Drogenmissbrauch im Profisport: Wer das nötige Kleingeld hat, erliegt offenbar schneller der Versuchung. Trotz harter Strafen werden manche Fussball-Profis bei Koks und Haschisch schwach. Nach weissen Linien oder Joints kommt aber oft das böse Erwachen.

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Wenn Fussballstars Drogen konsumieren, kann das ganz unterschiedliche Folgen haben. Manche Spieler können sich gleich ihre Entlassungspapiere abholen, andere erhalten zwar eine Sperre, bleiben bei ihren Vereinen aber weiter im Dienst. Für Trainer scheinen die beruflichen Konsequenzen noch extremer zu sein. Manche verspielen ihren Posten als Nationaltrainer, andere kommen trotz Drogeneskapaden in das höchste Trainer-Amt Ihres Landes.

Auch der ehemalige Nationaltorhüter Eike Immel steht im Verdacht, Drogen konsumiert zu haben. Er muss sich deshalb vor dem Dortmunder Amtsgericht verantworten.

Lesen Sie auf den nächsten Seiten von düsteren Schicksalen, aber auch von glänzenden Comebacks der gefallenen Fussballer.

Eike Immel

Im August 1978 debütierte der 17-jährige Eike Immel als jüngster Torwart der Bundesligageschichte für Borussia Dortmund gegen den FC Bayern. Es folgte eine Karriere, die viele Glanzpunkte bereithielt. Sein grösster Erfolg bleibt der Gewinn der deutschen Meisterschaft 1992 mit dem VfB Stuttgart. 534-mal stand Immel in der Bundesliga zwischen den Pfosten - nur Oliver Kahn hat unter den Torhütern mehr Spiele absolviert.

Nach seinem Karriereende kam der tiefe Fall. Er leiht Freunden Geld, lässt sich scheiden, verprasst sein Geld für schnelle Autos. Auch seine Wettleidenschaft kommt ihm teuer zu stehen. Im Mai 2007 ist er schliesslich pleite und muss eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Auch weil er dringend Geld brauchte, ging er 2008 ins Dschungelcamp. Seitdem war es still geworden um Eike Immel.

Nun steht der heute 51-jährige Ex-Profi vor Gericht. Er soll vor fünf Jahren Drogen erworben haben. Immel weist jedoch alle Vorwürfe von sich. "Das ist ein Racheakt, eine Intrige", sagt er im Interview bei "bild.de". "Ich kann nur sagen: Ich nehme keine Drogen und habe noch nie Drogen genommen. Das wird sich sicher auch vor Gericht herausstellen. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ich freigesprochen werde."

Christoph Daum

Verbal war Christoph Daum schon immer für einen Spruch gut, doch die Ereignisse im Herbst 2000 waren von einer ganz anderen Qualität. Im Jahr 2000 war es um die Nationalmannschaft nach dem frühen Ausscheiden bei der Europameisterschaft schlecht bestellt. Als Retter sollte Christoph Daum das Amt des Bundestrainers übernehmen.

Im Herbst 2000 macht Bayern-Manager Uli Hoeness in der Münchner Lokalpresse seltsame Andeutungen über seinen Intim-Feind. Daums "privat-persönliche Entwicklung" missfalle dem Bayern-Manager. "Verschnupft" sei Leverkusens Trainer. Dann geht alles schnell: Die Koks-Verdächtigungen kommen ins Rollen. Als die "Süddeutsche Zeitung" Anfang Oktober 2000 dem designierten Bundestrainer empfiehlt, mit einer Haarprobe die Anschuldigungen aus dem Weg zu räumen, geht der darauf ein.

Auf einer Pressekonferenz kommentiert er die Abgabe einer Haarprobe mit den Worten "Ich tue es, weil ich ein absolut reines Gewissen habe". An diesem Tag müssen ihm die Drogen aber schon die Sinne vernebelt haben, denn das Ergebnis des Drogentests bestätigt: Daum hat Kokain genommen. Leverkusen entlässt den Trainer und schickt ihn in die USA. Erst im Januar 2001 kehrt er nach Deutschland zurück, entsagt der Droge, spricht von Fehlern und entschuldigt sich öffentlich.

