Rebecca Welch hört als Schiedsrichterin auf – unter anderem leitete sie als erste Frau überhaupt ein Spiel in der Premier League. Mittlerweile ist sie Funktionärin. Der richtige Schritt?

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Petra Tabarelli (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Rebecca Welch hat in der Fussballgeschichte einen Meilenstein erreicht, als sie Ende 2023 als erste Frau ein Spiel in der Premier League leitete.

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Doch nur kurze Zeit später verkündete sie ihren Wechsel auf die Funktionärsebene, um sich bei der Schiedsrichter-Organisation Professional Game Match Officials Limited (PGMOL) für die Förderung und Unterstützung von Schiedsrichterinnen einzusetzen.

Dieser Schritt wirft Fragen auf: Wäre es für Welch nicht sinnvoller gewesen, noch einige Jahre im Rampenlicht des Spielfelds zu bleiben und so ihre Sichtbarkeit als Pionierin zu festigen?

Ein Wendepunkt in Welchs Karriere

Mit 41 Jahren steht Rebecca Welch sicherlich an einem Wendepunkt ihrer Karriere. Eine strategisch kluge Weichenstellung für die Zukunft. Es gibt zahlreiche Mutmassungen, warum sie sich bereits jetzt entschieden hat, mit dem Pfeifen aufzuhören. Mutmassungen, die oft an ihrem Geschlecht orientiert sind. Denkt sie an Familienplanung? Ist es die Fitness? Aber ist das nicht eigentlich völlig egal? Sie wird ihre Gründe haben.

Auch die Frage, ob sie noch ein oder zwei Jahre hätte weitermachen sollen, ist differenziert zu betrachten und von zahlreichen Faktoren abhängig. Klar, Welch hätte durch eine längere aktive Karriere ihre Position als Vorbild für Frauen im Männerfussball weiter stärken können. Doch möglicherweise erkennt sie, dass ihre Wirkung in der Funktionärsrolle auf lange Sicht noch grösser sein könnte, indem sie die Rahmenbedingungen für zukünftige Schiedsrichterinnen verbessert.

Neue Chancen abseits des Spielfelds

Der Wechsel von der aktiven Schiedsrichterin zur Funktionärin kann als strategische Entscheidung betrachtet werden, die solche langfristigen Veränderungen bewirken soll. Welch hat die Möglichkeit, die Strukturen zu beeinflussen und eine Generation von Schiedsrichterinnen zu fördern, die in ihre Fussstapfen treten könnten. Dieser Schritt mag auf den ersten Blick enttäuschend wirken, da er ihre Präsenz auf dem Spielfeld reduziert, doch er eröffnet ihr die Chance, nachhaltigeren Einfluss auszuüben.

Welchs Entscheidung erinnert unweigerlich an Bibiana Steinhaus-Webb, die nach nur drei Jahren in der Männer-Bundesliga ebenfalls ihre aktive Zeit als Schiedsrichterin in der höchsten Liga im Fussball der Männer beendete, um eine Funktionärsrolle zu übernehmen. Eine Funktionsrolle in der PGMOL wohlgemerkt. Rebecca Welch wird also im Team von Steinhaus-Webb arbeiten. Englands Fussballschiedsrichterinnen haben eine rosige Zukunft.

Ein Schritt zurück, um voranzugehen

Gleichzeitig ist es verständlich, dass viele sich wünschen würden, dass Welch länger aktiv geblieben wäre. Mehr sichtbaren Einfluss genommen hätte, wie ihn aktuell Stéphanie Frappart in Frankreich und international beansprucht. Ihre Anwesenheit auf dem Spielfeld war nicht nur ein Symbol des Fortschritts, sondern auch ein kraftvolles Statement in einer nach wie vor von Männern dominierten Sportwelt.

Doch wie so oft im Leben sind die Wege des Wandels vielfältig und nicht immer offensichtlich – manchmal bedarf es eines Rückzugs aus dem Rampenlicht, um grössere Ziele zu erreichen.

Letztlich bleibt Welchs Entscheidung eine sicher persönliche und tief durchdachte Wahl, die sowohl Bedauern als auch Bewunderung hervorruft. Während sie ihre wichtige Rolle auf dem Spielfeld hinter sich lässt, öffnet sie gleichzeitig eine neue Tür, durch die sie das Schiedsrichterwesen nachhaltig prägen kann.

Der Weg, den sie einschlägt, mag ambivalent erscheinen, doch er könnte der Schlüssel zu einem essenziellen Wandel im Frauenfussball sein – und das ist eine Geschichte, die es zu schreiben lohnt.

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