Nach dem desaströsen Vorrundenaus der deutschen Nationalmannschaft stellt sich die Frage nach der Zukunft von Bundestrainer Joachim Löw. Mehrere Gründe sprechen dabei für einen Trainerwechsel.

Eine Analyse
von Dirk Büttner

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Joachim Löw wird ewig als Weltmeister-Trainer in Erinnerung bleiben, wahrscheinlich sogar als einer der erfolgreichsten Nationaltrainer aller Zeiten. Doch er ist eben auch der Trainer, mit dem Deutschland nun das schlechteste WM-Ergebnis der Geschichte hingelegt hat. Der letzte Platz in einer Gruppe, die eigentlich als kaum konkurrenzfähig galt, ist und bleibt ein Debakel.

Löw lässt Zukunft offen

Lässt Joachim Löw nach dem Vorrundenaus nun den Rücktritt folgen? "Ich bin der Erste, der sich jetzt hinterfragen muss", gab der Bundestrainer zu. Über seine eigene Zukunft wollte er allerdings noch nicht sprechen: "Wie es weitergeht, darüber muss man in Ruhe reden. Für mich ist es zu früh, ich muss mich sammeln. Ich bin masslos enttäuscht über das Ausscheiden."

Er sagte aber auch: "Es braucht tiefgreifende Massnahmen, es braucht klare Veränderungen, und das müssen wir jetzt besprechen, wie wir das tun."

"Tiefgreifende Massnahmen", "klare Veränderungen" - auch mit Löw?

Klar ist: Der Bundestrainer hat noch einen Vertrag bis zum Jahr 2022, also bis zur nächsten Weltmeisterschaft in Katar. Ob er aber wirklich Bundestrainer bleibt, entscheidet sich in den nächsten Tagen. DFB-Präsident Reinhard Grindel sagte heute gegenüber der Sport Bild: "Ich habe gestern Abend mit Jogi Löw gesprochen. Wir sind so verblieben, dass wir in den nächsten Tagen besprechen, wie es weitergeht."

Die Anzeichen waren da

Tatsache ist: Das Vorrundenaus kommt nicht völlig überraschend. Die deutsche Nationalmannschaft befindet sich bereits seit Monaten in einem Leistungstief. Mats Hummels sagte nicht ohne Grund: "Das letzte überzeugende Länderspiel war im Herbst 2017." Von den letzten neun Länderspielen wurden lediglich zwei gewonnen – und die auch noch relativ glücklich.

Nach sechs Grossturnieren und 101 Pflichtspielen als Bundestrainer könnte nun der Zweitpunkt gekommen sein, an dem die deutsche Nationalmannschaft einen neuen Impuls braucht – vor allem taktisch. Es scheint nämlich so, als hätten die anderen Nationen den Löw-Code entschlüsselt.

Das Spiel der deutschen Nationalmannschaft bot keine Überraschungen mehr: viel Ballbesitz, viel Kurzpassspiel, flache Bälle, hochstehende Aussenverteidiger, dann noch ein variables offensives Mittelfeld mit einem Stürmer davor, der sich gerne tief fallen lässt und am Kombinationsspiel teilnimmt. Mit diesen Attributen zog Deutschland von Turnier zu Turnier.

Irgendwie war es nur eine Frage der Zeit, bis die Gegner ein Mittel dagegen finden würden. Bei dieser Weltmeisterschaft war es dann soweit: Mit einer tief stehenden Verteidigung und einem aggressiven Anlaufen des ballführenden Spielers liess sich das Spiel der DFB-Auswahl zerstören.

Generationenwechsel steht an - ist Löw der Richtige?

Es ist schwer vorstellbar, dass Löw nun plötzlich eine neue Philosophie aus dem Hut zaubern wird. Das wäre die Aufgabe eines neuen Bundestrainers. Der würde dann möglicherweise wieder etwas mehr auf hohe Bälle und einen echten Strafraumstürmer mit Kopfballqualitäten setzen. Das hat der deutschen Mannschaft bei dieser WM gefehlt. Mario Gomez war der einzige passende Stürmer dafür und kam immer erst von der Bank.

Sicher ist auch, dass die deutsche Nationalmannschaft im Hinblick auf die EM 2020 und die WM 2022 einen Generationswechsel vollziehen muss. Wäre Löw dafür der richtige Mann?

Der Bundestrainer gilt eigentlich als jemand, der eher an verdienten Nationalspielern festhält – selbst wenn sie ausser Form sind. Das war früher schon bei Lukas Podolski so und wurde nun mit Spielern wie Sami Khedira oder Mesut Özil fortgesetzt. Dafür sortierte er mit Leroy Sane einen der besten Individualisten bereits vor Turnierbeginn aus.

Neue Spieler stehen in den Startlöchern

Diese Vorgehensweise ist menschlich und eigentlich auch sympathisch. Löw weiss eben, was er an seinen alteingesessenen Nationalspielern hat. Er verbindet mit ihnen grosse Erfolge. Ein neuer Bundestrainer würde unvoreingenommener an den Neuaufbau herangehen. Der Confed-Cup und der U-21-EM-Titel im vergangenen Jahr haben gezeigt, dass es Deutschland nicht an den erforderlichen Spielern mangelt.

Benötigt wird also ein Bundestrainer, der eine neue Mannschaft formt, sie taktisch weiterentwickelt und dieses Team wieder bis in die Haarspitzen motivieren kann. Kapitän Manuel Neuer kritisierte die fehlende Bereitschaft und den nicht vorhandenen Willen. Möglicherweise war die Nationalmannschaft nach dem WM-Sieg von 2014 tief im Inneren zu satt – auch der Trainer.

Ein neuer Trainer, der noch nicht Weltmeister war, würde vielleicht noch mehr Feuer in sich tragen und das auch auf die Mannschaft übertragen.

Natürlich würde sich die Frage stellen, wer der neue Bundestrainer sein soll. Jürgen Klopp und Thomas Tuchel stehen bei ihren Vereinen in der Pflicht. Und Jupp Heynckes sehnt sich wohl eher nach einer entspannten Rente als nach einem Neuaufbau der Nationalmannschaft. Die Nachfolgersuche könnte also schwierig werden.

Doch das wäre nicht das Problem von Joachim Löw.

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