Beim FC Bayern München verpassten sich Olaf Thon und Andreas Brehme im Anschluss an die Heim-EM 1988 knapp, als Thon aus Schalke kam und Brehme nach Mailand ging. Jahrelang aber kämpften sie Seite an Seite als Kollegen in der Nationalmannschaft. Mit der feierten die beiden Ausnahmespieler im WM-Sommer 1990 in Rom den Titel. Thon erinnert sich im Gespräch mit unserer Redaktion an Brehmes entscheidenden Elfmeter und einen Dialog davor.
Nur vier Wochen, nachdem sie am 19. Januar gemeinsam an der Gedenkfeier für Franz Beckenbauer teilnahmen, erreichte
"Er wirkte nicht topfit. Aber es gab kein Anzeichen, dass er jetzt sterben würde." Thon gibt zu, nachdenklich zu werden: "Er ist der erste Weltmeister aus unserem Kader von 1990, der von uns gegangen ist. Wir kommen langsam in die Jahre."
Thon und Brehme wurden im gleichen Jahr Nationalspieler
Thon, Jahrgang 1966 und genau fünfeinhalb Jahre jünger als Brehme, bestritt fast seine gesamte Nationalmannschaftskarriere an der Seite Brehmes. Beide trugen 1984 erstmals in einem A-Länderspiel den berühmten Adler auf der Brust. Brehme trat nach der WM 1994 aus dem DFB-Team zurück, Thon nach der WM 1998. Die WM-Turniere 1986 und 1990 und die EM 1988 in Deutschland erlebten der gebürtige Gelsenkirchener und der gebürtige Hamburger gemeinsam.
"Andi war nicht laut, aber er war eine Persönlichkeit, aufgrund seines Auftretens aber auch seiner Klasse als Fussballer. Er war eine ehrliche Haut, locker und hat immer einen Spass auf den Lippen gehabt." Thon rückt Brehme, dessen "Ballkontrolle" und "Präzision bei Standardsituationen" er unterstreicht, in eine Reihe mit Fritz Walter, Uwe Seeler und
Brehme gehörte zu den Mitgliedern des WM-Kader von 1990, von denen Thon bis heute schwärmt: "Wir haben wirklich Typen gehabt. Das waren gestandene Fussballer, ob Klinsmann, Riedle, Augenthaler, Littbarski, Hässler, Möller, Bein." Sie allen trugen ihren Teil zum dritten deutschen WM-Triumph bei, den aber erst Brehmes Elfmeter im Endspiel gegen Argentinien sicherte.
Kapitän
Thon über Brehmes Beidfüssigkeit: "Das ist einmalig"
Dazu kam in dem entscheidenden Moment in Rom Nervenstärke. Thon, im WM-Halbfinale gegen England 1990 selbst einer der nervenstarken DFB-Schützen im gewonnenen Elfmeterschiessen, erzählt, was
Brehme hatte als Heranwachsender seine Beidfüssigkeit, die ihn später auszeichnete und zu einem Weltklassespieler machte, in ungezählten Stunden am heimischen Garagentor trainiert. Thon erinnert sich an keinen Kollegen, der beidfüssig besser gewesen sei. "Es gab keinen. Ich bin ja schon relativ gut und fast beidfüssig. Aber der Andi war eine absolute Ausnahme. Bei mir ist die Beidfüssigkeit nur entstanden, weil ich mit neun Jahren mit dem Fuss in die Erde getreten bin. Ich war ein Rechtsfuss, habe dann aber ein halbes Jahr alles mit links gemacht, im besten Lernalter. Andi aber war zu 100 Prozent beidfüssig. Der hat in einem Länderspiel mal mit links den Elfmeter geschossen, und dann im WM-Finale mit rechts. Das ist einmalig."
Brehme habe von Haus aus auf der linken Seite gespielt, zog aber beispielsweise im WM-Achtelfinale gegen die Niederlande im Anschluss an einen kurz gespielten Eckball nach innen, um dann mit rechts die Kugel per Schlenzer im langen Eck zum entscheidenden 2:1 zu versenken. "Wir kennen das von 'Robbery'", erwähnt Thon die legendäre bayerische Flügelzange Franck Ribéry und Arjen Robben, um Brehmes Flexibilität herauszustellen. "Auch die beiden haben auf der verkehrten Seite gespielt, um dann mit ihrem starken Fuss nach innen zu ziehen. Andi hatte beide Möglichkeiten. Er konnte nach innen gehen, um zu schiessen und nach aussen gehen, um zu flanken. Darauf, beidfüssig zu werden, muss in der Ausbildung der Jugendspieler Wert gelegt werden."
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