Geografisch ein Zwerg, sportlich auf dem Vormarsch: Nach einer beeindruckenden Vorstellung bei der Europameisterschaft 2016 ist Island auch für die WM 2018 qualifiziert. Jahrelange Sportförderung durch die Politik trägt ihre Früchte, auch die Handballer und Basketballer feiern Erfolge. Wie schaffte es Island, ein sportliches Phänomen zu werden?
EM 2016, Achtelfinale zwischen England und Island: In der 18. Minute zirkulieren vier Isländer den Ball an fünf Engländern vorbei. Nach Pass von Jon Dadi Bödvarsson zieht Kolbeinn Sigthorsson aus 14 Metern ab. Englands Keeper Joe Hart entgleitet der Ball. Tor. 2:1 für Island.
Der Sieg gegen die Fussball-Mutternation bei der EM 2016 war Islands bisheriger sportlicher Höhepunkt. Und der nächste folgt: Nach einem 2:0-Sieg gegen den Kosovo ist die Fussballnationalmannschaft des Inselstaates als Gruppensieger für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland qualifiziert.
Island ist – bezogen auf die Bevölkerung – der kleinste WM-Teilnehmer der Geschichte.
Island ist stark im Hallensport
Doch nicht nur Fussballspielen können die Isländer. Auch im Handball und Basketball feiern die Sportler der nordeuropäischen Insel Erfolge.
Dabei zählt Island lediglich 334.000 Einwohner. In etwa so viele wie die Stadt Bielefeld. Wie kann es sein, dass die isländischen Sportler proportional zur Bevölkerungszahl so populär und erfolgreich sind?
Das Wetter ist ein Grund: Sport im Freien ist in Island nur wenige Monate im Jahr möglich - im Frühjahr und im Sommer, wenn es hell und warm genug ist. Also gehen die Isländer in die Halle.
Handball wird auf der Insel gross geschrieben, die Nationalmannschaft belegt Platz 17 in der Weltrangliste, wurde bei der EM 2010 Dritter.
Der ehemalige Nationaltrainer Deutschlands Dagur Sigurdsson kommt aus Island, ebenso wie der Coach des THW Kiel Alfred Gislason.
Jahrelange Investition in Infrastruktur und Ausbildung
Auch die Basketball-Nationalmannschaft der Herren qualifizierte sich jüngst für die Europameisterschaften 2015 und 2017, in diesem Jahr war nach der Gruppenphase Schluss.
Dennoch: Die Isländer mischen mit. Nun auch im Fussball. Ein Zufall ist das nicht. "Der Erfolg unserer Nationalmannschaft hat sich über Jahre abgezeichnet", sagte Ejub Purisevic dem "Weltspiegel" 2016. Er ist Trainer des isländischen Erstligisten UMF Vikingur.
Mit der Jahrtausendwende bekam Sport in Island Aufwind. Insbesondere der Fussball. Die Regierung investierte in eine verbesserte Infrastruktur und eine gezielte Förderung des Nachwuchses. Der isländische Fussballverband KSI begann, Kunstrasenplätze zu bauen, auf denen Kinder und Jugendliche ganzjährlich spielen konnten.
Zudem wurde die Ausbildung des Nachwuchses und der Trainer reformiert. Während früher Väter ehrenamtlich das Training auf dem Bolzplatz leiten, verfügt der isländische Fussballverband inzwischen über rund 700 Fussballlehrer mit UEFA-Trainerlizenz.
"Wenn man Fussball auf Island entwickeln will, ist es wichtig, möglichst früh viele Kinder zu begeistern. Und dann wird das für sie eine Art Lifestyle, wenn sie älter werden", sagte Purisevic.
Sportliche Erfolge Islands beginnen 2011
Wie sich Islands Fussball entwickelt hat, sieht auch der isländische Bundesliga-Stürmer Alfred Finnbogason vom FC Augsburg: "Die fussballerische Infrastruktur ist wesentlich besser geworden. Island hat viel in den Fussball investiert, das macht sich jetzt bezahlt."
2011 qualifizierte sich erstmals eine isländische U21-Nationalelf für die EM. Im selben Jahr übernahm der Schwede Lars Lagerbäck das A-Nationalteam, das er bis ins EM-Viertelfinale begleitete.
Zu diesem Zeitpunkt ging es auch Islands Wirtschaft wieder besser: Nach der Finanzkrise kam die Nation schnell wieder auf die Beine. Inzwischen finden sich für einige Sportmannschaften Sponsoren.
Das Erfolgsgeheimnis: Nachwuchsförderung und eine "Wikinger"-Mentalität
Bei der WM 2018 kommen Island die gute Nachwuchs- und Trainerausbildung, die Investition in Fussballplätze und die Mentalität der Inselbewohner zugute.
"Unsere isländische Mentalität ist so gestrickt, dass wir uns keine Grenzen setzen. Wir wollen jedes Spiel gewinnen und gehen so auch unseren Sport heran", formuliert es Finnbogason im Gespräch mit "t-online.de".
Es ist nicht nur die unerschrockene "Wikinger"-Mentalität, die sich der deutsche Fussball von den Isländern zur Herzen nehmen kann. Der isländische Fussball zeigt, wie wichtig Nachwuchsförderung ist – unabhängig von den Voraussetzungen des Landes. Das gilt nicht nur für den Deutschen Fussballbund, sondern auch für jeden kleineren und grösseren Sportverein.
Aktuell steht Islands Nationalelf auf Platz 22 der Weltrangliste: Investiert Island weiter in den Fussball, werden sich die Fans weltweit bei Welt- und Europameisterschaften an die sympathischen "Huh"-Rufe der Island-Fans gewöhnen müssen.
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