Manuel Neuer - wird er der erste Torhüter, der sich Weltfussballer nennen darf? Zugegeben, es ist mehr als nur möglich, dass der deutsche Nationalkeeper bei seiner ersten Nominierung für den Ballon d'Or an Lionel Messi vorbeikommt - Cristiano Ronaldo allerdings dürfte für Neuer eine Nummer zu gross sein. Und dafür gibt es klare Gründe.

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Joseph Blatter hat wohl etwas zu tief in die Pathoskiste gegriffen, als er am Montagabend ankündigte, die ganze Welt würde spätestens ab jetzt dem Ergebnis der Weltfussballerwahl am 12. Januar 2015 entgegenfiebern. Über Sinn und Unsinn einer solchen Wahl kann man bei einem Mannschaftssport ohnehin streiten, die Bekanntgabe der Shortlist mit Cristiano Ronaldo, Lionel Messi und Manuel Neuer hat aber bereits wenige Stunden danach zu wilden Spekulationen und Diskussionen geführt.

Wer ist nun wirklich der Beste des bald ablaufenden Kalenderjahres? Wie immer bei Wahlen geht es um mehr als Statistiken. Es geht um Emotionalität, Subjektivität, vielleicht auch um wirtschaftliche Erwägungen und Lobbyismus.

Die Zahlen sprechen für Cristiano Ronaldo

Cristiano Ronaldo ist die grösste aktive Marke im Weltfussball. Grösser als die Marken Lionel Messi oder Neymar. Und vor allen Dingen auch erfolgreicher im Jahr 2014. Ronaldo hat in 56 Spielen für Real Madrid und die portugiesische Nationalmannschaft unglaubliche 60 Tore erzielt.

Seit Wochen schraubt CR7 seine eigenen Rekorde in die Höhe, 20 Tore in nur zwölf Spielen in der Primera Division in dieser Saison sind unfassbar. Dauerrivale Messi kommt bisher auf zehn Treffer, gerade einmal die Hälfte - dabei hat er schon ein Spiel mehr bestritten als Ronaldo.

In der Königsklasse hat er in acht aufeinanderfolgenden Spielen getroffen und ist in der gesamten Saison nur ein einziges Mal auf dem Platz gestanden und hat dabei kein Tor erzielt - beim 1:0 gegen Bayern München im Halbfinale. 17 Tore in elf Partien sind neuer Königsklassen-Rekord.

Messi dürfte im Duell der Torjäger in diesem Jahr chancenlos sein. Dafür sind Ronaldos Leistungsdaten zu beeindruckend und die Wertigkeit für seine Mannschaft unschätzbar hoch. Ronaldo ist auch in den wichtigen Spielen zur Stelle - und nicht nur bei einem 7:3 gegen den FC Sevilla.

Und auf Verbandsebene verkörpert der Goldjunge, wie ihn die Zeitung "A Bola" einst genannt hat, schon seit Jahren Herz und Seele einer ganzen Fussballnation. Ronaldo ist Portugal, so einfach lässt sich sein Einfluss auf die "Selecao" zusammenfassen. Dass er darüber hinaus in Südamerika, Afrika und Asien populärer sein dürfte als sein grosser Widersacher Manuel Neuer, ist kaum zu bezweifeln.

Manuel Neuer in der Form seines Lebens

Neuer hat das beste Jahr seiner Karriere hinter sich. Er hat mit den Bayern das Double und mit der Nationalmannschaft den WM-Titel geholt. Er hat dabei lediglich 17 Tore in 30 Bundesligaspielen kassiert und nur vier in sieben Spielen der WM. Mittlerweile ist er der einzige Torhüter der Bundesligageschichte mit mehr als 100 Spielen, der weniger Gegentore kassiert (216) als er Spiele bestritten hat (264).

Statistiker konnten keinen gravierenden Fehler nachweisen, der in diesem Jahr zu einem Gegentor geführt hätte. An Neuers revolutionärem Torhüterspiel werden sich noch Generationen von Keepern auf der ganze Welt orientieren. Aber, und das wird ihm bei der Wahl zum besten Spieler des Jahres wohl zum Stolperstein werden, er ist in dieser Sportart derjenige, der die Essenz des Spiels - die Tore - zu verhindern versucht.

Offensivspieler haben die besseren Karten

Es waren schon immer die Torjäger und Mittelfeldspieler, die für den Glanz und den Ruhm des Fussballspiels standen. Die Torhüter nehmen seit jeher eine Nebenrolle ein. In Erinnerung bleibt vielleicht die eine oder andere glanzvolle Parade oder ein gehaltener Elfmeter - aber ganz gewiss jedes einzelne Tor in einem wichtigen Spiel.

Cristiano Ronaldo hat allein in seiner Zeit bei Real Madrid im Schnitt mehr als einen Treffer pro Pflichtspiel erzielt. Er hat sein ohnehin schon unglaubliches Niveau in diesem Jahr noch einmal gesteigert. Er hat sich unter einem neuen Trainer in einem neuen System zurechtgefunden und geschafft, was kaum einer für möglich hält: Er hat sich noch einmal in nahezu jeglicher Hinsicht verbessert. Das ist der Stoff, aus dem die ganz Grossen sind: die das bereits Erreichte nochmals übertreffen können.

Beim Ballon d'Or der Fifa geht es - anders als in den laufenden Wettbewerben - nicht darum, nach Titeln zu entscheiden oder wie mannschaftsdienlich ein Spieler war. Es geht darum, die individuelle Klasse der Besten zu bewerten. Hier dürfte man an Cristiano Ronaldo kaum vorbeikommen.

Das wird wohl auch Manuel Neuer wissen, der es zum ersten Mal in den Kreis der drei auserwählten Kandidaten geschafft hat. Dass er als Novize gleich den Titel davontragen wird, ist kaum zu erwarten. Und vielleicht - so komisch das auch klingen mag - spielt er im Kampf um einen solchen Titel auch schlicht beim falschen Verein. Die Chancen, bei Bayern München als Torhüter permanent zu glänzen, sind nun einmal auf einige wenige Spiele pro Jahr begrenzt.

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