Die beiden letzten Spieltage der WM-Qualifikation gehen am Freitag und Dienstag über die Bühne. Die Schweiz trifft heute Abend in Tirana auf Albanien (20.30 SRF zwei ). Zwei Mannschaften haben ihren Platz für Brasilien schon sicher, sieben Teams wollen als Gruppensieger nachziehen. Wer schafft es, wer muss in die Playoffs und wer könnte scheitern?
53 Mannschaften aus Europa streiten sich um die 13 Plätze für die Weltmeisterschaft in Brasilien. Italien und die Niederlande können nicht mehr vom ersten Platz ihrer Gruppe verdrängt werden. Sieben weitere Nationen, darunter auch Deutschland, wollen es ihnen gleichtun und sich als Gruppenerste sicher für die WM qualifizieren. Acht zweitplatzierte Teams werden in den Playoffs um die vier verbliebenen Plätze kämpfen. Wer die neun Gruppensieger nach Brasilien begleitet, entscheidet sich dann im November.
Deutschland vor Gruppensieg
Für die deutsche Nationalmannschaft ist die WM-Qualifikation nur noch Formsache. Schon ein Unentschieden gegen Irland reicht dem Team um Kapitän Philipp Lahm. Dann wäre zwar noch Punktgleichheit mit Schweden möglich, doch das Torverhältnis würde zugunsten Deutschlands entscheiden. Ein Sieg gegen die "Jungs in grün", wie die irische Mannschaft liebevoll von den Fans genannt wird, würde alles klar machen und wäre ganz nach dem Geschmack von Bundestrainer Joachim Löw. "Unser Ziel ist es, dass wir uns zu Hause gegen Irland für die WM qualifizieren. Die Kölner Fans sind richtig gierig auf die Mannschaft." Das Hinspiel in Dublin hatte Deutschland mit 6:1 für sich entschieden. Teammanager Oliver Bierhoff kann also schon mal das brasilianische Quartier buchen. Wir sind uns sicher: Deutschland fährt zur WM!
Um die Plätze zwei und drei gibt es in Gruppe C einen grossen Kampf. Nur drei Punkte trennen Schweden und Österreich, die heute Abend im direkten Duell aufeinander treffen. Die Ösis gehen hochmotiviert in die Partie. "Wir werden auf einen Sieg losgehen. Wenn wir gegen die Schweden zu passiv sind, werden wir keine Chance haben. Wenn wir ihnen unser Spiel aufzwingen, dann schon", so der Bremer Spieler Zlatko Junuzovic. Die Skandinavier zittern besonders vor einem: David Alaba. Die Zeitung "Aftonbladet" kürte den Bayern-Spieler jüngst zum "Schwedentöter". Doch die Auswärtsbilanz der Österreicher dürfte die schwedischen Nerven beruhigen. Nur zwei der letzten 24 Partien auf fremdem Platz konnten gewonnen werden.
Belgien und Schweiz im Gleichschritt, Spanien noch nicht durch
Neben Deutschland benötigen zwei weitere Teams nur noch ein Pünktchen, um die Tickets für Brasilien zu buchen. In Gruppe A steht Belgien kurz davor, sich zum ersten Mal seit 2002 die Qualifikation für ein internationales Turnier zu sichern. Im direkten Duell mit dem Gruppenzweiten Kroatien reicht den Belgiern ein Unentschieden. Der Weltranglisten-Sechste wird sich diese Chance nicht entgehen lassen.
Ähnlich ist die Situation für die Schweiz, die souverän Gruppe E anführt. Die "Nati" braucht dank ihres guten Torverhältnisses nur noch einen Punkt, um Gruppenerster zu werden. Im Spiel gegen Albanien dürfte dieser eingefahren werden. Aber Trainer Ottmar Hitzfeld will trotz der komfortablen Lage nichts von Sicherheitsfussball wissen. "Wir werden in Albanien nicht auf einen Punkt spielen, sondern versuchen, das Spiel zu gewinnen." Wer sich ausser der Schweiz qualifiziert, ist noch völlig offen. Theoretisch haben noch vier Nationen die Chance auf den begehrten Playoff-Platz. Island ist dabei als zweitplatziertes Team die grösste Überraschung. Dahinter folgen Slowenien und Norwegen, die heute in Ljubljana gegeneinander spielen.
