Paul Steiner. Zoltan Sebescen. Marco Haber. Eine willkürliche Zusammenstellung von Fussballern? Mitnichten - alle diese Spieler haben etwas gemeinsam. Sie waren allesamt deutsche Nationalspieler - und kaum jemand erinnert sich daran.

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Die Berufung in die Nationalmannschaft ist normalerweise der Ritterschlag für jeden Fussball-Profi. Sie bietet dem Spieler die Chance, sich aus der grauen Masse der Bundesliga-Profis hervorzuheben und sich ins nationale Gedächtnis einzubrennen.

Doch nicht jedem gelingt es, die gute Form in der Liga auch mit dem Bundesadler auf der Brust zu bestätigen. So mancher bekommt auch trotz guter Leistungen nicht die Anerkennung, die er verdient. Für andere wiederum erweist sich eine Länderspielkarriere mehr als Fluch denn als Segen, weil sie an den eigenen und fremden Ansprüchen scheitern. Und bei wieder anderen fragt man sich, wer ihnen erlaubt hat, überhaupt Fussball zu spielen, geschweige denn für die Nationalmannschaft.

Für welche Spieler hat sich der Traum von Ruhm und Ehre in der Nationalmannschaft nicht erfüllt, wer geriet trotz - oder wegen - seiner Berufung in Vergessenheit? Lassen Sie sich überraschen.

Paul Steiner

Zu Beginn ein kleines Ratespiel: Erkennen Sie Paul Steiner auf dem obigen Bilder der Weltmeister von 1990? Wenn nicht, hier ein kleiner Tipp: Er ist derjenige, dem seine Anwesenheit ein wenig peinlich zu sein scheint und der sich offensichtlich denkt: "Wie bin ich nur hier reingeraten?" Gefunden? Richtig, es ist der nette Schnauzbartträger hinten in der Mitte. Doch nun zum Fussballer Steiner.

Der kam zum Weltmeistertitel wie die Jungfrau zum Kinde - ohne Einsatz nämlich. Relativ überraschend hatte Teamchef Franz Beckenbauer den Kölner Abwehrspieler für die WM nominiert, und zwar als Ersatz für Libero Klaus Augenthaler, falls den eine Verletzung ereilen sollte. Von der blieb "Auge" zu seinem Glück - und Steiners Pech - verschont, und so kam zu Steiners einem Länderspiel, das er noch schnell vor der WM gegen Dänemark absolviert hatte, kein weiteres hinzu. Immerhin hatte Steiner dafür eine gute Erklärung parat: "[D]ie (die Nationalmannschaft, Anm. d. Red.) spielen immer mittwochs, da habe ich keine Zeit." Glücklicherweise hatte er aber im Sommer 1990 noch nichts vor.

Zoltan Sebescen

Überraschend berufen, eine Halbzeit gespielt, bei beiden Gegentoren schlecht ausgesehen, ausgewechselt, scharf kritisiert, aussortiert - so lässt sich die kurze Länderspielkarriere des Zoltan Sebescen beschreiben.

Sebescen wurde vom glück- und orientierungslosen damaligen Bundestrainer Erick Ribbeck für das Spiel gegen die Niederlande am 23. Februar 2000 in Amsterdam berufen, das mit 1:2 verloren ging und schon einen Vorgeschmack auf die desaströse EM im Sommer des Jahres geben sollte. Die erlebte Sebescen jedoch nicht mehr, sein erstes Länderspiel war zugleich sein letztes.

Auch in der Bundesliga war er fortan eher glücklos. Nach seinem Wechsel vom VfL Wolfsburg zu Bayer Leverkusen war er Teil der Mannschaft, die es in der Saison 2001/2002 fertigbrachte, in gleich drei Wettbewerben nur Zweiter zu werden: in der Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Champions League. Irgendwie bezeichnend, dass Sebescens Karriere kurz danach beendet war - in der Saison 2002/2003 bestritt er sein letztes Bundesligaspiel und erklärte nach mehreren Operationen am Knie im Jahr 2005 seinen Rücktritt.

Frank Ordenewitz

"Mach et, Otze" - den meisten Fussballfans ist dieser Ausspruch ein Begriff. Vielleicht kennen sogar mehr Menschen diesen Spruch als den Fussballer, um den es geht. Frank Ordenewitz, seines Zeichens damals Stürmer beim 1. FC Köln, hatte im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den MSV Duisburg am 7. Mai 1991 eine gelbe Karte gesehen, wegen der er im Finale gesperrt gewesen wäre. Darum holte sich Ordenewitz absichtlich eine gelb-rote Karte ab, für die er die Sperre in einem Bundesligaspiel absitzen konnte. Den Segen für diese Aktion bekam "Otze" von seinem Trainer Erich Rutemöller - siehe oben.

Ach ja, ein recht erfolgreicher Fussballer war Ordenewitz auch, er wurde mit Werder Bremen 1988 deutscher Meister und durfte im Jahr 1987 immerhin zwei Mal das Trikot der Nationalmannschaft tragen.

Paulo Rink

Ein weiteres Sinnbild für das Scheitern des Bundestrainers Erich Ribbeck: Paulo Roberto Rink. Der Brasilianer mit dem deutschen Grossvater feierte nach ansprechenden Leistungen bei seinem Verein Bayer Leverkusen am 2. September 1998 gegen Malta sein Debüt, konnte jedoch in diesem und den darauffolgenden zwölf Länderspielen nicht überzeugen und blickte so auf eine für einen Stürmer katastrophale Bilanz von mehr gelben Karten (2) als Toren (0) zurück.

