- Unser Autor ist für die WM nach Katar gereist.
- Im ersten Teil seines WM-Tagebuchs erzählt er von unnachgiebigen Qatar-Airways-Damen und einem sehr geduligen Accomodation Manager namens Pavel.
In den vergangenen Monaten habe ich gezweifelt, ob ich ans Ziel kommen würde. Und am Reisetag auch noch einmal. Aber so ging es vielen, die am Samstagmorgen am Flughafen München standen, ihre Laptops aufklappten, um nach einer Mail zu suchen, die ihnen wohl entgangen war, und die nun verzweifelt an ihren Smartphones hantierten, auf die sich die katarische Hayya-App geladen hatten. "Ja, da haben Sie die digitale Hayya-Card, schon richtig – doch haben Sie sie umgewandelt in eine 'entry permit'?", fragten unnachgiebige Qatar-Airways-Damen bei einer Vorkontrolle vor dem eigentlichen Check-in-Schalter. Irgendwie kamen dann doch alle mit – aber es sind Menschen schon entspannter zu Fussball-Weltmeisterschaften gereist.
Die digitale Hayya-Card ist ein Visum, nur dass es etwas freundlicher aussehen soll. Dafür musste man sich in einem eigenen Portal anmelden. Die Hayya-Card brauchen alle, die zur WM ins Land kommen, sogar die Spieler, aber für die übernimmt das der Verband (sonst wäre so mancher Kader wohl dezimiert). Nur Gianni Infantino benötigt keine Hayya-Card, denn der FIFA-Präsident ist hierher gezogen und ein Quasi-Katarer.
Pavel hilft in der Accomodation-Not
Die Hayya-Card mit ihren ständigen Statusmeldungen über den Bewerbungsprozess hat schon genervt, noch heftiger aber das Accomodation Management System, für das ein eigenes Benutzerhandbuch herausgegeben wurde. Die Unterkunft hatte ich schon Ende August gebucht und bezahlt (fragen Sie nicht nach den Gebühren für eine US-Dollar-Überweisung aus der EU nach Katar!), alles schien geregelt; doch im Oktober wurde nachträglich das Verwaltungssystem zur Buchung eingeführt. Ich war dort als Gastgeber eingetragen und musste für meine Buchung einen Gast eintragen – mich.
Zwei Wochen und diverse Mails meines persönlichen Accomodation Managers, ein sehr geduldiger Mann namens Pavel, hat es gebraucht, bis ich es kapiert habe. Zu Pavel habe ich, ohne je mit ihm gesprochen zu haben, ein Vertrauensverhältnis aufgebaut: Ich glaubte ihm auch, dass mein Hotel, das bei der Buchung noch mit dem Vermerk "Under Construction", also im Bau befindlich, versehen war, fertig werden würde. Pavel hat mich nicht enttäuscht. Das zu meinem Voucher passende Hotel hat seit Anfang November geöffnet, ich wurde aufgenommen. Von hier aus kann ich mich an das fremde Land herantasten.
Katar ist ein Land, das in der Digitalisierung sehr fortgeschritten ist und auf Papier verzichtet – aber die User stellt es vor grosse Herausforderungen wie das deutsche Finanzamt die Bürger mit der Grundsteuererklärung. Auch in Katar gibt es Amtsschimmel – und man galoppiert mit ihnen nicht die langen Sandstrände entlang.
Was sie in Katar auch mögen: Gesichtserkennung. Bei der Einreise wurde mit einer Spezialkamera aufgenommen, wie man schaut. Wohl, damit man identifiziert werden kann, wenn man etwas angestellt hat. Schilder weisen auf grossflächige Überwachung hin, sogar in der Metro gibt es Kameras.
Etwas zu verzehren ist in der neuen U-Bahn verboten, doch hungrig nach der langen Reise habe ich eine Feige gegessen. Katar hat’s trotz Kameras nicht gemerkt oder lässt mich erst einmal davonkommen.
Was unser Autor bei seinem WM-Trip noch so erlebt und mit welchen Irrungen und Wirrungen er es zu tun bekommt, erfahren Sie im nächsten Teil unseres WM-Tagebuchs.
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