Besonderes Augenmerk liegt auf Welt- und Europameister Spanien. Zwar ist die Qualifikation der Iberer rechnerisch noch nicht sicher, doch die Ausgangslage in Gruppe I ist sehr gut. Anders als der punktgleiche Verfolger Frankreich haben die Spanier ein Spiel weniger absolviert. Ausserdem sind die beiden Heimspielgegner Weissrussland und Georgien nicht eben fussballerische Schwergewichte. Unsere Prognose: Spanien gewinnt beide Partien, Frankreich wird sich als Gruppenzweiter in die Playoff müssen.
WM ohne England und Portugal?
Die grosse Fussballnation England steht gewaltig unter Druck. Der Super-Gau scheint nicht ausgeschlossen. Die Briten sind zwar Erster in Gruppe H, doch die Ukraine und Montenegro lauern mit gerade einmal einem Punkt weniger dahinter. Selbst vom Vierten Polen trennt England nur drei Zähler. Während das Team von Roy Hodgson darauf hoffen kann, dass sich die Ukraine und Polen am Abend die Punkte gegenseitig abnehmen, muss es sich im Wembley-Stadion mit Montenegro auseinandersetzen. Eine Niederlage würde den psychischen Druck vor dem letzten Gruppenspiel gegen Polen gewaltig erhöhen. Eine WM ohne England? Ein Horror-Szenario für Kapitän Steven Gerrard, der sich noch gut an das schmerzliche Aus in der EM-Quali 2008 erinnert: "Es war die schrecklichste Erfahrung, die ich als englischer Nationalspieler machen musste und ich will es nicht noch einmal erleben. Der Schmerz und die Enttäuschung von damals werden uns helfen, alles zu geben."
Cristiano Ronaldo ist ein Weltstar, doch garantiert dies keine WM-Teilnahme. Portugal ist im Moment Gruppenzweiter hinter Russland. Ein magerer Punkt trennt die beiden Mannschaften. Schon in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2006 standen sich die beiden Teams gegenüber. Damals gewann Portugal die Gruppe überlegen, Russland wurde nur Dritter. Gelingt diesmal die Revanche? Die ausstehenden Begegnungen der Gruppe F sprechen für die Russen. Gegen Luxemburg und Aserbaidschan wäre ein Punktverlust überraschend. Gut möglich, dass sich Portugal wie schon bei der letzten WM-Quali in den Playoffs wiederfindet.
Zitterpartie für Dänemark und die Türkei
Hinter Italien ist es in Gruppe B sehr eng. Bulgarien und Dänemark haben die grössten Chancen auf den zweiten Platz. Doch auch Tschechien und Armenien haben theoretisch noch die Möglichkeit. Die Dänen werden darauf hoffen, dass die Italiener die Partie am Freitag in Kopenhagen nicht so ernst nehmen. Denn ein Sieg muss her, sonst könnte Bulgarien mit einem Erfolg gegen Armenien uneinholbar davon ziehen. Am letzten Spieltag empfangen die Skandinavier Tabellenschlusslicht Malta. Sollte Tschechien gleichzeitig Bulgarien ein paar Punkte abluchsen, hätten die Dänen das K.O. doch noch abgewendet.
Eine ähnlich brisante Konstellation bietet sich in Gruppe D. Dort streiten sich Ungarn (14 Punkte), die Türkei (13 Punkte) und Rumänien (13 Punkte) um den zweiten Platz. Im August übernahm Fatih Terim die türkische Mannschaft als "Retter in der Not". Mit zwei Siegen startete seine Mission vielversprechend, doch die Gefahr auszuscheiden, ist längst nicht gebannt. Während sich die Türkei heute mit Estland auseinandersetzen muss, reist Ungarn nach Holland. Rumänien empfängt das punktlose Andorra. Da eine Niederlage Rumäniens praktisch ausgeschlossen ist, muss die Türkei unbedingt gewinnen. Da am letzten Spieltag mit den Niederlanden der Gruppensieger an den Bosporus kommt, müssen die Türken ernsthaft um den zweiten Platz zittern.
Bosnien-Herzegowina: "Wie ein Licht"
Die allererste WM-Teilnahme ist für Bosnien-Herzegowina als Spitzenreiter der Gruppe G in Reichweite. Dahinter lauert das punktgleiche Griechenland. Doch die Bosnier haben das wesentlich bessere Torverhältnis. Bei der letzten Qualifikation scheiterte Bosnien erst in den Playoffs an Portugal. Mit zwei Siegen gegen Liechtenstein und Litauen könnte jetzt der Coup gelingen. Torwarttrainer der Bosnier ist der ehemalige Cottbuser Keeper Tomislav Piplica. Dem Berliner "Tagespiegel" verriet er, was die Qualifikation für seine Heimat bedeuten würde. "Es wäre wie ein Licht für uns alle, für das ganze Land."
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