In den kommenden Wochen wird die DFL die TV-Rechte für die Periode ab 2025/26 vergeben. Theoretisch kann sich ein Sender alle wichtigen Live-Rechte schnappen. Doch ist das realistisch? Und was bedeutet das für die möglichen Erlöse? Wir haben mit dem Sportökonomen Prof. Dr. Sebastian Uhrich darüber gesprochen.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Andreas Reiners sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es gab schon einfachere Zeiten für die Deutsche Fussball Liga. Die Investorensuche gestaltet sich holprig bis schwierig, zuletzt stieg Blackstone aus den Verhandlungen aus. Übrig ist nun nur noch CVC, und was das für (finanzielle) Folgen hat, bleibt zunächst offen. Ganz nebenbei gehen auch noch die Fans beständig auf die Barrikaden.

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Und dann ist da ja auch noch die TV-Rechtevergabe für die Periode ab 2025/26 für vier Spielzeiten, die der Liga wie durch den Investor rund eine Milliarde Euro bringen soll. Gerne auch ein bisschen mehr. Doch wie realistisch ist das? Immerhin sind jetzt ein paar Rahmenbedingungen bekannt. Die wichtigste: Der Wegfall der No-Single-Buyer-Rule. Bedeutet: Theoretisch könnte sich nun ein Sender alle Live-Rechte unter den Nagel reissen.

Grundsätzlich ist das eine gute Position für die beteiligten Parteien-Liga auf der einen und Sender auf der anderen Seite. "Alle können freier verhandeln, das ist für beide Seiten prinzipiell gut", sagt Sebastian Uhrich vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule in Köln im Gespräch mit unserer Redaktion.

"Insofern sehe ich keine Übervorteilung einer Partei, sondern eher, dass das Rennen offener ist denn je. Und beide Seiten haben mehr Möglichkeiten." Die vier wichtigsten Pakete umfassen dabei die Bundesliga-Konferenz am Samstag, die Einzelspiele am Freitagabend und Samstagnachmittag sowie Relegationsspiele in der 1./2. Bundesliga, das Einzelspiel am Samstagabend sowie die Einzelspiele am Sonntag.

No-Single-Buyer-Rule weg: Alles für einen?

Uhrich geht aber nicht davon aus, dass ein Sender nun auf alle Rechte gehen wird. Und das, obwohl ein Alleinstellungsmerkmal als einzige Anlaufstelle für die Bundesliga auf den ersten Blick attraktiv wirkt. Doch nur auf den ersten. Die Realität dürfte eine andere sein.

"Letztlich haben alle Medienunternehmen das gleiche Problem, dass sie relativ viel Geld dafür bezahlen und das irgendwie refinanzieren müssen. Und das ist nicht ganz so einfach, wie man in den letzten Jahren gesehen hat", sagte Uhrich: "Und insofern glaube ich nicht, dass die Möglichkeit, jetzt alle Rechte zu kaufen, daran grundlegend etwas ändert."

Denn die Probleme sind die gleichen: Deutschland ist weiterhin kein Pay-TV-Land, die Kostenlos-Mentalität in Sachen Sport ist noch weit verbreitet und in der Gesellschaft tief verankert. "Die Menschen haben im Moment noch eine geringe Zahlungsbereitschaft für Pay-TV. Und das wird sich nicht dadurch ändern, dass die Rechte jetzt in einer Hand liegen", betont Uhrich.

Irgendwann werden aber vermutlich immer mehr Fans akzeptieren, für Bundesliga-Fussball genau wie für andere Unterhaltungsprodukte auch zahlen zu müssen, so Uhrich: "Dass dieser Schritt jetzt so spontan kommt, erwarte ich eher nicht. Zumindest nicht mit einer sehr hohen Zahlungsbereitschaft."

Dabei hilft es auch nicht, dass viele Fans die undurchsichtige Situation mit Mehrfach-Abos in der Vergangenheit kritisiert haben und zu einem gewissen Teil auch ablehnen. Anhänger fühlen sich immer ein Stück weit über den Tisch gezogen, wenn sie auf mehrere Anbieter zurückgreifen müssen.

