Acht Spiele, fünf Verlängerungen, zwei Elfmeterschiessen: Über zu wenig Spannung bei den Achtelfinals der WM 2014 dürfen sich die Fussball-Fans nicht beschweren. Doch eine grosse Überraschung blieb in der Runde der besten 16 Teams aus - am Ende setzte sich in allen Spielen der Gruppensieger gegen den Aussenseiter durch. Überzeugt haben die Favoriten jedoch nicht - mit einer Ausnahme.
Brasilien
Brasilien machte den Anfang: Als Sieger der Gruppe A empfing die Selecao in Belo Horizonte den Geheimfavoriten Chile. Und wie zu erwarten war, ärgerten Arturo Vidal und Co. den bis dahin meist enttäuschenden Gastgeber gewaltig. Das Eigentor von Chiles Gonzalo Jara reparierte Stürmerstar Alexis Sanchez noch in der ersten Hälfte. Danach entwickelte sich ein munteres Hin und Her, bei dem beiden Teams aber die Cleverness vor dem gegnerischen Tor abging. Bei Mauricio Pinillas Lattentreffer in der 120. Minute fehlte zudem das oft zitierte Quäntchen Glück für Chile - ansonsten wäre der Gastgeber bereits ausgeschieden. Dass es so weit nicht kam, lag vorrangig an zwei Spielern: Torwart Julio Cesar und Superstar Neymar. Cesar parierte gleich die ersten beiden Elfmeter, während Neymar die Verantwortung übernahm, zum fünften und letzten Elfmeter für Brasilien antrat und eiskalt verwandelte. Der Pfostenschuss von Chiles Pechvogel Jara besiegelte wenige Augenblicke später den glücklichen Viertelfinaleinzug der Selecao.
Doch auch der Sieg des Topfavoriten täuscht nicht darüber hinweg, dass die Leistungen Brasiliens bislang ernüchternd sind. Die Abhängigkeit von Neymar ist eklatant. Umso wichtiger ist es, dass der 22-Jährige für das Match gegen Kolumbien am Freitag (22:00 Uhr live in der ARD und bei uns im Ticker) einsatzfähig ist. Neymar hatte gegen Chile einen Schlag gegen das rechte Knie und den linken Oberschenkel bekommen. Doch Brasiliens Mannschaftsarzt beruhigte die Fans. "Er kann ohne Zweifel spielen", sagte José Luiz Runco am Dienstag.
Dennoch: Will sich die Selecao den grossen Traum vom WM-Titel im eigenen Land erfüllen, braucht sie deutliche Leistungssteigerungen der bislang ausnahmslos enttäuschenden Offensivkräfte Hulk, Jo und Fred. Kommen diese nicht, droht das Aus gegen starke Kolumbianer.
Kolumbien
Kein Falcao, keine Chance? Von wegen! Die "Cafeteros" haben die verletzungsbedingte Abwesenheit ihres Stürmerstars bei dieser WM längst vergessen gemacht. Der 2:0-Erfolg über Uruguay im Achtelfinale war ein grandioser Teamerfolg, bei dem die grösste Entdeckung des WM-Turniers herausstach: James Rodriguez. Der 22-Jährige erzielte zwei wunderschöne Treffer gegen die "Celeste" und ebnete so den Weg ins Viertelfinale. Mit seinen Treffern vier und fünf übernahm Rodriguez zudem die Führung in der WM-Torjägerliste. "Ich bin glücklich. Das ist für uns ein historisches Ereignis", sagte der Doppel-Torschütze nach dem Sieg.
Dass es am Freitag zu einem weiteren historischen Ereignis kommen wird, ist nicht auszuschliessen. Kolumbien ist der einzige Gruppensieger, der sich völlig souverän im Achtelfinale durchsetzte. Die beiden südamerikanischen Kontrahenten dürften sich in etwa auf Augenhöhe begegnen. Und so wie Kolumbien bislang durch diese WM rauschte, ist diesem Team alles zuzutrauen.
Niederlande
Fast waren sie schon draussen: Die Niederlande drehten mit Glück und Klaas-Jan Huntelaar in einer irren Schlussphase das Match gegen Mexiko. "Bondscoach" Louis van Gaal bewies einmal mehr sein "goldenes Händchen" - im Niederländischen auch "goldener Willi" genannt - und wechselte wie schon gegen Australien und Chile den Sieg ein: dieses Mal in Form von Huntelaar.
Mit Robin van Persie, Wesley Sneijder, Arjen Robben und Edeljoker Huntelaar hat van Gaal eine exzellent besetzte Offensive. Und auch die Abwehr mit vielen vor der WM unbekannten Gesichtern macht einen aussergewöhnlich guten Job. Das alles veranlasst den bei dieser WM ganz stark agierenden Robben dazu, laut über den WM-Titel nachzudenken: "Wir haben eine Chance, wir sind unter den letzten Acht. Wir sind sehr selbstbewusst", sagte der Bayern-Star im Anschluss an den Sieg gegen Mexiko.
Dass die Niederländer zu Grossem fähig sind, zeigten sie bereits in ihrer ersten Partie, als sie Weltmeister Spanien mit 5:1 vom Platz schossen. An diese Leistungen knüpften sie in den folgenden Spielen zwar erwartungsgemäss nicht an, doch ihr Killerinstinkt vor dem Tor und die taktische Cleverness von van Gaal könnten "Oranje" in diesem Jahr tatsächlich den ersten WM-Titel der Geschichte bescheren. Das Halbfinale ist ohnehin Pflicht. Denn in der Runde der besten Acht wartet der grosse Underdog Costa Rica (Samstag, 22:00 Uhr im ZDF und bei uns im Ticker).
Costa Rica
Im Duell der Aussenseiter setzte sich Costa Rica knapp im Elfmeterschiessen gegen Griechenland durch. Von den überragenden Leistungen aus der Vorrunde, als die "Ticos" Uruguay und Italien bezwangen, war im Spiel gegen die Hellenen nicht viel zu sehen. Doch mit viel Kampfeswillen und einer Glanztat von Keeper Keylor Navas beim Elfmeter von Theofanis Gekas setzten sich die Mittelamerikaner durch - ihr erster Viertelfinaleinzug bei einer WM. In der Runde der besten Acht warten die Niederlande: Ein Weiterkommen käme einer Sensation gleich.
Die Viertelfinals in der Übersicht:
Viertelfinale | ||||||
Datum | Anstoss | Spielort | Begegnung | Ergebnis | ||
04.07.2014 | 22:00 (17:00) | Fortaleza | Brasilien | - | Kolumbien | -:- (-:-) |
04.07.2014 | 18:00 (13:00) | Rio de Janeiro | Frankreich | - | Deutschland | -:- (-:-) |
05.07.2014 | 18:00 (13:00) | Brasilia | Argentinien | - | Belgien | -:- (-:-) |
05.07.2014 | 22:00 (17:00) | Salvador | Niederlande | - | Costa Rica | -:- (-:-) |
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