- Seit dem Viertelfinal-Hinspiel gegen den FC Bayern ist der FC Villarreal in aller Munde - und somit auch sein Trainer Unai Emery.
- Seit seiner Ankunft integriert Emery zahlreiche Jugendspieler und Neuzugänge in den Kader.
- Wir werfen einen Blick auf die sportliche Vergangenheit des Spaniers, der ein hochgelobter Taktgeber ist.
Akribischer Arbeiter. Detailversessener Motivations-Guru. Taktisches Mastermind. Dies allesamt sind Attribute, die Unai Emery, den Trainer vom FC Villarreal, beschreiben.
Spätestens seit dem fulminanten 1:0 im Hinspiel des Viertelfinales der Champions League gegen den FC Bayern München ist sein Name in aller Munde. Dies war gleichbedeutend mit der ersten Auswärtsniederlage der Münchner in der Königsklasse seit viereinhalb Jahren und insgesamt 22 ungeschlagenen Spielen. Damals unterlagen die Bayern mit 0:3 in der Vorrunde gegen Paris Saint-Germain und ebenfalls Trainer Emery.
Im Nachgang der Partie analysierte der Spanier in wenigen Sätzen den ungefährdeten Sieg über eines der Schwergewichte im europäischen Spitzenfussball und unterstrich damit seine aufgegangene Taktik. Die Mannschaft habe sich perfekt auf den Gegner eingestellt, um "ihre Tugenden zu minimieren", betonte Emery gegenüber "Radio Marca": "Die Aussenbahnspieler haben mehr über die Mitte gespielt, um mehr Ballbesitz zu haben. Wir haben einen offensiven Rechtsaussen geopfert, um mehr Ballbesitz zu haben."
Einzig das Ergebnis gefiel Emery mit: "Ich ärgere mich ein bisschen, dass unsere Torausbeute nicht höher war." Ganz Unrecht hat er damit nicht. Die Bayern konnten sich durchaus glücklich schätzen, nicht das ein oder andere Gegentor mehr kassiert zu haben. Dennoch sorgte die Selbstverständlichkeit, mit der Emery seine Mannen auf den Platz schickte und der krasse Aussenseiter die Münchner über 90 Minuten dominierte, für reihenweise offene Münder sowohl bei Fans als auch den Journalisten.
Doch wer genau ist der so hochgelobte Taktgeber aus dem Baskenland eigentlich?
Unai Emery: Steiler Aufstieg als Trainer bis in Europas Spitze
Der 50-Jährige begann seine Trainerkarriere 2004 bei Lorca Deportivo CF, gegenwärtig in der spanischen dritten Liga beheimatet, bei dem er wenige Monate zuvor seine aktive Karriere beendet hatte. Knapp 15 Jahre spielte er als Profi, unter anderem sechs Jahre für Real Sociedad San Sebastián.
Lange Zeit sollte er aber nicht im spanischen Unterhaus als Trainer arbeiten. Bereits nach zwei Jahren wechselte er zur UD Almeria, nach weiteren zwei Spielzeiten zum FC Valencia. Dort leitete er vier Jahre lang die Geschicke, ehe es Emery nach einem lediglich viermonatigen Engagement bei Spartak Moskau weiter zum FC Sevilla zog.
Seine Erfolgsformel und Philosophie als Trainer beschrieb Emery gegenüber "UEFA.com" einmal wie folgt: "Man muss von Spiel zu Spiel und von Tag zu Tag denken. Der Weg dorthin und die Arbeit müssen Spass machen, man darf nicht zu früh über das Ende nachdenken. Denke in jedem Spiel daran, was du besser machen kannst und finde Lösungen für die Probleme, die der Gegner dir stellt."
In Sevilla sollte sein bis dato erfolgreichster Klubaufenthalt als Trainer folgen. Von 2014 bis 2016 gewann Emery mit dem Team gleich dreimal in Folge die Europa League und coachte sich in die Notizbücher der europäischen Top-Klubs.
Auf der ganz grossen Bühne sollte Emery jedoch keine guten Erfahrungen sammeln. Es folgte ein zweijähriger Aufenthalt in Paris, wo er ähnlich wie seine Vorgänger trotz zahlreicher nationaler Titel am ausgerufenen Ziel des Gewinns der Königsklasse scheitere. Aber auch beim FC Arsenal London wurde der Baske als Nachfolger von Klublegende Arsène Wenger nicht glücklich und nach eineinhalb Jahren trennten sich die Wege wieder.
Unai Emery: Neustart für "Mr. Europa League" in Villarreal
2020 besann sich der Trainer dann auf seine Anfänge, wechselte zurück in sein Heimatland und übernahm den Trainerposten in Villarreal. Von glamourösen Stationen in zwei Weltmetropolen zurück in die spanische Provinz mit gerade einmal 50.000 Einwohnern – extremer geht es fast nicht, auch rein sportlich.