"Ich weiss aber nicht, ob die Fanproteste viel geringer wären, wenn die Anhänger statt drei Abos für 30 Euro eines für 90 abschliessen müssten", sagt Uhrich. Es stimme allerdings, dass eine Fragmentierung der Abos psychologisch gesehen eine höhere Hürde darstelle, so der Experte.

Keine Rücksicht auf Fanbelange

Der Sportökonom geht aber sowieso nicht davon aus, dass im Bieterprozess gross auf Wünsche der Fans eingegangen wird. "Die DFL kann es sich kaum leisten, grosse Schranken aufzubauen, denn sie haben einen riesigen Druck, dass sie von den Erlösen her zumindest nicht unter dem liegen, was letztes Mal erlöst wurde", so Uhrich. Aktuell bekommt die DFL 1,1 Milliarden Euro pro Saison, die derzeitigen Haupt-Rechteinhaber Sky und DAZN hatten aber schon vor Monaten angedeutet, dass die wirtschaftliche Situation nicht einfach ist.

Die Abopreise werden zwar immer wieder angezogen, doch das scheint auch nicht nachhaltig zu helfen. Schwarze Zahlen sind weit weg, bevor im April die Auktion für die neue Rechteperiode beginnen soll. Das wissen auch die DFL-Verantwortlichen.

Wenn eine Konstellation also höhere Erlöse versprechen sollte, wird auf Fan-Belange wenig Rücksicht genommen. "Die DFL wird natürlich sagen, dass man die Fans im Blick habe, aber die Verantwortlichen werden letztendlich daran gemessen, was sie herausholen", so Uhrich.

"Innovatives Topmedienprodukt auf Weltniveau"?

Um mehr herauszuholen, will man ein "innovatives Topmedienprodukt auf Weltniveau" anbieten, wie es DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel nannte. Es soll zum Beispiel Kurz-Interviews nach der Busankunft oder Zugänge zur Kabine geben.

Die Vereine werden "mehr Nähe zulassen", betonte Merkel. Experte Uhrich glaubt, dass das Rechtepaket dadurch attraktiver wird, auch wenn es bei den Formaten möglicherweise Interessenkonflikte mit den Klubs geben könnte. Trotzdem: "Das sind Extras, die das Ganze noch aufwerten", so Uhrich.

Das Problem: Ein attraktiveres Paket ist nicht automatisch gleichbedeutend mit höheren Erlösen. "Es gibt viele Faktoren, die die Medienunternehmen vorsichtig machen werden. Und das sind vor allem die grossen Refinanzierungsprobleme der vergangenen Jahre. Insofern ist es spannend, was am Ende dabei herauskommt", so der Experte.

Mit einer grossen Überraschung, also einem ganz neuen Player wie Apple oder Amazon Prime Video, rechnet er nicht unbedingt. Falls einer der US-Riesen doch einsteigen sollte, dann nicht zu einem exorbitanten Preis. "Die Refinanzierungsprobleme, die die aktuellen Rechteinhaber haben, haben dann genauso Apple oder Amazon.

Und das sind Unternehmen, die sich von einer Liga vermutlich noch viel weniger die Spielregeln diktieren lassen wollen", so Uhrich: "Ich kann mir vorstellen, dass einer dieser Player jetzt mitspielen möchte. Aber ich glaube nicht, dass der das Bieterniveau wahnsinnig in die Höhe treiben wird."

Bundesliga stösst an ihre Grenzen

Uhrich schätzt, dass es für die DFL unter dem Strich in etwa auf die aktuellen Einnahmen hinauslaufen könnte. Rund eine Milliarde pro Saison also. Es ist die natürliche Grenze, an die die DFL hierzulande aktuell stösst, betont Uhrich: "Der deutsche Markt scheint ein bisschen ausgereizt zu sein. Nennenswerte Steigerungen werden wir deshalb eher nicht mehr sehen." Es gab eben schon einfachere Zeiten.

Über den Gesprächspartner

  • Prof. Dr. Sebastian Uhrich lehrt am Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule in Köln. Unter anderem forscht er zum Thema Sportmarketing, insbesondere zum Sportkonsumentenverhalten.

Verwendete Quelle

  • Pressekonferenz DFL
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