Mit minimalistischem Fussball hat die Schweiz den Einzug ins WM-Achtelfinale geschafft. Auch gegen Neuseeland macht die Defensive den Unterschied. Nun wartet aber ein echter Brocken auf das Team von Trainerin Inka Grings.
Nach gut einer halben Stunde war im Forsyth Barr Stadium in Dunedin die Ausgangslage für beide Mannschaften endgültig geklärt: Im Parallelspiel in Auckland führte Norwegen gegen offenbar ziemlich überforderte Philippinas schon mit 3:0 und rückte in der virtuellen Tabelle an Neuseeland vorbei auf Platz zwei.
Neuseeland benötigte deshalb definitiv einen Sieg, die Schweiz wiederum konnte und wollte sich auf ein Remis einlassen, das sicher den Sieg in der Gruppe A bedeutet hätte. So entwickelte sich ein Spiel mit klaren Vorzeichen zwischen den Co-Gastgeberinnen und der Nati: Die Neuseeländerinnen rannten vehement an, die Schweiz verteidigte das 0:0 mit viel Kampfgeist und Leidenschaft. Und auch einer Portion Glück.
Schweiz lange sehr passiv
Die Nati igelte sich schon früh ein und wollte gar nicht früh und mutig attackieren. Neuseeland hatte den Ball und sehr viel mehr vom Spiel und einmal Pech, als ein schöner Lupfer nur an den Pfosten klatschte. Die Schweiz spielte mehr als einmal mit dem Feuer, ein wenig erinnerte die erste Halbzeit an den zweiten Durchgang gegen Norwegen. Auch da war die Nati sehr passiv und rettete ein 0:0 irgendwie ins Ziel.
Diesen Ritt auf der Rasierklinge wollte Trainerin Inka Grings offenbar nicht auch noch in der zweiten Hälfte vollziehen und verordnete mehr Offensivgeist und auch längere Phasen im eigenen Ballbesitz. Neuseeland, das besonders Mitte der ersten Hälfte mächtig Druck ausgeübt hatte, blieb so deutlich weiter weg vom Schweizer Tor.
Und: nach ein paar hohen Ballgewinnen hatte die Nati sogar ein paar sehr vernünftige Umschaltchancen. Wie in den ersten beiden Partien zuvor schon haperte es aber an der nötigen Genauigkeit, um überhaupt sauber zum Abschluss zu kommen.
Schweizer Minimalisten-Fussball
So blieb das Spiel umkämpft und spannend bis zum Schluss. Neuseeland warf eine Offensivspielerin nach der anderen ins Rennen, die Schweiz blieb bei ihrer stoischen Art des Verteidigens und hielt sich ihre Gegnerinnen damit vom Leib. Goalie Gaelle Thalmann, die im zweiten Spiel gegen Norwegen mit einigen starken Paraden noch zur Matchwinnerin wurde, musste dieses Mal kaum einen Ball halten.
Neuseeland hatte ausser viel Enthusiasmus und Leidenschaft am Ende zu wenig zu bieten, fand keine spielerischen Lösungen gegen das Schweizer Bollwerk und kam auch in der hektischen Schlussphase mit der Brechstange oder bei Standards nicht entscheidend durch.
Die Schweiz ist damit immer noch ohne Gegentor nach - inklusive der üppigen Nachspielzeit - knapp 300 absolvierten Spielminuten. Der Minimalisten-Fussball bei zwei selbst erzielten Toren und null Gegentoren nach drei Partien hat sich bisher also bewährt.
Im Achtelfinale wartet ein Kracher
In Neuseeland droht der kurze Anflug der Fussball-Euphorie nun schon wieder abzuflachen. Richtig gute Stimmung entstand im Land des Co-Gastgebers eigentlich immer nur bei den Spielen der eigenen Nationalmannschaft. Und auch die FIFA wird nicht besonders glücklich sein darüber, dass der erste von zwei Hosts schon nach drei Spielen raus ist aus dem Turnier. Für Neuseeland hat es damit auch im sechsten Anlauf nicht gereicht, endlich einmal in die K.o.-Runde bei einer WM einzuziehen.
Die Schweiz muss das selbstverständlich überhaupt nicht kümmern. Die Nati hat es in einer schwer umkämpften Gruppe als Erster ins Achtelfinale geschafft, das erste Ziel ist damit erreicht. Nach der Pflicht kann nun die Kür folgen - die aber dürfte es am kommenden Samstag dann wahrlich in sich haben.
Entweder geht es in der Runde der letzten 16 Mannschaften dann gegen die bisher fulminanten Japanerinnen - oder sogar gegen einen der Topfavoriten Spanien. Beides sind schon nach zwei absolvierten Spieltagen in der Gruppe C reine Tormaschinen, haben schon sieben beziehungsweise acht Treffer erzielt. Es steht also der definitive Stresstest für die Schweizer Abwehr an.
Und auch in der Offensive wird sich einiges ändern müssen: Bisher war das aus Schweizer Sicht doch noch sehr überschaubar.
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