Ein Jahr zuvor kämpfte der Klub noch gegen den Abstieg und qualifizierte sich dann in der Saison vor der Ankunft des neuen Trainers sensationell für die Europa League. Selbst im Vereinsumfeld rechnete man eher mit einer Eintagsfliege, unter anderem auch wegen der schwierigen Lage für den Klub in Pandemiezeiten.
Doch dann kam Emery ins 60 Kilometer von Valencia entfernte Villarreal, sollte auf Anhieb für Furore sorgen und gewann im Finale gegen Manchester United erneut die Europa League. Kein anderer Trainer ist in diesem Wettbewerb auch nur ansatzweise so erfolgreich. Die Medien tauften Emery längst zum "Mr. Europa League".
Verein und Fans lagen dem Trainer nach dem ersten grossen Titelgewinn in der 99-jährigen Vereinshistorie Villarreals längst zu Füssen. Und auch Emery weiss genau, was er an dem Klub hat. "Villarreal ist etwas Besonderes. Das ist ein konstantes Projekt mit einer gewissen Finanzkraft, die Stabilität und Langlebigkeit bietet", erklärte der Spanier im Interview mit "UEFA.com". Ein spezieller Klub mit einem noch spezielleren Spitznamen - das "gelbe U-Boot".
Laut Klubangaben geht der Spitzname bis in die Saison 1967/68 zurück, als Villarreal noch in der dritten spanischen Liga spielte und um Aufmerksamkeit buhlen musste. So wurde überliefert, dass während einer Partie einige Fans hinter dem Tor auf einem Plattenspieler den berühmten Beatles-Hit "Yellow Submarine" (auf Deutsch: Gelbes U-Boot) abgespielt haben sollen. Passend zu den traditionell gelben Trikots der Mannschaft.
Daraus entstand der Fangesang: "Amarillo es Villarreal/amarillo es/amarillo es" (Villarreal ist gelb, sie sind gelb). Der neue Spitzname war gefunden, doch der sehnsüchtig erhoffte Anschluss an die Topteams in Spanien sollte noch lange Zeit auf sich warten lassen. Der Klub spielte erstmals in der Saison 1998/99 in der ersten Liga.
Gut 20 Jahre später liefert Villarreal mit Trainer Emery immer mehr Superlative und schickt sich zum nächsten grossen Coup an.
FC Villarreal erobert mit Emery auch die Champions League
In der Vorrunde qualifizierte sich das Team in einer Gruppe mit den Young Boys Bern und Atalanta Bergamo souverän auf Platz zwei hinter Manchester United für das Achtelfinale. Nach einem Unentschieden im Hinspiel gegen Juventus Turin griff Emery im Rückspiel erneut ganz tief in die taktische Trickkiste. "Die Alte Dame" blieb beim 0:3 ohne Chance und Villarreal zog souverän in die nächste Runde ein. Einmal mehr wurde dabei deutlich, dass die Mannschaft im Kollektiv überzeugt und auch qualitativ stärkeren Teams ihr Spiel unter Emery aufzwingen kann.
Routiniers wie Abwehrspieler Raúl Albiol und Mittelfeldspieler Dani Parejo bilden zentrale Spieler in Emerys System. Hinzukommen wichtige Akteure wie die Defensiv-Asse Juan Foyth und Eigengewächs Pau Torres sowie Mittelfeld-Antreiber Giovani Lo Celso. Ein Grossteil der genannten Spieler wurde erst seit Emerys Ankunft verpflichtet. Zum Star im Team entwickelte sich unter der Führung des Trainers jedoch Offensivspieler Gerard Moreno. 23 Tore in der Vorsaison bedeuteten den geteilten zweiten Platz in der Liga mit Karim Benzema hinter Lionel Messi. In fünf Spielen der laufenden Champions League kommt der 30-Jährige bereits auf zwei Tore und zwei Assists und scheiterte im Hinspiel gegen die Bayern per fulminantem Distanzschuss am Pfosten.
Während die Fanherzen rund um die Stadt bereits vom ganz grossen Wurf träumen, bleibt ein Mann ganz entspannt: Unai Emery. Er lässt sich trotz des starken Auftritts vor einer Woche nicht aus dem Konzept bringen und weiss ganz genau um die Ausgangslage vor dem Gastspiel in München. "Sie sind die Favoriten im Rückspiel, weil sie sehr viel Potenzial haben. Wenn wir nicht alles abrufen, dann werden wir kaum Chancen auf ein Weiterkommen haben", konstatierte der Baske in gewohnt prägnanten Worten.
Die Bayern sollten beim Spiel am Dienstagabend (hier im Live-Ticker) dennoch gewarnt sein. "Mr. Europa League" hat mit grosser Wahrscheinlichkeit schon die nächste taktische Meisterleistung ausgetüftelt.
Verwendete Quellen:
- uefa.de: Weshalb Villarreal als "gelbes U-Boot" bekannt ist
- uefa.de: Villarreal-Trainer Unai Emery über das Viertelfinale gegen den FC Bayern
- br.de: Champions League: Das "gelbe U-Boot" will Geschichte schreiben
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