus einzunehmen. Die Zeitung "Daily Mail" berichtet von benutzten Nikotinbeuteln auf der Auswechselbank des Premier-League-Vereins Leicester City.

Snus: Rauchfreier Tabak, der sofort ins Blut gelangt

Was genau ist Snus? Es handelt sich dabei um gehackten Tabak, gemischt mit Salz, Wasser und Aromastoffen, verpackt in kleinen Pergamentpapier-Beutelchen in einer Dose.

Snus gibt es in unterschiedlichen Geschmackrichtungen, zum Beispiel Vanille, Cola oder Lavendel. Der Verkauf von Snus ist in der ganzen EU - ausser in Schweden - verboten, der Konsum ist legal.

Die Beutelchen werden hinter die Ober- oder Unterlippe geschoben. Laut dem "Swiss Dental Journal" (Download als PDF) raut das enthaltene Salz die Schleimhaut auf, wodurch das Nikotin des Tabaks direkt in die Blutbahnen gelangt.

Nikotin verengt die Gefässe, wirkt stimulierend und aufmerksamkeitssteigernd, wie das deutsche Krebsforschungszentrum zusammenfasst.

Wie ein Snus-Konsument erzählt, halte die Wirkung etwa eine halbe Stunde an, sei aber je nach Dosierung und Körper unterschiedlich. Währenddessen trete ein "wohliges Gefühl" ein.

Erhöhe Aufmerksamkeit, schnellere Reaktion

Die genaue Wirkung hängt von der Menge ab. In der "Zeit" sagt Sportmediziner Prof. Dr. Ingo Froböse: "Es kommt auf die Dosierung an. Snus mit einem hohen Nikotinanteil putscht auf, eine geringe Dosis sorgt für Entspannung." Sportler sprechen von einem "Kick" durch Snus – vor, während, nach dem Spiel.

"Wenn Nikotin ins Gehirn gelangt ist das eine Substanz, die die Aufmerksamkeit verbessert, die die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht und natürlich gerade im Sport dafür sorgt, dass eben schnell die richtigen Entscheidungen getroffen werden können", sagt Dopingexperte Fritz Sörgel im "Deutschlandfunk".

Abhängig, ja – aber weniger gefährlich als Zigaretten?

Wie schädlich ist Snus? Beim "Snusen" wird der Tabak nicht geraucht, wodurch einige Schadstoffe gar nicht erst entstehen. Allerdings wird das Nikotin in wesentlich höherer Dosierung aufgenommen.

Je nach Beutelgrösse enthält eine Portion Snus die mindestens dreifache Dosierung einer normalen Zigarette, wie auch der Sportwissenschaftler bestätigt.

Wie beim Zigarettenkonsum kann das Nikotin bei Snus zu Abhängigkeit führen. Laut dem schwedischen Karolinska-Institut hat Snus keine speziellen Auswirkungen auf Lungen- oder Mundhöhlenkrebs.

Ein grundsätzliches Krebsrisiko bleibt laut "Medical Tribune" erhalten. Zudem bemerkt das "Swiss Dental Journal": Die Konsumation von Snus hat nicht nur beträchtliche Auswirkungen auf die Mundhöhle, sondern kann auch systemische Erkrankungen verursachen."

Sprich: Snus ist nur schlecht für den Mundraum, sondern kann auch andere Organe schädigen.

Aufputschmittel oder Droge? Das sagt die Anti-Dopingagentur

Auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Dopingagentur WADA ist Snus nicht zu finden. "Nikotin ist eine Stimulanz", erklärt James Fitzgerald, Medienmanager der WADA, auf Anfrage unserer Redaktion. "Momentan gibt es keine eindeutigen Beweise für unsere Experten, dass Nikotin die Kriterien für die Aufnahme auf die Liste erfüllt."

Ihm zufolge würde darüber entschieden, wenn zwei von drei Kriterien erfüllt sind: "Wenn die Substanz die sportliche Leistung verbessern kann, wenn sie ein gesundheitliches Risiko für den Athleten darstellt oder wenn sie den Spirit des Sports verletzt." Das sei bei Nikotin momentan nicht gegeben.

Auch in Zukunft dürfen – nicht nur – Sportler selbst darüber entscheiden, ob Snus gut für sie ist.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde Nadiem Amiri (TSG 1899 Hoffenheim) als Nutzer von Snus angegeben.Tatsächlich hat sich Herr Amiri lediglich einmal öffentlich in dem Magazin "11Freunde" zu dem Thema Snus geäussert und dabei angegeben, dass der Gebrauch nichts für ihn sei. Für diesen Fehler möchte sich die Redaktion entschuldigen.

Verwendete Quellen:

  • Persönlicher Kontakt zur WADA (James Fitzgerald)
  • Gespräch mit Snus-Konsumenten
  • Sportschau.de: "Sportschlau - Snus ist in aller Munde"
  • Zeit.de: "Die Liga im Rausch"
  • Medical Tribune: "Lutschtabak 'Snus': Meine Prognose zur dubiosen Dose"
  • Swiss Dental Journal: "Snus und die Beeinträchtigungen der Mundgesundheit"
  • Bild.de: "Hoffenheim-Star nimmt legale Fussballer-Droge"
  • DKFZ.de: "Wirkungsweise des Nikotins"
  • Deutschlandfunk.de: "Snus macht Sportler high"
  • ARD-Mediathek: "Snus - wie gefährlich ist der rauchfreie Tabak?"
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