• Die Fussball-Weltmeisterschaft ist seit Langem eine Werbeplattform für finanzstarke Unternehmen wie Coca-Cola und Adidas.
  • Allerdings geraten Sponsoren im Zuge der Kritik an WM-Gastgeber Katar auch selbst unter Druck und müssen sich rechtfertigen.
  • Zugleich entstehen im Digitalbereich und im Krypto-Sektor neue Formen der Vermarktung rund um Grossevents wie die WM.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Constantin Eckner sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Dass die Fussball-Weltmeisterschaft der Männer eine attraktive Plattform für Unternehmen und deren Marken darstellt, ist keine Neuigkeit und hat auch nichts dezidiert mit dem umstrittenen Gastgeber Katar zu tun. Trotzdem gab es anders als sonst im Vorfeld der baldig startenden WM eine Kontroverse aufgrund der Regularien vor Ort. Da Katar den Alkoholausschank nur sehr eingeschränkt zulässt, hatte sich vor geraumer Zeit die belgische Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev zu Wort gemeldet.

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Anheuser-Busch ging vor der Übernahme durch die belgisch-brasilianische InBev-Gruppe bereits 1986 einen Deal mit der Fifa bezüglich des WM-Sponsorings ein. Normalerweise ist es gang und gäbe, dass während des Turniers das von Anheuser-Busch produzierte Budweiser ausgeschenkt wird. Der Brauriese ist jedoch nur einer von vielen Partnern. Zum Kreis der Premiumsponsoren zählen zudem folgende Namen: Adidas, Coca-Cola, McDonald's, Visa, Hyundai-Kia, Wanda, Qatar Energy, Qatar Airways, Vivo, Hisense, Mengniu, Crypto und Byju's.

Rechtfertigungszwänge auf beiden Seiten

Die Präsenz grosser Marken bei Sportevents ist keineswegs überraschend. Auch hierzulande tragen teilweise sogar Sportligen wie die easyCredit Basketball Bundesliga und die Liqui Moly Handball-Bundesliga die Namen von Unternehmen, welche dafür den einen oder anderen Euro springen lassen. Eine Beziehung zwischen Sponsor und Sportveranstaltung oder -organisation bringt ein Spannungsverhältnis mit sich.

Aufseiten des Sports können Rechtfertigungszwänge aufkommen, sollte ein Sponsor aufgrund fragwürdiger Praktiken in Verruf geraten. Man erinnere sich zum Beispiel an Werder Bremen und die Kritik nach dem vereinbarten Trikotsponsor-Deal mit der PHW-Gruppe, zu welcher Wiesenhof gehört. Oder auch an die weitverbreitete Wettanbieterwerbung im englischen Fussball und andernorts.

Als Fifa-Präsident präsentiert Sepp Blatter 2010 Katar als Gastgeber der Fussball-WM 2022

Sepp Blatter bezeichnet die Vergabe der WM nach Katar als "Irrtum"

Zwölf Jahre nach der Vergabe der Fussball-WM nach Katar und zwölf Tage vor dem Beginn des umstrittenen Turniers spricht der einstige Fifa-Boss Sepp Blatter offen über die Hintergründe der damaligen Entscheidung - und bezeichnet sie plötzlich als "Irrtum".

Kritik an Adidas, Coca-Cola und Co.

Aufseiten des Sponsors können ebenfalls Rechtfertigungszwänge entstehen, wie im Zuge der anstehenden Weltmeisterschaft deutlich geworden ist. "Unternehmenssponsoren haben der Fifa weit über eine Milliarde US-Dollar gezahlt, um mit der Weltmeisterschaft 2022 in Verbindung gebracht zu werden. Sie werden nicht wollen, dass der Ruf ihrer Marken durch Menschenrechtsverletzungen geschädigt wird", sagt Stephen Cockburn, Leiter des Bereichs wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit bei Amnesty International. "Es ist klar, dass die Öffentlichkeit und ihre Kund*innen von ihnen erwarten, sich für die Rechte der Arbeitsmigrant*innen in Katar einzusetzen und eine Entschädigung für alle Arbeiter*innen zu fordern, die bei der Realisierung dieser Fussball-WM Menschenrechtsverstösse erfahren haben."

Im Juli hatten drei Menschenrechtsorganisationen, darunter auch Amnesty, an die WM-Sponsoren der Fifa geschrieben und sie aufgefordert, den Fussballverband aufzurufen, Menschenrechtsverletzungen von Arbeitsmigranten im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Fussball-WM zu beenden. Adidas und auch Coca-Cola hatten anschliessend mit öffentlichen Stellungnahmen reagiert.

NFT-Hype noch nicht abgeklungen

So führe laut eigener Aussage Coca-Cola Gespräche mit Sponsoren und der Fifa, um herauszufinden, wie man die in Katar erzielten Fortschritte ausweiten könne, um den Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln für Arbeitsmigranten weiter auszubauen. Ob wirklich konkrete Schritte aus derartigen Gesprächen erfolgen, bleibt fraglich. In jedem Fall aber scheint die WM nicht mehr nur eine Plattform für zahlungskräftige Unternehmen, um vor den Augen vieler Millionen Zuschauer Werbung zu betreiben.

Der Reiz eines solchen Grossevents und dessen Reichweite bleibt jedoch bestehen. Das wird etwa am intensiven Engagement der Krypto-Branche bei dieser WM deutlich. Kürzlich war auf Cryptonews.com ein Werbetext vom NFT-Unternehmen TooneyChain zu lesen. Der Text trug passenderweise die Überschrift: "Wenn sich NFTs selbst zur Fussball-WM 2022 einladen" (ins Deutsche übersetzt; Anm.d.Red.).

TikTok als neues Format für Fussball-Marketing

Trotz der Kurseinbrüche für NFTs, also Non-Fungible Tokens, geben viele Akteure im Krypto-Markt nicht auf, sondern versuchen mit dem Vertrieb digitaler Bildchen und Fantasy-Spielen gewissermassen den Hype, den es jahrzehntelang rund um WM-Stickeralben gab, zu kopieren und von der Sammellust der Fans zu profitieren. Als Werbeträger lassen sich dafür so klangvolle Namen wie Lionel Messi einspannen, der von der Fantasy-Football-Plattform Sorare einen zweistelligen Millionenbetrag kassieren soll.

Daneben entstehen auch neue Vermarktungsformen über die sozialen Medien. TikTok war erstmals bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr spürbar präsent und hat seitdem die Anstrengungen im Fussball ausgebaut. Ein komplett über TikTok gestreamtes Spiel in der spanischen Liga vor einiger Zeit sollte eine Art neue Zeitrechnung einläuten.

Wenngleich die herkömmliche Fussballübertragung weiter im normalen Querformat und nicht im Smartphone-angepassten Hochformat produziert werden sollte, werden sich so manche Aktivitäten der Verbände wie auch der Medienhäuser dahingehend entwickeln, Content über die hipsten Plattformen auszuspielen. Auf ihre Weise hat die WM angesichts des grossen Zuschauerinteresses eine Art Vorreiterrolle. In diesen vier Wochen gehen Sponsoren, Vermarkter und Produzenten aufs Ganze.

Verwendete Quellen:

  • Amnesty International: Fussball-WM in Katar: Sponsoren sollten Entschädigungsforderungen unterstützen
  • Cryptonews.com: TooneyChain: when NFTs invite themselves to the 2022 Football World Cup
  • Proactiveinvestors.co.uk: Mobile Streams higher after launch of Pumas football club NFTs
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