Die Debatte um Pyrotechnik ist eine sehr hitzige, was nicht nur an der Temperatur der bunten Fanlichter liegt. Einordnung einer emotionalen Thematik.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Hertha-Präsident Kay Bernstein, wegen seiner Vergangenheit in der aktiven Fanszene auch liebevoll "Kay aus der Kurve" genannt, hat sich in einem Interview mit der "Zeit" dafür ausgesprochen, in Fussballstadien Bereiche zu schaffen, in denen Pyrotechnik legal abgebrannt werden kann. "Alles, was andere Menschen gefährden könnte, jegliche Form der Gewalt, kann ich nicht akzeptieren. Aber so, wie es jetzt geregelt ist, führt es doch zu nichts", hat Bernstein zu dem Thema gesagt und damit eine umstrittene Wahrheit unaufgeregt ausgesprochen. Fans in Berlin und anderswo dürfte sein Vorstoss erfreuen.

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Es gibt Themen, die sind emotional so aufgeladen, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung längst unmöglich geworden ist – und Pyrotechnik ist eins dieser Themen. Umso mehr, da Fans als Gesamtheit eine von weiten Teilen der Gesellschaft kritisch beäugte Gruppen sind. Wenn während eines Fussballspiels Pyrotechnik abgebrannt wird, sprechen Leute gerne von den "sogenannten Fans", ohne sich je intensiver mit dieser Gruppe auseinandergesetzt zu haben.

Menschen, die weite Teile ihrer Freizeit investieren, um ihren Verein bei Wind und Wetter an den absurdesten Orten zu unterstützen, wird dann salopp angehängt, es ginge ihnen "nur um sich selbst", weil sie aus Sicht einiger Beobachter*innen immer das Falsche sagen, hochhalten und singen. "Die stehen doch mit dem Rücken zum Spiel", mokieren sich Kommentator*innen, die vermutlich noch nie in die Nähe einer Kurve gekommen sind, in Unkenntnis. Wenn’s aber gerade mal passt, werden die "imposanten Bilder" von Fanmärschen oder Choreografien in vor allem europäischen Wettbewerben gefeiert. Einer Logik folgt all dies nicht.

Aber zurück zur Pyrotechnik. Die ist im Stadion verboten und natürlich ist dieses Verbot aktuell ein entscheidender Faktor für ihre Beurteilung. Richtig ist auch, wer Böller abknallt, aufs Feld oder gegen andere Fans richtet, überschreitet alle Grenzen. Wie Bernstein richtig sagt: Alles, was Menschen, vor allem unbeteiligte, gefährdet, ist tabu. Die Frage aber, ob Pyrotechnik in ihrer Gesamtheit unbedingt eine Gefährdung darstellt, ist längst nicht so unumstritten, wie das heutzutage gerne dargestellt wird. Das wissen auch die Verantwortlichen der Verbände.

Anfang der 2010er-Jahre gab es nämlich konstruktive und ergebnisoffene Gespräche zwischen Fans und Verbänden, bei denen das Abbrennen in speziellen Bereichen diskutiert wurde – also letztlich genau das, was Bernstein nun aufgreift. Dass der Dialog ohne Erklärung seitens der Verbände abgebrochen wurde, hat Helmut Spahn, damals DFB-Sicherheitschef, nun bei der FIFA, später mehrfach kritisiert, wie auch die generelle Kriminalisierung der Fans. Wer tiefer in der Thematik steckt, weiss: Mit Verboten alleine wird sich das Ding nicht lösen lassen.

Als Pyrotechnik einst von deutschen Fanszenen in hiesige Stadien importiert wurde, galt das bunte Lichtermeer so sehr als Verkaufsschlager für den Fussball, dass Sender mit Bildern davon für ihre Übertragung warben. Es hat sich also vor allem die Beurteilung von aussen verändert, während die Begeisterung bei Fans geblieben ist. Feste Zonen in Stadien, in denen abgebrannt werden darf, sind ein sehr guter Lösungsansatz. Neu ist diese Idee freilich nicht, aber sie ist es wert, wieder hervorgeholt und so ernsthaft wie ruhig diskutiert zu werden.

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