• Wer nach Katar möchte, muss zwei Apps nutzen: Hayya und Ehteraz.
  • Beide gelten als Sicherheitsproblem. Als würde man dem Land Katar die eigenen Hausschlüssel überlassen.
  • Eine Wahl haben Fussball-Fans nicht, wenn sie zur WM reisen wollen. Experten haben aber einen wichtigen Rat.

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Ein Reisepass reicht. Normalerweise. Damit ist ein 90 Tage langer Aufenthalt in Katar möglich. Doch rund um die Fussball-WM in dem Wüstenstaat sind viele Dinge nicht normal. Auch die Einreise nicht. Denn seit dem 1. November und noch bis zum 22. Dezember brauchen Fans und auch alle anderen Reisenden die sogenannte digitale Hayya-Card. Eine "Fan-ID", für die sich Ticketinhaber registrieren und die sie mit der offiziellen WM-App verwalten müssen. Sie ist die Eintrittskarte für Katar und auch für das Stadion, neben dem richtigen Ticket für das entsprechende Spiel. Ausserdem kann man mit der App die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos nutzen.

Parallel dazu brauchen Fans "Ehteraz", die katarische Corona-Tracking-App, sie muss auch während der WM installiert sein, so das Auswärtige Amt auf seiner Webseite. Sie werde aber nur noch für den Besuch von Gesundheitseinrichtungen benötigt, heisst es. Einen Corona-Impfnachweis braucht man hingegen nicht mehr. Keine Frage: Es gibt viele Länder auf der Welt, bei denen die Einreisebestimmungen komplizierter, aufwändiger und nerviger sind. Das Problem, wenn man nach Katar möchte, sind dann auch nicht die bürokratischen Hürden, sondern der Datenschutz.

Voller Zugriff auf nahezu alle Daten

Denn die beiden Apps Hayya und Ehteraz haben Zugriff auf nahezu alle im Handy gespeicherten Daten. Beim norwegischen öffentlich-rechtlichen Sender NRK beschreibt es Øyvind Vasaasen, Head of Security, so, als würde man dem Land Katar die eigenen Hausschlüssel überlassen.

"Sie wissen nicht, was sie dort tun. Sie sagen, sie würden die Chance möglicherweise nicht nutzen, aber Sie geben ihnen die Möglichkeit dazu. Und das sollten Sie niemals tun", betont Vasaasen. "Sie können einfach den Inhalt Ihres gesamten Telefons verändern und haben vollen Zugriff auf alle Informationen darauf", so Vasaasen. Es sei nicht seine Aufgabe, Reisetipps zu geben, sagte er, "aber ich persönlich würde mein Mobiltelefon niemals mit nach Katar nehmen".

Ehteraz zum Beispiel hat vollen Zugriff auf den Smartphone-Speicher, sie kann zudem die Standorte seiner Nutzer verfolgen oder speichert Bluetooth- oder WLAN-Verbindungen in einer zentralen Datenbank. Bereits seit 2020 warnt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International unter anderem vor dieser App und schreibt von einem "aggressiven zentralisierten Ansatz", dazu sei die App "menschenrechtlich problematisch bis gefährlich in Bezug auf willkürliche Überwachung und Verletzungen von Privatsphäre sowie Datenschutz".

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Verfolgung vereinfacht

Die App zeichnet auf, wohin man geht und welche Handys sich in der Nähe befinden. Auf diese Weise können die Informationen miteinander verknüpft und es kann herausgefunden werden, wen man trifft und mit wem man spricht. "Wer die Opposition verfolgt, Homosexuelle oder andere unliebsame Menschen, dem macht es so eine App sehr viel einfacher", sagt Martin Gravåk von der IT-Sicherheitsfirma Bouvet. In der Tat sollten die Sicherheitsprobleme der Apps in Kombination mit den Problemen in dem Land wie zum Beispiel Menschenrechtsverletzungen oder Homophobie bei Besuchern alle Alarmglocken schrillen lassen.

Denn auch die WM-App ist eine Datenkrake, weil auch sie einen weitreichenden Zugriff auf das Smartphone hat. Diesen Befugnissen muss man zustimmen, eine Wahl hat man nicht. Doch – zu Hause bleiben. Experten wie netzpolitik.org empfehlen, zumindest das private Handy zu Hause zu lassen, wenn man Katar trotzdem besuchen möchte.

Erhöhtes Risiko für Missbrauch

Sicherheitsforscherin Naomi Lintvedt von der Universität Oslo schlägt ebenfalls Alarm. Die Apps gingen viel zu weit in Bezug auf die Datenaufzeichnung und -verwendung, moniert sie. "Sie erhalten einen viel zu weitreichenden Zugang, um Funktionen auf Ihrem Mobiltelefon zu ändern und zu übernehmen", sagt sie.

Lintvedt würde es ihren Angestellten nicht erlauben, ihre Firmentelefone mit ins Land zu nehmen, auch als Privatperson wäre sie sehr skeptisch. "Das erlaubt Überwachung durch die Regierung, und weil es sich um Katar handelt, muss man das zusätzlich berücksichtigen", sagt Lintvedt und ergänzt: "Damit erhöht sich das Risiko, dass die Daten für andere Zwecke verwendet werden als nur für das Nachverfolgen von Coronainfektionen." Deshalb der dringende Rat, in Katar ein Zweithandy zu nutzen. Denn rund um die WM ist vieles nicht normal.

Verwendete Quellen:

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