Die Promo-Tour des FC Bayern München durch die USA hat mit einer 1:2-Niederlage gegen die MLS Allstars ein unrühmliches Ende gefunden. Nachdem nun auch noch Bastian Schweinsteiger angeschlagen von dem Trip zurückkehrt, fragen sich viele, weshalb sich der Rekordmeister diese Reise überhaupt angetan hat.
Jörg Wacker ist ein Mitglied im Vorstand des FC Bayern München - und doch kennen ihn in Deutschland nur einige wenige Experten. Das mag daran liegen, dass er erst vor gut einem Jahr aufgerückt ist in den engen Kreis der Entscheidungsträger bei den Bayern.
Vor allen Dingen liegt es aber daran, dass Wacker mit dem operativen Geschäft vorerst nur wenig und mit sportlichen Inhalten beim Rekordmeister rein gar nichts zu tun hat. Der 46-Jährige trägt den Titel "Vorstand Internationalisierung und Strategie" und war in dieser Funktion der Initiator der USA-Reise, die den Bayern-Tross mehr als eine Woche lang erst an die Ost- und später bis an die Westküste der Staaten verschlug. Die Strategie des Vereins ist klar: Die Marke "FC Bayern München" in Nordamerika bewerben, Trikotverkäufe ankurbeln, den Bekanntheitsgrad steigern. Und dazu gehört nun mal auch ein Spiel der Superstars gegen eine US-Auswahl.
Stars riskieren Verletzungen
Rund eine Woche vor dem offiziellen Saison-Auftakt im DFB-Pokal bei Preussen Münster und wenige Tage vor dem - nach den zuletzt heftigen Debatten bereits wieder schwer aufgeladenen - Vergleich mit Borussia Dortmund im Supercup verdingen sich die Münchner 10.000 Kilometer fern der Heimat.
Statt an der Säbener Strasse einem geregelten Trainingsbetrieb nachzugehen, mussten die Bayern im zweiten Spiel auf ihrer Tournee gegen die MLS-All-Stars ran. Sie verloren 1:2, was aber beinahe komplett in den Hintergrund gerückt wäre.
Bastian
Vorbereitungszeit unterbrochen
Eine Verletzung in einem Testspiel kann natürlich überall auf der Welt passieren. Oder direkt vor der Haustür, bei einem Kick gegen einen Bayern-Fanklub am Tegernsee. Nur hätte der Rekordmeister dafür nicht die Mühen auf sich genommen, für ein paar Spielminuten und etwas mehr Promotionzwecke all jene Spieler hinzuschicken, die eigentlich jede Minute zur Vorbereitung auf die neue Saison intensiv nutzen sollten.
Acht Spieler, direkt aus dem Urlaub geholt, die ein paar Minuten gespielt haben und unmittelbar danach wieder in den Flieger steigen, um die elf Stunden zurück in die Heimat zu fliegen - lohnt sich das? "Es ist ein absolutes Muss, was wir hier machen", sagt Wacker, der Strategie-Vorstand.
Einzeltraining für Franck Ribery
Eine Woche lang zog der Franzose mit
Ribery stiess wegen seines "Trainings-Urlaubs" verspätet zum Rest der Mannschaft. Guardiola hat sich wohl oder übel auf eine Patchwork-Vorbereitung einlassen müssen, deren Gipfel die USA-Reise ist. Dass dabei vielleicht einige Prozent der Leistungsfähigkeit der Mannschaft gerade in der Startphase der Saison fehlen könnten, ist zumindest einkalkuliert.
Thomas Schaaf und Armin Veh sind unglücklich
"Eine Woche mehr Urlaub wäre nicht schlecht gewesen. Aber es ist, wie es ist. Wir haben nun mal einen engen Terminplan", sagt Jerome Boateng in einem "Kicker"-Interview. Auch deshalb waren die Spieler angehalten, im Urlaub bereits wieder dosiert zu trainieren.
Dass die Stars nun wie in den vergangenen Tagen vor ihrem Urlaub wieder lange im Flieger sitzen und durch verschiedene Klima- und Zeitzonen reisen müssen, um dann am Donnerstagabend endlich wieder in München zu landen, ist alles andere als optimal. Zumal die Konkurrenz - so sie denn auch in fernen Gefilden unterwegs war - diese Reisen bereits vor Wochen hinter sich gebracht hat.
Auf der internationalen Trainertagung in Mannheim vergangene Woche gab es durchaus kritische Töne zur allgemeinen Überbelastung für die Nationalspieler. "Man muss überlegen, wie viel man den Spielern zumuten kann", sagte Frankfurts Trainer Thomas Schaaf und erhielt Unterstützung von VfB-Coach Armin Veh: "Man sollte den Spielern Zeit zur Regeneration geben. Sonst wird der eine oder andere es mit der Zeit nicht mehr mitmachen können oder auch wollen."
Liga profitiert von der Bayern-Reise
Aus den Reihen der Bayern ist - wohl auch aus Selbstzweck - kein einziges negatives Wort über den Trip zu hören. Eher im Gegenteil. "Wir gehen für den FC Bayern in die USA - aber eben auch für den deutschen Fussball. Denn davon profitiert die ganze Liga. Ich will nicht erwarten, dass uns dafür jeder auf die Schultern klopft", sagt Matthias Sammer.
Ihm sind die Strapazen für seine Spieler durchaus bewusst, aber auch Sammer sieht vielmehr das grosse Ganze im Vordergrund. "Was internationale Vermarktung, die Fernsehrechte oder gewisse Werbekonstellationen betrifft, profitieren wir alle davon. Und dann teilen wir schön brüderlich."
Jörg Wacker wird so etwas gerne hören. Für ihn hat sich der Trip in die USA allemal gelohnt. Das neue schmucke Büro an der Lexington Avenue im New Yorker Stadtteil Manhattan ist nun auch offiziell eröffnet. Die "FC Bayern München LLC" soll von hier aus den nordamerikanischen Markt erobern. Die Feldherren haben ihre Pflicht erfüllt. Nur die Fusssoldaten, die Bayern-Spieler, wirkten am Ende der Reise etwas müde.
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