Algerien sinnt im Achtelfinale der WM 2014 gegen Deutschland auf Revanche für die "Schande von Gijon". Bei der WM 1982 verhinderte ein deutsch-österreichischer "Nichtangriffspakt" das Weiterkommen der Nordafrikaner. Doch die "Wüstenfüchse" haben eine weitere Motivation: Noch nie verloren sie ein Spiel gegen die DFB-Elf.
Wenn es heute Abend um 22:00 Uhr deutscher Zeit (live im ZDF und bei uns im Ticker) in Porto Alegre zwischen Algerien und Deutschland um den Einzug ins Viertelfinale geht, spielt die Historie eine wichtige Rolle. Die Algerier brennen auf Revanche für die "Schande von Gijon".
Bei der WM 1982 war Algerien nach einem "Nichtangriffspakt" zwischen Deutschland und Österreich in der Vorrunde ausgeschieden. Nach der 1:0-Führung durch Horst Hrubesch in der 10. Minute merkten die 22 Spieler auf dem Rasen schnell, dass dieses Resultat beiden Mannschaften zum Weiterkommen reichen würde. Was folgte, war ein vorsichtiges Taktieren und endlose Ballstafetten mit Quer- und Rückpässen in den eigenen Reihen. Die algerischen Spieler und Verantwortlichen waren ausser sich vor Wut. Auf der Tribüne wedelten die Fans mit Geldscheinen, um auf das aus ihrer Sicht offensichtliche Komplott hinzuweisen.
Bundestrainer Joachim Löw ist sich der Bedeutung der Geschichte bewusst: "Ich weiss, dass dieses Thema in Algerien schon ständig präsent ist, dass sie versuchen, die Mannschaft über diese Schiene zu motivieren", sagte er auf der Pressekonferenz vor dem Spiel. Auch nach über 30 Jahren ist der Vorfall in Algerien vor dem Spiel Gesprächsthema Nummer eins. Co-Trainer Noureddine Kourichi stand damals selbst im Nationalteam und bekannte nach dem Achtelfinaleinzug emotional: "Als die Spieler feierten, habe ich mich an 1982 erinnert. So einen Moment habe ich seit 32 Jahren nicht erlebt."
Angstgegner Algerien
Darüber hinaus vertrauen die "Wüstenfüchse", so der Spitzname der Nationalmannschaft, auf die Statistik. Man könnte sie fast als Angstgegner der deutschen Fussball-Nationalmannschaft bezeichnen: Die bisher einzigen beiden Länderspiele gegen Deutschland gewannen die Nordafrikaner. 1964 setzte es für die DFB-Auswahl in einem Freundschaftsspiel eine damals kaum für möglich gehaltene 0:2-Niederlage in Algier. In Erinnerung geblieben ist aber vor allem die Niederlage in der Vorrunde der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien - eben jenem Turnier, bei dem es später zur "Schande von Gijon" kam. Als haushoher Favorit spielte der amtierende Europameister Deutschland überheblich und lustlos gegen tapfer kämpfende Algerier. Der Aussenseiter gewann schliesslich verdient mit 2:1.
Wer sind die Stars?
Unumstrittener Leader der heutigen algerischen Mannschaft ist Kapitän Madjid Bougherra. Obwohl der 32-Jährige mit seiner Vereinsmannschaft in Katar nicht auf Topniveau spielt, ist er der Kopf der Viererkette. Sein Einsatz gegen Deutschland steht jedoch auf der Kippe. Im letzten Gruppenspiel gegen Russland musste er verletzt aussetzen.
Algeriens Angriff zeigte sich während der WM bereits treffsicher. Mit dem zweimaligen Torschützen Islam Slimani (Sporting Lissabon), Sofiane Feghouli (FC Valencia), Yacine Brahimi (FC Grenada) und Abdelmoumene Djabou (Club Africain Tunis) verfügt Trainer Vahid Halilhodzic über ein gefährliches Offensiv-Quartett.
Wie gut ist die Mannschaft gerade drauf?
Nach der 1:2-Niederlage gegen Belgien im Auftaktspiel steigerten sich die Nordafrikaner im Laufe der Vorrunde deutlich. Im zweiten Spiel gegen Südkorea legten die "Wüstenfüchse" eine furiose erste Halbzeit hin und gingen mit 3:0 in Führung. In den zweiten 45 Minuten verwalteten sie ihren Vorsprung souverän und siegten am Ende mit 4:2. Gegen Russland überzeugte die Mannschaft 90 Minuten lang mit konzentrierter Abwehrarbeit und gezielten Kontern. Durch eine starke kämpferische Leistung zog das Team nach dem 1:1 verdient ins Achtelfinale ein. Die DFB-Elf muss sich auf einen kompakten, laufstarken und hochmotivierten Gegner einstellen.
Wissenswertes über die "Wüstenfüchse"
Algerien nimmt in Brasilien an seiner vierten Weltmeisterschaft teil. Der Einzug ins Achtelfinale ist dabei der bisher grösste Triumph für die Nordafrikaner. In der Fifa-Rangliste belegt der Afrikameister von 1990 Platz 22. Rekordnationalspieler ist mit 89 Einsätzen Lakhdar Belloumi. Der Mittelfeldspieler war 1982 übrigens Siegtorschütze im Spiel gegen die deutsche Mannschaft.
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