Ousmane Dembélé hatte keine Lust mehr auf den BVB, wollte zum FC Barcelona und kam nicht mehr zum Training. Auch Antoine Griezmann und Hakan Calhanoglu verärgerten ihren Noch-Arbeitgeber und provozierten einen Transfer. Sie sind nicht die einzigen Fussballprofis, die mithilfe eines Streiks einen Vereinswechsel erzwingen wollen. Doch sind die Klubs in diesen Fällen wirklich machtlos?
Das Verhalten mancher hochbezahlter Fussballprofis erinnert an das bockige Benehmen eines Kleinkindes. Spielerstreiks finden zwar nicht auf Kinderspielplätzen statt, sind für Trainer und Vorstände aber ähnlich dramatisch und nervenaufreibend.
Ousmane Dembélé verweigerte zum Beispiel das Training beim BVB, nachdem der grosse FC Barcelona angeklopft hatte. Hakan Calhanoglu "streikte" sich vom Hamburger SV weg; Pierre-Emerick Aubameyang sah seine Zukunft nicht beim BVB, sondern bei Arsenal in London. Und Antoine Griezmann widersetzte sich seinem Arbeitspapier bei Atlético, versäumte eine Trainingseinheit.
Es scheint, als könnten sich Fussballprofis alles erlauben – trotz gültigen Vertrags. "Arbeitsverweigerungen von Spielern haben in den vergangenen Jahren zugenommen, das ist eine immer mehr verbreitete Unart", stellt Joachim Rain, Rechtsanwalt für Sportrecht, fest. Konflikte haben allerdings stets zwei Seiten.
Vertragsbruch? Klub kann den Spieler sanktionieren
Versäumnisse von Trainingseinheiten, öffentliche Wechselwünsche, Missachtung von internen Regeln: Formell streiken die Spieler nicht – sie verweigern ihre vertraglich vereinbarte Arbeit, erklärt Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VDV.
"Wenn ein Fussballprofi unentschuldigt nicht an seinem Arbeitsplatz erscheint, ist das grundsätzlich ein Verstoss gegen die arbeitsrechtlichen Pflichten", sagt Baranowsky. Das könne der Verein sanktionieren, "sogar mit einer Kündigung".
Kündigungen ergeben jedoch wenig Sinn, da genau dies die Intention des Spielers ist.
"Die Problematik dabei ist, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht einklagen kann, er kann ihre Verweigerung nur sanktionieren", erklärt Rain. "Würde er dem Spieler kündigen, bekäme der Verein keine Transferentschädigung mehr."
Strafzahlung und Imageschaden: Warum sich Spieler bei einem Streik sehr sicher sind
Was Vereine im Falle eines "Streiks" tun können, erklärt Rechtsanwalt Rain: "Sie müssen dem Spieler kein Gehalt zahlen, können ihm Vertragsstrafen auferlegen. Eine mögliche Sanktion wäre auch, ihn zur zweiten Mannschaft zu schicken. Wenn das dann über eine Zeit so weitergeht, kann der Verein eine Sperre bei der FIFA beantragen."
Der Spieler riskiere "arbeitsrechtliche Sanktionen, Imageschäden und wirtschaftliche Einbussen. Wenn dann ein erhoffter Transfer platzen sollte, wird es zudem schwer, sich wieder in den Fokus und in die Herzen der Fans zu spielen", erklärt der VDV-Geschäftsführer.
Als
Mittelfeldspieler Hakan Calhanoglu hatte kurz zuvor seinen Vertrag beim HSV verlängert, als Bayer Leverkusen anklopfte. Der HSV liess ihn nicht ziehen, also meldete sich Calhanoglu krank – und geriet ins Kreuzfeuer der Fans. Die Hanseaten liessen ihn ziehen. Kaum in Leverkusen angekommen, war Calhanoglu wieder gesund.
Warum Spieler das tun? "Die grossen Stars wissen um ihre Qualität und dass sie weich fallen. Ein Drittligaspieler würde das in den seltensten Fällen tun, wenn er nicht weiss, dass er sich vielen Zweit- oder Drittligavereinen anschliessen kann", erklärt Rain.
Beispiel Dembélé: Warum der BVB nicht unschuldig ist
Denn ein halbes Jahr nach Dembélé beschloss
Wie zuvor schon Dembélé, setzte auch Aubameyang seinen Willen durch. Borussia Dortmund achtete indes jeweils darauf, in den Transferpossen nicht leer auszugehen. Dessen Hinhalte-Taktik und das Abblocken - um die Spieler letztlich doch zu verkaufen - brachten dem Verein insgesamt rund 200 Millionen Euro ein.
"Wenn der abgebende Klub in so einer Situation nicht klar auf Vertragstreue pocht, heizt er das Transfer-Geschacher selbst weiter an", sagt Baranowsky.
Die Macht der Berater: Wenn der Star zum Spielball wird
Wenn es um Geld geht, kommen zudem häufig Berater ins Spiel. Sie wissen meist besser als der Spieler darüber Bescheid, wie weit dieser gehen kann.
Der Spieler "ist in der Regel Spielball unterschiedlicher wirtschaftlicher Interessen von Klubs und Spielervermittlern", sagt Baranowsky. Ein Trost für die Vereine: "Auf Topniveau gibt es solche Fälle immer noch recht selten", sagt Rain.
Rechtlich sei der Klub in einer wesentlich stärkeren Position als der Spieler - ähnlich wie Eltern auf einem Spielplatz: Sie können einfach sitzen bleiben und warten, bis der kleine Unruhestifter sich wieder beruhigt hat.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Ulf Baranowsky, Geschäftsführer VDV
- Interview mit Dr. Joachim Rain, Rechtsanwalt für Sportrecht, Anwaltskanzlei Schickhardt
- spielergewerkschaft.de: Spieler haben nicht zu viel Macht
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