Nach der EM 2000 liessen auch die Leistungen im Verein nach, Leverkusen liess Rink zur Saison 2001/2002 zum 1. FC Nürnberg ziehen, wo sich der nun ehemalige Nationalspieler aber auch nicht durchsetzen konnte. Nach nur einem Jahr hiess es erneut Koffer Packen, diesmal hiess das Ziel Cottbus. Doch auch dort wurde Rink nicht glücklich und kehrte der Lausitz (und dem deutschen Fussball) nach nur einer Saison den Rücken.

Uli Borowka

Ulrich "Eisenfuss" Borowka - der Prototyp des kompromisslosen Abwehrspielers. In seiner Zeit bei Werder Bremen unter Trainer Otto Rehhagel ergrätschte sich Borowka den Ruf, mit dem Kampfgeist eines Ackergauls gesegnet zu sein - dafür aber auch mit dessen fussballerischem Talent. Daher reichte es für den Klopper von der Weser auch nur zu sechs Länderspielen - die fielen jedoch immerhin in die Europameisterschaft 1988 im eigenen Land, die für Deutschland leider im Halbfinale endete.

Nach seiner Karriere fiel Borowka vor allem durch Negativschlagzeilen auf: er hatte Alkoholprobleme, schlug seine Frau und fuhr betrunken Auto, was in der Ausnüchterungszelle endete. Heute jedoch ist Borowka Medienberichten zufolge trocken. Ein Kämpfer eben.

Uwe Bein

Der Meister des tödlichen Passes streifte zwischen 1989 und 1993 insgesamt 17 Mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft über. Seinem Talent als Ballstreichler stand jedoch ein Untalent als Selbstvermarkter gegenüber, so dass Bein die ganz grosse Karriere nicht vergönnt war. Doch auch wenn den Ruhm andere einstrichen, gilt Bein unter Fussballkennern immer noch als einer der grossen deutschen Mittelfeldspieler.

Seinen grössten Erfolg feierte Bein mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1990 in Italien, mit seinen Vereinen Kickers Offenbach, 1. FC Köln, Hamburger SV und Eintracht Frankfurt blieben ihm nationale Titel jedoch versagt.

Tobias Rau

Es ist noch gar nicht so lange her, da galt Tobias Rau als grosse Nachwuchshoffnung auf der linken Abwehrseite. Einige Jahre und einen Philipp Lahm später spricht kaum noch jemand von Rau. Dabei fing alles so vielversprechend an.

2001 wechselte er von Eintracht Braunschweig in der Regionalliga zum VfL Wolfsburg, wo er binnen zwei Jahren zum Nationalspieler unter Rudi Völler wurde. Zur Saison 2003/2004 sicherte sich Bayern München die Dienste des quirligen Linksverteidigers - was das vorläufige Ende des Rau'schen Höhenflugs bedeutete. In München kam Rau nie über die Rolle des Reservisten hinaus und wechselte 2005 zu Arminia Bielefeld, wo er seitdem um die alte Form kämpft.

Olli Reck

Ja, auch "Pannen-Olli" stand für Deutschland zwischen den Pfosten - allerdings nur einmal, 1996 beim 9:1 gegen Liechtenstein. In der Nationalmannschaft hatte er offensichtlich nicht den Kredit, den er sich in seinen Vereinen Werder Bremen (1985 - 1998) und Schalke 04 (1998 - 2003) durch dauerhaft gute Leistungen erspielt hatte - hier überwog wohl der Eindruck des Fliegenfängers, den er durch teils spektakuläre Patzer untermauerte.

Trotz des ambivalenten Eindrucks, den Oliver Reck seine gesamte Karriere über hinterliess, ist er einer der erfolgreichsten deutschen Torhüter der letzten zwei Jahrzehnte: mit Bremen wurde er zwei Mal Meister und zwei Mal Pokalsieger, letzteres gelang ihm auch mit Schalke. Und er darf sich Europameister 1996 nennen - allerdings, ohne ein Spiel bei dem Turnier bestritten zu haben.

Alexander Zickler

Chancentod, ewiges Talent, Österreichs Fussballer des Jahres - Namen für das Scheitern des Alexander Zickler gibt es viele. Das grosse Plus des Stürmers ist seine Schnelligkeit, das grosse Minus die teilweise haarsträubende Chancenverwertung.

Dabei liest sich Zicklers Bilanz gar nicht so schlecht: 54 Tore in 232 Bundesliga-Spielen für Dynamo Dresden und den FC Bayern München und immerhin zwei Treffer bei zwölf Einsätzen in der Nationalmannschaft zwischen 1998 und 2002. Doch nie konnte Zickler das Stigma des Chancentods und ewigen Talents ablegen, weswegen er - auch nach einigen Verletzungen - seit 2005 sein Glück beim österreichischen Energy-Drink-Klub Red Bull Salzburg versucht. Und das durchaus mit Erfolg, wie die Ehrung zum Fussballer des Jahres und regelmässige und zahlreiche Tore belegen. Aber es ist halt doch nur Österreich.

Marco Haber

Marco Haber galt Mitte der 90er Jahre als eines der grössten deutschen Fussballtalente und wurde folgerichtig vom damaligen Bundestrainer Berti Vogts in die Nationalmannschaft berufen. Dort jedoch konnte der Mittelfeldspieler nicht an die Leistungen im Verein anknüpfen und kam daher nur auf zwei Einsätze.

Haber wurde 1991 mit dem 1. FC Kaiserslautern deutscher Meister und mit dem VfB Stuttgart 1997 deutscher Pokalsieger. Bis 2002 spielte er noch bei der SpVgg Unterhaching und bei Hansa Rostock, seitdem verdient er sein Geld in Zypern.

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