Berkant Göktan

Ein weiteres Beispiel für Drogenmissbrauch im deutschen Profifussball ist Berkant Göktan. Als Achtjähriger zum FC Bayern geholt, nennt ihn Franz Beckenbauer bald "eines der grössten Talente der letzten Jahre". Mit 17 Jahren gibt Göktan sein Debüt in der Champions League und in der Bundesliga. Der Deutsch-Türke kann mit dem frühen Erfolg aber scheinbar nicht umgehen und stürzt ab, kann keine konstanten Leistungen zeigen.

Nach vielen Stationen landet Berkant Göktan schliesslich beim Zweitligisten 1860 München. Und endlich scheint der Erfolg zurückzukehren. Er zeigt wieder gute Leistungen, schiesst Tore. Doch dann der erneute Fall. Diesmal allerdings nicht im sportlichen Bereich. Bei einer Dopingprobe im Oktober 2008 wird ihm Kokain nachgewiesen. Daraufhin feuern die Löwen ihren Stürmer. Aktuell ist Göktan vereinslos.

Diego Maradona

Der Argentinier Diego Maradona gilt als einer der besten Fussballspieler aller Zeiten. Seine beiden Tore beim Viertelfinale der Weltmeisterschaft 1986 sind bezeichnend: Zuerst erzielt der Südamerikaner per Hand einen regelwidrigen Treffer, bei dem er später von der "Hand Gottes" spricht, um dann Minuten später mit einem unglaublichen Sololauf das "WM-Tor des Jahrhunderts" zu erzielen.

Seiner Genialität stehen aber tiefe Abstürze entgegen. 1984 wechselt Diego Maradona zum SSC Neapel. In den Jahren danach beginnen offenbar die Kontakte zur Mafia und damit der Drogenkonsum. 1994 wird der herausragende Fussballer für die Weltmeisterschaft gesperrt, weil bei einer Dopingprobe Ephedrin nachgewiesen wird. Im Januar 2000 erleidet "Die Hand Gottes" einen Herzinfarkt, den die behandelnden Ärzte auf ein Überdosis Kokain zurückführen.

Der Argentinier sinkt immer tiefer, schliesslich landet der selbstmordgefährdete Maradona in der Psychiatrie. Es folgen Entziehungskuren: Medizinische Hilfe bekommt der Fussballer vor allem in Kuba. Dort schliesst der Argentinier viele Freundschaften - auch mit Revolutionsführer Fidel Castro. So sind es kubanische Ärzte, die Diego Maradona vor einem Drogen-Rückfall warnen. Der Nächste könnte der Letzte sein.

Paul Gascoigne

Kokain, Alkohol und Selbstmordgedanken: Das trifft auch auf das Leben des Engländers Paul Gascoigne zu. Ein Vorfall um den 57-fachen Nationalspieler spricht Bände. Mitte September 2008 brach der Ex-Mittelfeldspieler dem Sportportal "20 Minuten" zufolge aus einer Entziehungsklinik in Portugal aus. Dann soll er versucht haben, sich mit Drogen und Alkohol umzubringen.

Zu Hause in Gateshead wollte Paul Gascoigne offenbar einige Tage später morgens um 10 Uhr einen Pub besuchen. Als Klopfen und lautes Brüllen nicht halfen, wanderte Gazza zum nächsten Supermarkt und kaufte eine Flasche Whisky. Seine Familie soll den gefallenen Helden angefleht haben, den Entzug endlich durchzuziehen. Der ehemalige Mittelfeldmotor entgegnete nur: "Lasst mich endlich sterben."

Den tiefsten Tiefen stehen fussballerische Glanzpunkte im Leben des Paul Gascoigne gegenüber, die noch heute seine Fans zum Jubeln bringen. Aus vollem Lauf schoss Gazza zum Beispiel bei der Europameisterschaft 1996 ein sensationelles Tor. Paul Gascoigne nahm in der 78. Minute im Spiel gegen Schottland einen langen Pass von Daren Anderton zum direkten, unhaltbaren Torschuss an. Der verdutze schottische Torwart konnte dem Ball nur hinterhersehen.

