Traumjob oder doch nur ein gewöhnlicher Job, wie jeder andere auch? Während die meisten Menschen beim Gedanken an den Beruf des Fussballprofis wohl eher ersteres im Sinn haben, sorgte Antonio Jonjic, seines Zeichens Fussballprofi bei Drittligist Erzgebirge Aue, mit seinen Aussagen unlängst für Wirbel.
Als er im "MDR" gefragt wurde, ob er angesichts eines Treffers und einer Torvorlage Spass am siegreichen Spiel seiner Mannschaft gehabt habe, antwortete der 23-Jährige: "Na ja ... was heisst Spass?"
Und gewährte anschliessend einen Einblick in sein Seelenleben: "Ich mache die ganze Scheisse nicht aus Spass. Ich mache das, weil ich muss. Das ist mein Job. Das ist meine einzige Zukunft. Deswegen reisse ich mir jeden Tag den Arsch auf. Ganz einfach."
Nun ist bekannt, dass das Leben eines Fussballprofis nicht nur aus Spielen vor Tausenden Fans am Wochenende besteht, sondern auch mehrmals in der Woche Training bedeutet. Hinzukommen Dinge wie Verletzungspausen, Druck und zahlreiche weitere Faktoren, die den Beruf des Fussballprofis auf eine gewisse Art und Weise zu einer Herausforderung machen. Auf der anderen Seite winken aber auch ein überdurchschnittlicher Verdienst, Bekanntheit und die Möglichkeit, seine Leidenschaft von Kindesbeinen an zum Beruf zu machen.
Holger Badstuber widerspricht Jonjic: "Fussballspielen war Leidenschaft, Freude"
Angesprochen auf Jonjics Äusserungen unterstreicht dies auch Ex-Nationalspieler
Badstuber weiter: "Ich habe das nie als Job empfunden. Ich bin jeden Tag aufgestanden und war voller Vorfreude. Das habe ich meine gesamte Karriere so empfunden."
Eine Karriere, die ihn nach einem kometenhaften Aufstieg unter Louis van Gaal beim FC Bayern bis in die Nationalmannschaft führte, zwischen 2012 und 2016 aber auch von zahlreichen schweren Verletzungen geprägt war. 2017 verliess er den deutschen Rekordmeister in Richtung Schalke 04, bevor er über Stationen in Stuttgart und Luzern im September 2022 sein Karriereende bekannt gab.
Beim Blick auf seinen rasanten Aufstieg bei den Bayern, meint der ehemalige Innenverteidiger rückblickend: "Da prasselt natürlich sehr viel auf einen ein, viele tolle Momente. Natürlich ist es für einen jungen Spieler nicht immer einfach, wenn man von 0 auf 100 durchstartet."
Nachteile als Fussball-Profi? "Sehr viel unterwegs"
Und so sieht der 34-Jährige auch Schattenseiten im Dasein als Fussballprofi, indem man auf höchster Ebene "sehr viel unterwegs" sei. "Wenn man Kinder hat, sieht man sie nicht viel aufwachsen." Andererseits bietet das väterliche Dasein als Fussballprofi dem Nachwuchs die Chance auf ein sorgenfreies und privilegiertes Leben, wie es die meisten Gleichaltrigen wohl niemals erleben werden.
Allerdings gilt dies nur für einen geringen Prozentsatz der Fussballprofis, die in den europäischen Topligen Woche für Woche vor mehreren Tausend Zuschauern auflaufen und Millionengehälter einstreichen. In den unteren Ligen und ausserhalb der europäischen Top-Ligen bietet sich oftmals ein anderes Bild, das auch Jonjic betrifft. So gab der DFB im Jahr 2019 bekannt, dass ein Drittliga-Profi in Deutschland durchschnittlich 120.000 Euro im Jahr verdient – brutto. Klingt im ersten Moment nach viel Geld, doch eine Profi-Karriere endet in den meisten Fällen in den mittleren Dreissigern. Bis zur Rente verbleiben damit noch weitere 30 Jahre, die nur die wenigsten Ex-Profis ohne weitere Berufstätigkeit verbringen können.
Noch dramatischer ist die Lage bei den weiblichen Fussball-Profis. Laut Berichten verdienen die Spielerinnen in der Frauen-Bundesliga im Durchschnitt 39.000 Euro pro Jahr – eine Summe, die bei weitem nicht ausreicht, um für das Leben nach der Karriere ausreichend vorsorgen zu können.
Ex-Torschützenkönig Ailton: "Viel mehr als eine Million Euro verprasst"
Es gab in der Vergangenheit mehrere Beispiele von Profis, die nach ihrem Abschied von der grossen Fussballbühne in finanziellen oder anderen Nöten steckten. Unter anderem der frühere Bundesliga-Torschützenkönig
Häufig liegt der Grund im ausschweifenden Lebensstil während der Karriere, der nach der Laufbahn nicht mehr aufrechterhalten werden kann, da die Einnahmen plötzlich andere Dimensionen haben. Hinzukommt, dass für einige Profis auch abseits des Platzes eine Menge auf dem Spiel steht, schliesslich müssen sie nicht nur sportlich ihre Leistung abliefern, sondern auch noch die gesamte Familie finanziell miternähren. Alles wurde auf die Karte Fussball gesetzt und nachdem der Plan aufgegangen ist, will nun auch das komplette Umfeld, neben Familie oftmals auch Freunde und Berater, profitieren.
Dieser Leistungsdruck kann auch psychische Auswirkungen, wie zum Beispiel Depressionen haben, denn im Profi-Fussball gibt es nur selten die Möglichkeit, seine wahren Gedanken und Emotionen zu offenbaren. Zudem ist auch das Thema Privatsphäre mit steigender Bekanntheit ein immer schwierigeres Thema für Fussball-Profis, die im Zeitalter von Smartphones und Social Media jede Handlung im Vorfeld abwägen müssen, ob und wie diese in der Öffentlichkeit gesehen werden könnte.
In diesem Licht wirken Jonjics Aussagen deutlich weniger überraschend, schliesslich hat auch der Traumjob Fussballprofi nicht nur eine Wahrheit zu bieten, sondern bringt verschiedene Menschen aus verschiedenen Kreisen mit unterschiedlichen Voraussetzungen zusammen. Umso schöner, wenn es dabei Menschen gibt, die bei diesem Job ausschliesslich Spass und Freude empfinden, aber auch die Schattenseiten so manches Profi-Daseins dürfen nicht vergessen werden.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Holger Badstuber (Oliver Jensen)
- MDR: Interview Antonio Jonjic 18.2.23
- sportbild.de: Ailton: "Ich habe mehr als eine Million Euro verprasst"
- express.de: Offizielle Zahlen Gehälter in der 3. Liga: Das hat jeder Fussballer in der Tasche
- szlz.de: Was verdienen Frauen und Männer im deutschen Fussball?
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