Laut einem Medienbericht boten ARD und ZDF für die Übertragung der Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen fünf Millionen Euro. Das sind gerade mal zwei Prozent von dem Betrag, den die beiden Sender für die vergangene Fussball-WM der Männer zu zahlen bereit waren. Weil auch weniger Menschen den Fussball der Frauen schauen? Nun, das ist wahr, aber die Einschaltquoten liegt nicht bei zwei Prozent gegenüber Männerfussball, sondern bei den vorherigen Weltmeisterschaften bei 50 Prozent.
"Was du nicht willst, was man dir tu‘, das füg auch keinem and‘ren zu." In diesem allseits bekannten Sprichwort schwingt neben Fairness auch Generosität. Die Generosität, etwas zu geben, obwohl man noch nichts erhalten hat. Das ist uns nicht unbekannt, beispielsweise beim Gärtnern: Erst gibt man die Saat in die Erde und pflegt sie, und nur dann wird eine schöne Blume oder eine Nutzpflanze daraus. Warum geschieht das immer seltener auf zwischenmenschlicher Ebene?
Ein Beispiel dafür ist die Farce um die Gebote für die TV-Rechte für die WM 2023. Doch warum diskutieren wir dieses Jahr zum ersten Mal über dieses Thema? Wie war es in den letzten Jahren?
Welchen Wert hat der Fussball der Frauen?
Bis zur WM der Männer 2022 kauften die TV-Sender die Rechte an der Männer-WM und bekamen die Frauen-WM quasi noch obendrauf. Der Wert war dadurch unsichtbar. Das ist dieses Mal anders und wir müssen ganz dringend über das Verhältnis und den Umgang mit dem Fussball der Frauen diskutieren. Nur noch mal zum Verständnis: Es geht um die Weltmeisterschaft. Für jene umstrittene in Katar haben die deutschen Sender ARD und ZDF 214 Millionen Euro gezahlt. Mehr als das Vierzigfache als das, was sie für die WM der Frauen bereit sind zu zahlen. Welch Respektlosigkeit.
Und nun bitte keine Sätze wie "Aber Fussball der Frauen ist doch nicht so toll/wichtig wie Fussball der Männer". Dieses Aufrechnen ist des Pudels Kern der Farce: Die Wert-Schätzung von Sportarten wird an Einschaltquoten gemessen.
Das ist so, als wenn man immer fein säuberlich den Wert eines Geschenks notiert, nur um ja genau den gleichen Wert zurück zu schenken - und vielleicht noch ein bisschen weniger, wenn das Geschenk nicht gefiel, damit das Gegenüber auch merkt, dass man mit der Auswahl nicht zufrieden war.
Was für eine wunderschöne Pflanze könnte aus dem Samen wachsen, wenn man ihn mit öffentlichem und freiem Zugang regelmässig düngen würde?
Auch Infantino verfolgt eigene Interessen
"Heute habe ich meine Aufforderung wiederholt, dass die Rundfunkanstalten einen fairen Preis für die Medienrechte an der Fifa Frauen-Weltmeisterschaft 2023 zahlen müssen. Wir haben unseren Teil getan [...]. Die Angebote der Sender, vor allem aus den "grossen fünf" europäischen Ländern, sind jedoch nach wie vor sehr enttäuschend und schlicht nicht akzeptabel."
Dass ausgerechnet Gianni Infantino als der grosse Mahner für mehr Wertschätzung des Fussballs der Frauen auftritt, scheint im ersten Augenblick skurril. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass er bereits im Oktober 2022 in sehr ähnlicher Weise die Gebote für die WM 2023 bemängelte, aber zu diesem Zeitpunkt aus Deutschland, einer der "grossen fünf" Nationen, noch gar keine Gebote eingehen konnten. Die Ausschreibung wurde von der Fifa erst Mitte Januar 2023 geöffnet.
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Aber der Fifa-Präsident ist vermutlich nicht am 1. Mai mit dem Gedanken "Today I feel female" aufgewacht, sondern er verfolgt eigene wirtschaftliche und machtpolitische Interessen. Es ist richtig: Die Fifa gibt an, dass die Einnahmen zu 100 Prozent in den Fussball der Frauen investieren wird. Aber wer das Geld hat, hat die Macht, und kann entscheiden, nach welchen Massstäben diese Investitionen geschehen. Und Machterhalt ist einer der Massstäbe.
Der Sündenbock wird herumgereicht
Axel Balkausky, ARD-Sportkoordinator, nahm zuletzt in einem Interview in der FAZ auch den DFB in die Pflicht: "Im Übrigen hindert kein Fernsehsender und keine Rundfunkanstalten einen Verband daran, die erzielten Gesamterlöse aus der Vermarktung seiner Medienrechte an seinen diversen Frauen- und Männer-Wettbewerbe angemessen gleichberechtigt zu verteilen."
Damit hat er sehr wohl recht, riskiert aber auch einen Konter mit Eigentor-Gefahr. Denn warum bieten deutsche TV-Sender nicht durchgehend wenigstens 15 Minuten Vor- und Nachspann an, sondern schalten erst zum Anpfiff (und manchmal erst ein paar Minuten danach) zum Spiel und direkt mit Schlusspfiff wieder zum nächsten Programmpunkt.
Der Umgang mit dem Fussball der Frauen sagt mehr über Macher der Gebote aus als über den tatsächlich Wert der Sportart und seiner Athletinnen. Und das ist weiss (Fussball-)Gott nichts Gutes.
Verwendete Quellen:
- faz.de: Wer zeigt die Fussball-WM der Frauen?
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