Adrian Mutu

Für Adrian Mutu ist Kokain im Gegensatz zu Maradona und Gascoigne nur eine Episode. Heute spricht der rumänische Nationalspieler von der schwierigsten Phase seines Lebens, wenn es um seine Bekanntschaft mit Koks geht. Seit 2006 spielt der Stürmerstar für den AC Florenz und das mit grossem Erfolg.

Mit 16 Toren schoss sich Mutu 2006/2007 zusammen mit seinem damaligen Vereinskollegen Luca Toni zum Torschützenkönig in Italien. Ein Jahr später führte er Florenz bis ins Halbfinale des UEFA-Cups. 2003 sah es für den Stürmer jedoch alles andere als gut aus: Für 22 Millionen war der Rumäne gerade vom AC Parma zum FC Chelsea gewechselt. Kurz vor der Ankunft in London hatte sich Adrian Mutu zudem von Frau und Kind getrennt. Seine Einsamkeit vertrieb der Hoffnungsträger durch die Jet-Set-Droge Kokain.

Doch wurde Mutu ertappt, für sieben Monate gesperrt. Der FC Chelsea verlangte ausserdem 17 Millionen Euro Schadensersatz. Zwar konnte der Rumäne die Schadenersatzforderung abwenden, doch lag 2004 seine Karriere in Trümmern. Der ehrgeizige Sportler schaffte dennoch die Wende: Im Januar 2005 verpflichtet Juventus Turin den geläuterten Stürmer. Aktuell spielt er bei AC Ajaccio in der französischen Ligue 1.

Quido Lanzaat

In der Silvesternacht 1999/2000 rauchte der Niederländer Quido Lanzaat nach eigenen Angaben in Amsterdam zwei Haschisch-Joints. 14 Tage später lief der damals 20-Jährige für seinen neuen Verein Mönchengladbach auf: Im Finale des Hallen-Masters besiegten die Fohlen Greuther Fürth mit 3:2.

Danach schickte der DFB den Verteidiger zum Dopingtest. Die Ermittler wiesen bei dem Jungprofi einen erhöhten Wert für den Cannabis-Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) nach. "Ich sehe ein gewisses Problem bei diesen Substanzen: Sie sind lange nachweisbar und man kann sogar durch passives Inhalieren positiv getestet werden", sagte damals der Sportmediziner Professor Wilfried Kindermann dem "Spiegel".

Das DFB-Sportgericht verhängte in der anschliessenden Verhandlung nur eine achtwöchige Sperre. Weil Quido Lanzaat beim Rauchen des Joints noch nicht bei Mönchengladbach unter Vertrag stand, sah die DFB-Instanz in der Tat nur ein Dopingvergehen und keinen Dopingfall.

Ebi Smolarek

Der polnische Nationalspieler Euzebiusz Smolarek weiss nicht so recht, wie das Cannabis 2002 in seinen Körper kam. In Diensten von Feyenoord Rotterdam testeten ihn UEFA-Fahnder positiv auf THC. Zwei Spiele Sperre im UEFA-Cup waren die Folge. Im Blut des Polen fanden die Ermittler nur eine schwache THC-Konzentration.

Der Aussenstürmer erklärte sich die Cannabis-Werte damals damit, dass er wahrscheinlich "Spacecakes" gegessen habe, in denen ohne sein Wissen Haschisch enthalten war. Auch wenn der Test und die Sperre nur eine kleine Episode im Leben des Polen waren, ist ihm ein Spitzname geblieben: The Hash-Bomber.

Die weitere Karriere lief trotzdem erfolgreich. Für zweieinhalb Jahre spielte Ebi Smolarek ab 2005 in der Bundesliga für Borussia Dortmund und erzielte dabei 25 Tore. Bei der Qualifikation zur Euro 2008 schoss die quirlige Offensivkraft fast im Alleingang seine Polen zum Turnier.

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