Der Rückzug von Präsident Dieter Schneider ist nur ein Glied in einer Kette von Skandalen rund um den Traditionsklub TSV 1860 München. Und auch auf dem Platz will es einfach nicht laufen. Seit 2004 dümpeln die "Löwen" in der Zweiten Liga herum und genügen damit ihren eigenen Ansprüchen nicht. Doch wie soll ein Klub sportlichen Erfolg haben, wenn es im Umfeld grundsätzlich rumort?

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Wer Fans des TSV 1860 München in seinem Freundeskreis hat, sollte den Teufel tun und sie vor dem Spieltag auf ein mögliches Ergebnis anzusprechen. Denn viele "Löwen"-Fans haben es sich angewöhnt schon präventiv zu "granteln", wie man in München sagt. "Die gewinnen eh nicht", hört man dann. Es muss eine Art Schutzmechanismus sein, die 1860-Anhänger zu solchen Aussagen bewegt. Man scheint im Umfeld des Vereins schon komplett desillusioniert zu sein.

So richtig wundern braucht einen das nicht. Vor allem von dem Schmiergeldskandal um die Allianz-Arena im Jahr 2004 hat sich der Verein nie so richtig erholt. Der damalige "Löwen"-Präsident Karl-Heinz Wildmoser und dessen Sohn sollen vor Baubeginn des neuen Münchner Stadions insgesamt 2,8 Millionen Euro Bestechungsgelder von der österreichischen Baufirma Alpine kassiert haben. Im selben Jahr stieg der Verein in die Zweite Liga ab.

Der Wiederaufstieg wurde noch in jeder Saison als erklärtes Ziel ausgegeben, inzwischen jedoch in der abgeschwächten Form "oben mitspielen" zu wollen. Es will jedoch einfach nicht klappen, stattdessen häufen sich Jahr für Jahr kleinere und grössere Skandale. Zugegeben, für den Kokainskandal um Berkant Göktan konnte der Verein nichts. Auch dass Nemanja Vucicevic im Jahr 2006 wegen Dopings zu einem halben Jahr Sperre verdonnert wurde, muss man den Sechzigern nicht ankreiden. Konnte ja keiner ahnen, dass sich im Haarwuchsmittel verbotene Substanzen verstecken.

"Der Fisch stinkt vom Kopf"

Die Führungsriege war zu diesem Zeitpunkt ohnehin viel zu beschäftigt, sich gegenseitig auf die Mütze zu geben. Unvergessen die Aussage des damaligen Geschäftsführers Stefan Ziffzer: "Der Fisch stinkt vom Kopf her, und bei uns ist der Kopf der Präsident. Dieser Präsident ist eine Schande." Besagter Präsident war Albrecht von Linde, der wenig später zurücktrat. Ziffzer wurde sofort entlassen. Glücklicherweise war zu diesem Zeitpunkt der Klassenerhalt bereits gesichert.

Dann die drohende Insolvenz, die Verhandlungen mit dem FC Bayern über die Stadionmiete, der Einstieg des Investors Hasan Ismaik, der Ärger mit eben diesem Investor. Wenn man über die "Löwen" redet, geht es kaum noch um das Sportliche. Kein Wunder also, dass die Mannschaft grundsätzlich die eigenen Erwartungen nicht erfüllen kann.

Vor dem Hintergrund dieser Vereinsgeschichte wirkt es fast schon ungewollt komisch, wenn der scheidende Präsident Dieter Schneider bei "Blickpunkt Sport" sagt, der Verein dürfe "nicht zum Kasperltheater in Deutschland werden." Er ist es längst. Und das ist schade, denn der TSV 1860 München ist ein Traditionsverein, der eigentlich in die erste Liga gehört.

Nun ist Hep Monatzeder, der dritte Bürgermeister Münchens, im Gespräch für den Posten des Präsidenten. Es ist den "Löwen" zu wünschen, dass dieser wieder etwas mehr Ruhe in den Verein bringt. Dann können sich die "Sechzger" endlich wieder auf das Sportliche konzentrieren und die Fans freuen sich vielleicht auch mal auf das ein oder andere Spiel. Und ein bisschen träumen sie ja auch in dieser Saison noch vom Aufstieg. (ska)

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