Der in der Schweiz im Exil lebende russische Schriftsteller Mikhail Schischkin hat in mehreren Schweizer Medien zum Boykott der Fussball-Weltmeisterschaft in seinem Herkunftsland aufgerufen. Der russische Botschafter in der Schweiz reagiert vehement.

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"Man muss ein Zeichen setzen. Wenn wir schweigen, geben wir dem Diktator wieder eine Carte blanche." Mit diesen Worten begründete Michail Schischkin Ende Mai im öffentlich-rechtlichen Schweizer Fernsehen SRF seinen Aufruf zum Boykott der Weltmeisterschaft in Russland. Diese beginnt am 14. Juni mit der Partie Russland gegen Saudiarabien.

"Putin will diese Weltmeisterschaft missbrauchen, um der ganzen Welt zu zeigen, dass er akzeptiert werde, dass er zur internationalen Gemeinschaft gehöre. Man muss dem Diktator zeigen, dass dies nicht der Fall ist", betonte er.

Letzte Woche wiederholte der russische Schriftsteller – er lebt seit 1995 in Zürich – seinen Appell in einem Interview gegenüber der Zeitung Tages-Anzeiger: "Es gibt heissen Krieg, es gibt kalten Krieg – und es gibt den Sport. Im russischen Bewusstsein ist er die dritte Stufe des Kampfes."

Boykottaufruf nicht gehört

Um den Ambitionen des russischen Präsidenten entgegenzuwirken, hofft Mikhail Schischkin, dass die "Sbornaja", die russische Fussball-Nationalmannschaft, so schnell wie möglich ausscheidet. Er will auch, dass sich hochrangige ausländische Politiker von diesem Ereignis fernhalten. "Ich rufe den Bundesrat und die Regierungen anderer demokratischer Länder auf, die WM in Russland zu boykottieren. Wollen wir wirklich ein Regime unterstützen, das staatliche Geheimdienste einsetzt, um den Urin von Sportlern auszutauschen?", fragt er rhetorisch.

Schischkins Appell wurde nicht wirklich gehört. Bisher haben nur zwei Länder die Entsendung ihrer Regierungschefs nach Russland aus politischen Gründen annulliert: Grossbritannien und Island.

Wie von der Sonntags-Zeitung am Wochenende angekündigt, wird Bundespräsident Alain Berset zum ersten Spiel der Schweiz gegen Brasilien (17. Juni) und Sportminister Guy Parmelin zum zweiten Spiel der Nati gegen Serbien (22. Juni) erwartet. Finanzminister Ueli Maurer sagte, er sei daran interessiert, die Reise nach Russland zum dritten Spiel der Nationalmannschaft am 27. Juni gegen Costa Rica anzutreten.

Doping, welches Doping?

In russischen Diplomatenkreisen werden Schischkins Worte aber nicht gut aufgenommen. In einer Stellungnahme gegenüber swissinfo.ch bedauert der russische Botschafter in der Schweiz, dass "eine bekannte und renommierte Zeitung [der Tages-Anzeiger] mithilft, Russland zu verteufeln und seine Seiten hergebe für vergiftete und offen gesagt falsche Angriffe auf ein Land, das freundschaftliche Beziehungen zur Schweiz unterhalten will".

Botschafter Sergej Garmonin wirft Mikhail Schischkin vor, von seinem propagandistischen Delirium besessen zu sein und "nur sehr beleidigende Pamphlete über Russland zu veröffentlichen". Garmonin wirft dem Autor ferner vor, er habe die Schweizer Leser über das sogenannte Dopingsystem im russischen Sport in die Irre geleitet.

"In Wirklichkeit haben laut Statistik der Welt-Anti-Doping-Agentur alle in Russland aufgedeckten Dopingfälle etwa die gleiche Häufigkeit (1-2%) wie im Rest der Welt, und dies obwohl die Russen seit 2014 rund 6,5-Mal häufiger Dopingtests unterzogen wurden", sagt Garmonin.

Abschliessend weist der russische Botschafter auf "die Tatsache, dass Stimmen wie die von Herrn Schischkin sehr selten oder sogar marginal sind".

In Russland sind Mikhail Schischkins Bücher Bestseller. Wegen seiner regelmässigen Kritik am Regime ist er in den letzten vier Jahren nicht in sein Land zurückgekehrt.  © swissinfo.ch

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