Hooligans und rechte Krawallmacher fallen beim Länderspiel auf, Ultras führen ihren Kampf gegen den modernen Fussball in den Bundesligastadien fort. Aber wer ist eigentlich wer? Und welche Ziele verfolgen welche Gruppen?
Am vergangenen Wochenende waren sie wieder da, die Spruchbänder und Sprechchöre, der Wechselgesang selbst verfeindeter Gruppierungen gegen den einen gemeinsamen Feind.
In Augsburg etwa war die Kurve voll mit Transparenten. Schlagzeilen der jüngeren Vergangenheit wurden präsentiert, sogar journalistisch sauber gekennzeichnet mit dem jeweiligen Verfasser.
Und ein überdimensionales Logo des Deutschen Fussball-Bunds dazwischen. Durchgestrichen wie bei einem Verkehrsverbotsschild.
Es sind die Verfehlungen des DFB und manchmal auch der Deutschen Fussball-Liga DFL, die die Fans in den Bundesligastadien bewegen. Zumindest einen nicht unerheblichen Teil davon.
Die Ultras sehen sich als das gute Gewissen des Fussballs. Ohne sie gibt es keine Stimmung, keinen gesellschaftlichen oder politischen Diskurs. Keine Zuwendung an die gute alte Zeit.
"Gegen den modernen Fussball" ist zu einer Kampagne geworden. Gegen Internationalisierung, gegen die Abschaffung der 50+1-Regelung, gegen den Turbokapitalismus im Volkssport Fussball und die zunehmende Entfremdung der Protagonisten, Spielern also, die an einem Tag so viel Geld verdienen können, wie der normale Fan im ganzen Jahr.
Vereinsliebe gegen Radau
Beim Spiel der deutschen Nationalmannschaft in Prag waren kaum Ultras vor Ort. Deren Liebe gilt ihrem Verein, vielleicht noch ihrer Mannschaft und ihrer Stadt.
Einigen Leuten, die beim Qualifikationsspiel gegen Tschechien den Weg ins Stadion gesucht und gefunden haben, geht es stattdessen um Krawall und Radau.
Es geht darum, zu provozieren und aufzufallen. Und nicht um Werte oder Debatten. Gerade bei Länderspielreisen in osteuropäische Staaten waren in der Vergangenheit viele Hooligans mit unterwegs.
Die meisten sind polizeibekannt, manche werden der so genannten Kategorie C zugeteilt, der höchsten Stufe der gewaltbereiten Fans in der Kartei "Gewalttäter Sport". Ihre Gesinnung ist meist rechts, ganz sicher aber nicht links - so wie bei grossen Teilen der Ultra-Szene.
In den Tagen nach den Protesten in der Bundesliga und den Krawallen und Verfehlungen von Prag wurden beide Gruppen gerne in einen Topf geworfen. Dabei könnten diese unterschiedlicher kaum sein.
Krawalltouristen reisen dem DFB hinterher
Die Hooligans und Krawalltouristen waren lange Zeit untergetaucht und allenfalls bei Länderspielen aufgefallen.
Mit dem Gang auf die Strassen aber, etwa bei Pegida-Demonstrationen oder der eigens ins Leben gerufenen Initiative "Hooligans gegen Salafisten", wurde einer grossen Öffentlichkeit wieder sichtbar, was da jahrelang im Untergrund schlummerte. Unter die Hooligans mischen sich sehr viele Rechtsradikale.
In deutschen Fussballstadien wird der Prozentsatz an gewaltbereiten Schlägern mit rechtem Hintergrund auf unter fünf Prozent geschätzt. Die Ultras sind dort deutlich präsenter.
Und nicht selten kommt es in den Kurven selbst unter den "Fans" ein- und derselben Mannschaft zu wüsten Auseinandersetzungen.
In Aachen vertrieb eine rechte Gruppierung eine Ultra-Gruppe aus dem Block; bei einem Auswärtsspiel von Eintracht Braunschweig in Mönchengladbach kam es zu Schlägereien im Gästeblock.
Rechte Eintracht-Fans hatten sich mit Ultras geprügelt.
In Bremen wurde eine Party der antirassistischen Ultra-Gruppierung "Racaille verte" von einer Schar rechter Hooligans förmlich überfallen, Gäste zusammengeschlagen.
Das war vor zehn Jahren. Damals tobte der Kampf um die Ostkurve zwischen den Althauern aus der rechten Szene und der jungen linksgerichteten Peergroup der Ultras.
Die Rechten kontrollierten die Kurven, gerade in Bremen war das Problem besonders gross. Heute gilt Werders Fanszene als linksgerichtet, angelehnt an das ehemalige Vorbild FC St. Pauli.
Verstärkte Konflikte
Gesellschaftspolitische Kernthemen wie die Flüchtlingswelle und Migration führen nun wieder verstärkt zu Konflikten zwischen Hooligans und linksgerichteten Ultras in den Stadien.
Dabei fallen die Hooligans in ihrem Erscheinungsbild weniger auf.
Beide Gruppen definieren sich über bestimmte Codes oder Kleidung. Für die grossen Banner, Choreografien oder Pyrotechnik sind aber fast ausschliesslich die Ultras verantwortlich.
Die Hooligans bleiben für den "normalen" Stadiongänger oder Zuschauer unscheinbarer, aber nicht weniger dominant.
"Sie sind an manchen Standorten nach wie vor eine Art graue Eminenz, die den Ultras diktieren, wie weit sie gehen dürfen", sagt Fanforscher Jonas Gabler von der Uni Hannover.
Gerade in der Diskussion um die Verfehlungen der Ultras - wie diffamierende Banner oder unerlaubtes Abbrennen von Pyrotechnik - gehe eine wichtige Botschaft unter.
"Die Klubs müssen erkennen, wie wichtig die moderaten Ultra-Gruppen für die Fussballkultur sind, und sie vor Angriffen von rechts schützen", sagt Gabler. Der Kampf um die Kurven geht also weiter.
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